Erdmännchen
Bei Erdmännchen beobachteten die Forscher besonders viele Infantizide durch Mütter. Bildrechte: Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie/ Alecia Carter

Verhaltensforschung Säugetiermütter töten Jungtiere ihrer Artgenossen

15. Juli 2019, 17:30 Uhr

Wenn es um das Überleben des Nachwuchses geht, greifen auch Säugetiermütter zu drastischen Mitteln. Sie töten den Nachwuchs der Konkurrentinnen. Infantizid heißt das und war bisher vor allem von Männchen bekannt.

Das Phänomen, dass männliche Säugetiere den Nachwuchs ihrer Artgenossen töten, ist bekannt. Dadurch verschaffen sie sich Zugang zu einer größeren Anzahl an paarungsbereiten Weibchen. Dieter Lukas vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und Elise Huchard vom Institut des Sciences de l’Évolution der Université Montpellier haben dieses Verhalten bei weiblichen Säugetieren untersucht. Sie stellten fest, dass die Kindstötungen auch unter den Weibchen ein verbreitetes Phänomen sind.

Warum machen die Tiere das?

Die Kindstötungen unter den Tieren nennt man Infantizid. Innerhalb einiger Säugetierarten ist dies sogar die häufigste Todesursache von Jungtieren.  Die Gründe für diese Tat können  je nach Lebensumstand der Tiere ganz unterschiedlicher Natur sein. Streitfrage kann zum Beispiel das Territorium sein. Durch die Kindstötung werden andere Weibchen verdrängt, um somit mehr Platz für sich und den eigenen Nachwuchs zu schaffen. Weitere Ressourcen, die in Bezug auf die Jungtiere zum Streitpunkt werden können, sind Muttermilch, Zuwendung und Nahrung. Die Weibchen begehen Kindstötungen, wenn der Zugang zu diesen Ressourcen oder der eigene soziale Status in Gefahr sind.

Mord innerhalb der Gruppe

Die Forscher stellten fest, dass die Kindstötung innerhalb sozialer Gruppen sogar häufiger stattfanden als unter fremden Tieren. Ein Grund dafür ist, dass es einfach mehr Möglichkeiten für die Begehung eines Infatizids gibt, wenn mehrere Weibchen zusammen leben. Ob die Tiere verwandt sind oder nicht, spielt dabei keine Rolle.

"Eine Kindstötung erfolgt häufig dann, wenn die Anwesenheit fremder Nachkommen den Fortpflanzungserfolg eines Weibchens direkt gefährdet", so Elise Huchard in einer Mitteilung des Instituts. "Dies kann der Fall sein, wenn fremde Jungtiere den Zugang zu Ressourcen einschränken, die für den eigenen Nachwuchs lebenswichtig sind – zum Beispiel den Zugang zu Brutorten, Milch, Zuwendung und sozialem Status." Eine Spezies, in welcher Infantizide beispielsweise beobachtet wurden, sind die Erdmännchen.

Werden die Infantizide zunehmen?

Huchard und Lukas verweisen in ihrer Studie auf den Zusammenhang zwischen den Lebensbedingungen und den Infantiziden der Weibchen. Denn man findet "Kindstötungen häufiger bei Säugetierarten, die unter schwierigen Bedingungen leben und bei denen das Austragen und die Aufzucht der Nachkommen mit besonders hohen Kosten verbunden sind", so Huchard. Die Ergebnisse der Forscher sind in "The Royal Society" erschienen.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Elefant Tiger Co | 16. April 2019 | 10:30 Uhr