Fingernägel werden lackiert
Nagellacke gehören zu den vielen Alltagsprodukten, die Gifte ausdünsten. Bildrechte: Colourbox.de

Studie aus den USA Alltagsprodukte geben giftige Chemikalien ab

03. Mai 2023, 17:10 Uhr

Mehr als 5.000 Tonnen toxische Substanzen von Konsumgütern in Wohnungen und an Arbeitsplätzen wurden allein im Jahr 2020 im US-Bundesstaat Kalifornien freigesetzt. Das ist das Ergebnis einer Studie der US-University Berkeley. Demnach können die Gifte die Ursachen für Krebs und Geburtendefekte sein.

Klebstoffe, Scheibenwischwasser, Haarspray, Nagellack, Putzmittel – viele Alltagsprodukte enthalten giftige Substanzen. Allerdings glauben und hoffen die meisten Menschen, dass diese auch in den Produkten bleiben. Wie Wissenschaftler des Silent Spring Institute und der University of California in Berkeley jetzt herausfanden, ist dies jedoch nicht der Fall. Schadstoffe in Produkten, doch auch in Wänden, Teppichen, Böden und Möbeln dünsten aus. Allein im US-Bundestaat Kalifornien sind im Jahr 2020 mehr als 5.000 Tonnen flüchtige Chemikalien freigesetzt wurden. Fast 300 Tonnen davon stammen allein aus Mottenkugeln (1,4-Dichlorbenzol). Dabei handelt es sich um Gifte, die unter dem kalifornischen Gesetz "Prop 65" aufgeführt sind, weil sie Krebs, Geburtsfehler oder andere reproduktive Schäden verursachen.

Produkte dünsten Gifte in die Umwelt aus

"Viele gängige Produkte wie Shampoos, Körperlotionen, Reinigungsmittel, Mottenkugeln und Farbentferner enthalten giftige flüchtige organische Verbindungen (VOC) - Chemikalien, die als Gase entweichen, sich in der Raumluft anreichern und eine Reihe von Gesundheitsproblemen, darunter Krebs, verursachen", erklären die Wissenschaftler. Unternehmen seien nicht verpflichtet offenzulegen, wie viele VOC ihre Produkte beinhalten. Deswegen sei es schwierig herauszufinden, wie vielen und welchen VOC die Menschen ausgesetzt sind. "Diese Studie ist die erste, die aufzeigt, in welchem Umfang giftige VOC in alltäglichen Produkten aller Art verwendet werden, die zu ernsthaften Gesundheitsproblemen führen könnten", erklärt Hauptautorin Kristin Knox. Die Analyse wurde in der Fachzeitschrift "Environmental Science & Technology" veröffentlicht.

Diese Haushaltsprodukte geben VOCs ab.
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Forschende werten Ozon-Daten von 30 Jahren aus

Für die Analyse bedienten sich Knox und ihre Kollegen an Daten des California Air Resources Board (CARB). Seit mehr als 30 Jahren verfolgt CARB die VOC in Konsumgütern, um den Smog zu reduzieren. In Gegenwart von Sonnenlicht reagieren VOCs mit anderen Luftschadstoffen und bilden Ozon, den Hauptbestandteil von Smog. Dabei konzentrierten sie sich auf die im kalifornischen "Prop65-Gesetz" aufgeführten 33 VOCs – darunter Formaldehyd. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen, die in Kalifornien Produkte verkaufen, Kunden zu warnen, wenn ihre Produkte sie erheblichen Mengen dieser schädlichen Chemikalien aussetzen könnten.

Diese Haushaltsprodukte geben VOCs ab.
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Mehr als 100 Produktarten enthalten Stoffe, die Krebs oder Geburtenfehler verursachen

Die Analyse des Teams ergab, dass mehr als 100 Arten von Produkten VOCs gemäß "Prop 65" enthalten. Davon identifizierten die Forschenden 30 dieser Produkte - darunter ein Dutzend verschiedene Körperpflegemittel - , die besonders häufig schädliche Chemikalien wie Formaldehyd enthalten und deswegen das größte Gesundheitsrisiko darstellen. Den Forschenden zufolge wurden bei der Analyse nur VOCs betrachtet, andere giftige Chemikalien wie Blei seien gar nicht einbezogen worden.

Diese Haushaltsprodukte geben VOCs ab.
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Giftige Stoffe am Arbeitsplatz "besorgniserregend"

Als "besonders besorgniserregend" stuften die AutorInnen Produkte ein, die am Arbeitsplatz genutzt werden und die mindestens eine gefährliche Chemikalie enthalten. So verwenden Mitarbeiter von Nagel- und Friseursalons beispielsweise Nagellacke und Nagellackentferner, Klebstoffe für künstliche Nägel, Haarglätter und andere Kosmetika. Der Studie zufolge enthalten diese Produkttypen zusammengenommen bis zu neun verschiedene giftige und ausdünstende VOCs laut dem "Prop 65-Gesetz". Auch Hausmeister seien gefährdet, sie könnten sich Reinigungs- und Waschmitteln sowie Entfettungsmitteln und anderen Wartungsprodukten mit mehr als 20 Gift ausdünstenden VOCs aussetzen.

