Ein Auffangbehälter für flüssiges Kohlendioxid.
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Debatte um Kohlenstoff-Strategie Leopoldina für CO2-Speicherung an Land

23. April 2024, 09:54 Uhr

CO2 aus der Atmosphäre entnehmen und im (Meeres-)boden speichern, diese Technologie wird im Zusammenhang mit dem Klimawandel häufig diskutiert. Nabu und WWF waren in der Vergangeneheit dagegen, befürworten die Technologoie aber seit Beginn des Jahres, nun fordert die Akademie der Wissenschaften Leopoldina, dass auch Landboden dafür in Betracht gezogen werden soll.

In einer am Mittwoch in Halle veröffentlichten Stellungnahme empfiehlt die nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina der Bundesregierung, künftig auch Standorte an Land für die Speicherung von CO2 zu erschließen. Bislang hatte man hauptsächlich den Meeresgrund als "Endlager" für klimaschädliches Kohlenstoffdioxid in Erwägung gezogen. Diese geplante Beschränkung sei lediglich Ausdruck einer Vermeidung von politischen Auseinandersetzungen, so die Aussage der Leopoldina: "Gegen die unterirdische Speicherung von CO2 auf dem Festland spricht aus wissenschaftlicher Sicht nichts, wenn sorgfältige Erkundung, transparente Standortwahl und fortlaufendes Monitoring gewährleistet werden."

Umweltverbände und Gewerkschaften haben ihre Meinung geändert

CO2, das beispielsweise in industriellen Prozessen entsteht, abzuscheiden und zu speichern, ist eine Technologie, die noch vergleichsweise neu ist. Viele Umweltorganisationen wie beispielsweise der WWF hatten sich aufgrund der schwer abschätzbaren Umweltfolgen lange gegen den Einsatz dieser Technologien ausgesprochen, in den vergangenen Monaten sind jedoch einige Organisationen bei dem Thema umgeschwenkt. Anfang des Jahres sprachen sich beispielsweise der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Nabu und der WWF gemeinsam in einem Thesenpapier für den Einsatz der sogenannten CCS-Technik (Carbon Capture and Storage) aus. Ohne den Einsatz der Technologien sei ein Einhalten der Klimaziele bis 2045 nicht machbar, so damals die Begründung.

Carbon-Management-Strategie steht noch aus

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte bislang gesagt, er wolle CO2-Speicherung lediglich im Meeresboden erlauben – und zwar für Emissionen aus Branchen, die sich nicht in absehbarer Zeit dekarbonisieren lassen. Die von der Bunderegierung geplante Carbon-Management-Strategie könnte hier auch Vorgaben machen, allerdings steht ein konkretes Dokument noch aus. Die Forschenden der Leopoldina wünschen sich in diesem Punkt eine Beschleunigung. Sie schreiben: "Da sich die Erforschung, Entwicklung und Etablierung von Verfahren der Kohlenstoffabscheidung, -speicherung und -nutzung über einen langen Zeitraum erstrecken wird, muss die Ausarbeitung einer nationalen Strategie für das Kohlenstoffmanagement mit hoher Dringlichkeit vorangetrieben und deren Umsetzung unverzüglich auf den Weg gebracht werden."

CCS als Entschuldigung für weniger Klimaschutz?

Ohne die neue Technologie werde es nicht gehen, argumentieren die Autoren. "Die gesetzten Klimaziele können [...] nicht allein durch Emissionsreduktionen erreicht werden: Der Atmosphäre muss das wichtigste Treibhausgas CO2 auch aktiv und dauerhaft entzogen werden." Umweltverbände fürchten, die Nutzung zu CCS könne zur Entschuldigung für weniger Klimaschutz werden. Sie kritisieren insbesondere, dass Robert Habeck die Technologie auch für die Energieproduktion in Gaskraftwerken erlauben will.

Das Positionspapier der Leopoldina gibt es hier zum Nachlesen.

iz mit dpa

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Kemferts Klima-Podcast | 06. März 2024 | 08:00 Uhr

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