Weltweite Spurensuche Wie findet man eigentlich Dinosaurier?

17. Februar 2020, 14:12 Uhr

Allosaurus, Triceratops, Tyrannosaurus Rex, Diplodocus: Kennen wir wenigstens dem Namen nach. Aber das sind längst nicht alle, sagen Paläontologen. Noch immer werden neue Arten gefunden. Aber wie sucht man überhaupt nach Dinosauriern - woher weiß man, wo es sich lohnt, auf Spurensuche zu gehen?

Kinder bestaunen ein Dinosaurierskelett im Berliner Museum für Naturkunde.
Schön, dass man ihn ausgegraben hat: Aber wo findet man sowas eigentlich? Bildrechte: imago/imagebroker

Wer schon mal vor einem echten Dinosaurierskelett gestanden hat, fragt sich leicht: Wie das wohl war, als der noch am Leben war? Sind das die echten Knochen? Wo hat man die wohl gefunden? Dinosaurierskelette finden ist für Paläontologen, also für Wissenschaftler, die sich mit Lebewesen aus längst vergangenen Zeiten beschäftigen, scheinbar das Normalste von der Welt. Der Paläontologe Dr. Oliver Wings aus Halle beschreibt einen Teil seiner Arbeit so:

Man muss sich das so vorstellen, dass man mit dem Blick nach unten durch die Landschaft wandert.

Dr. Oliver Wings, Paläontologe
Wüstenlandschaft
Blick auf die Taklamakan Wüste in China - wo fängt man hier an zu suchen? Bildrechte: Oliver Wings

Das erinnert fast ans Pilze suchen in der Dübener Heide, dabei schildert Oliver Wings aber, wie er durch die chinesische Wüste "wandert". Die ist groß, 330.000 Quadratkilometer - etwas kleiner als Deutschland - und da sollte man vorher schon genau wissen, wo man suchen will, wenn man Reste von Dinosauriern finden will. Der Hallenser Wissenschaftler hat im Vorfeld Satellitenbilder und geologische Karten genutzt und nach geologischen Formationen gesucht, die zum Zeitalter der Dinosaurier passen, in welchen geologischen Schichten möglicherweise Skelette erhalten sein könnten. Worauf muss man dabei achten? Wings erklärt:

Wo gibt es Gegenden ohne Steilwände? Da kann man nicht graben. Wo sind sanft geschwungene Hügel? Man braucht auch noch Gegenden, wo man die Gesteine direkt sieht, also nicht vegetationsbedeckt. Das ist in den wüstenhaften Gebieten zwischen der Wüste Gobi und der Taklamakan Wüste ziemlich gut.

Dr. Oliver Wings
Ausgrabungen
Die Grabungen hier sind eine staubige und schweißtreibende Angelegenheit - eingefasst von Bergen gilt das Turpanbecken als heißeste Region Chinas, mit 3.200 Sonnenstunden im Jahr und Temperaturen zwischen 30 und 49 Grad. Bildrechte: Oliver Wings

Dort, im Nordwesten Chinas, unweit der mongolischen Grenze hatten Wings und sein Team Erfolg - sie entdeckten einen Hügel mit einer seltsamen Struktur, ein Areal aus dem viele Knochen aus dem Boden heraus schauten. Knochen von kleinen Säugetieren und auch Reste von Fischen.

Der Fund von zwei Studentinnen, ein mannshoher Oberschenkelknochen, machte dann das Ausmaß der ganzen Entdeckung deutlich. Mit diesen Wirbeln und dem Beinknochen war klar: Hier muss ein Riese liegen. Wings beschreibt den Fund:

Das Tier ist etwa 35 Meter lang, hat einen 15 Meter langen Hals gehabt.

Dr. Oliver Wings

Vom Knochen in den Katalog

Drei junge Männer beugen sich über einen Knochen, der etwa so groß ist wie eine Ziege. Alle tragen Mundschutz.
Auf das Ausgraben folgt die Detektivarbeit: Was war das für ein Tier? Bildrechte: Oliver Wings

Die Ausgrabungen dauerten insgesamt mehrere Jahre und wurden von chinesischen Kollegen übernommen. Aber damit ist die Arbeit nicht zu Ende, sagt Paläontologe Prof. Christian Meyer von der Universität Basel, man muss die Funde aus der Wüste raus transportieren, man mus sie präparieren und man muss die Funde beschreiben. Denn erst dann weiß man, was man da ausgegraben hat: Das Skelett einer schon bekannten oder das einer neuen Art.

Das herauszufinden ist oft eine mühsame Puzzle-Arbeit, denn in den seltensten Fällen findet man ein Stück Knochen, das für eine bestimmte Art charakteristisch ist. Das braucht Zeit. Man findet Teilskelette und gräbt sie aus und dann muss man Knochen für Knochen mit anderen Objekten vergleichen.

Prof. Christian Meyer

Diese Detektiv-Arbeit ist sehr aufwendig und mühsam, denn es gibt unglaublich viele Dinosaurier-Arten. 1.500 bis 2.000, sagt Professor Christian Meyer, "und jede Woche kommen eine bis zwei dazu".

Skelett ist nicht gleich Skelett

Dinosaurier-Ausgrabungen
Der Zustand der Knochenfunde ist immer unterschiedlich. Bildrechte: Oliver Wings

Es gibt mehrere Hotspots, an denen die Forschung besonders viele und gut erhaltene Skelette findet, immer mal wieder mit sensationellen Entdeckungen. In China beispielsweise, sagt Dr. Frank Steinheimer, Leiter der Naturwissenschaftlichen Sammlungen der Martin-Luther-Universität in Halle, hat man Dinsosaurier gefunden, die Federn hatten. Solche Konservierungsbedingungen seien äußerst selten.

Wenn man stirbt, verwest man normalerweise. Mit Glück erhalten sich die harten Teile, also Knochen. Aber ein Weichteil - denn Federn sind nichts anderes als Horn, wie unsere Fingernägel oder Haare - das ist extrem selten.

Dr. Frank Steinheimer, MLU

Ein anderes El Dorado für Saurierforscher ist Mittelamerika, sagt Prof. Meyer, der in Mexiko eine Fundstätte mit 50 Skeletten entdeckt hat. Also der Eindruck, dass Dinosaurier-Skelette Goldstaub sind und äußerst seltene Relikte, stimmt nicht ganz. Allein dass heute vielleicht 2.000 Dinosaurier-Arten bekannt sind und wöchentlich neue hinzukommen, zeigt, welche Menge an Knochen und Skeletten gefunden wird. Professor Meyer ist sich sicher, dass wir längst noch nicht alle kennen.

Es gibt noch viele Bereiche unseres Planeten, wo man noch nicht gesucht hat.

Und dafür gibt es Gründe: Je abgelegener ein Forschungsgebiet ist, um so logistisch schwieriger und teuer werden Suche und Erforschung. Ideen, wo weitere Funde sehr wahrscheinlich wären, hätten die Wissenschaftler genug. Es muss nur finanziert werden.

km/lfw

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