Diese Haushaltsprodukte geben VOCs ab.
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Appell an Hersteller

"Das Gleiche gilt für Autofahrer und Bauarbeiter. All diese Belastungen summieren sich und können ernsthafte Schäden verursachen", erklärt Studienleiterin Meg Schwarzman. Arbeitnehmer sollten wissen, welchen Belastungen sie ausgesetzt sind. "Sie verdienen sicherere Produkte. Diese Studie sollte Hersteller dazu zwingen, erhebliche Änderungen zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer vorzunehmen."

Sie verdienen sicherere Produkte. Diese Studie sollte Hersteller dazu zwingen, erhebliche Änderungen zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer vorzunehmen.

Meg Schwarzman Studienleiterin US-University Berkeley

"Obwohl Prop 65 giftige Chemikalien durch Rechtsstreitigkeiten und Unternehmensanreize, Produkte neu aufzulegen, verringert hat, sind Menschen weiter vielen unsicheren Chemikalien ausgesetzt", erklärt Mitautorin Claudia Polsky. "Diese Studie zeigt, wie viel Arbeit auf Hersteller und Regulierungsbehörden im ganzen Land zukommt, denn die Produkte in der CARB-Datenbank werden in den gesamten USA verkauft."

Weitere Chemikalien sollen reguliert werden

Laut den Forschenden schlägt die Studie zudem vor, welche Produkte unbedingt mit nichtgiftigen Inhaltsstoffe neu aufgelegt werden müssen. Zudem regen die Autoren an, fünf weitere Chemikalien im Rahmen des Toxic Substances Control Act (TSCA) durch die US-Umweltschutzbehörde regulieren zu lassen- Dazu gehören: Ethylenoxid, Styrol, 1,3-Dichlorpropen, Diethanolamin und Cumol.

Links/Studien

Knox, K.E., R.E. Dodson, R.A. Rudel, C. Polsky, and M.R. Schwarzman. 2023. Identifying toxic consumer products: Novel data set reveals air emissions of potent carcinogens, reproductive toxicants, and developmental toxicants. Environmental Science & Technology. https://doi.org/10.1021/acs.est.2c07247

Über Silent Spring Institute: Das Silent Spring Institute aus Newton im US-Bundesstaat Massachusetts, ist eine führende Forschungseinrichtung, die sich der Aufdeckung des Zusammenhangs zwischen Chemikalien in unserer täglichen Umgebung und der Gesundheit von Frauen widmet, wobei der Schwerpunkt auf der Brustkrebsprävention liegt. Das 1994 gegründete Institut entwickelt Instrumente, um den Übergang zu sichereren Chemikalien zu beschleunigen, und setzt seine wissenschaftlichen Erkenntnisse in politische Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit um. Webseite: www.silentspring.org. Twitter: @SilentSpringIns.

tomi

2 Kommentare

Uborner am 02.05.2023

Wer hätte das gedacht dass Kosmetik giftig ist. Das ist ja eine tolle Überraschung. Wers nicht glaubt kann doch mal von einem Lippenstift ein Stück abbeißen, zerkauen und hinterschlucken, geknutscht wird damit ja auch. Ein Tropfen Nagellack auf die Zunge wäre auch mal lustig, natürlich nicht für den Zungenbesitzer, aber für alle andere. Das ist aber letztlich jedem seine eigene Sache. Und nachweisbar ist es auch nur schwierig.

kleinerfrontkaempfer am 02.05.2023

Warum den Blick den sooooweit und über den Ozean lenken.
Ein Blick in Supermarktregale hier im Land reicht schon.
Mal dieses oder jenes Kleingedruckte auf den Packungen lesen. Sind zwar explizit keine Gifte oder Schadstoffe. Von der Fülle aber an Farbstoffen, Konservierungsstoffen, Antioxidanzien, Geschmacksverstärkern Verdickungsmitteln, Phosphaten, zuviel Zucker, zuviel Salz, Transfette und und und fließt einem doch gleich der Speichel im Mund zusammen. Und ab und an mal verschüchtert eine Meldung über Alu in Kosmetik, Mikroplastik da und dort. Braucht man da noch Experten, Studien, Statistiken, Medienmeldungen die die Auswirkung auf den Menschen und seine Gesundheit beschreiben und dokumentieren!?
Ursache und Wirkung und gesunder Menschenverstand dann ist man im Bilde.