Paar schlafend im Doppelbett
Wieviele Gedanken muss man sich um die Verhütung machen? Bildrechte: imago images / Westend61

Forschung Selbstdosierende Monats-Pille für die Frau

04. Dezember 2019, 21:37 Uhr

Hab ich sie eingepackt oder liegt sie noch Zuhause im Badezimmer? Kennt vermutlich jede, diese Schrecksekunde, wenn man im Zug sitzt und nicht mehr umkehren kann: Der Moment, in dem einem einfällt, die Pille vergessen zu haben. Was wäre, wenn man sie nur noch einmal im Monat nehmen "müsste"?

Der Haken an der Pille

Die Wirksamkeit der Pille steht und fällt mit der Regelmäßigkeit ihrer Einnahme - täglich und zur gleichen Uhrzeit. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Bleibt frau am Wochenende nach der Party spontan bei Freunden, liegt die Pille daheim. Oder die Arbeit im Schichtdienst bringt den Tagesrhythmus durcheinander und man verschläft die Einnahme. 2015 gab beispielsweise jede zweite Frau an, binnen drei Monaten mindestens einmal die Einnahme verpasst zu haben, belegt eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung über das Verhütungsverhalten Erwachsener.

Forscher arbeiten an Monatspille

Genau an dieser Stellschraube haben Forschungen jetzt angesetzt: An einer Pille, die einmal monatlich eingenommen werden soll. Ein US-Medizinerteam der Brigham-Klinik hat dem Fachmagazin "Science Translational Medicine" zufolge eine Kapsel mit sechs eingeklappten Armen um einen Kern entwickelt, der seinen Wirkstoff  – das Gestagen Levonorgestrel – erst nach und nach freigibt. Ein Wirkstoff, der bislang unter anderem in der Minipille eingesetzt wird, einer Verhütungspille ohne Östrogenanteil.

Getestet, ob das Modell der selbstdosierenden Kapsel tatsächlich funktioniert, haben die Forscher das anhand der Gestagen-Konzentration im Blut bei Tieren. Einer Gruppe wurde der Wirkstoff direkt gegeben, der Vergleichsgruppe so, dass der Wirkstoff nach und nach freigesetzt wurde. Dabei zeigte sich, dass bei der direkten Dosierung die Gestagen-Wirkung sechs Stunden andauerte, bei der Vergleichsgruppe jedoch bis zu 29 Tage. Nach diesem ersten Erfolg will die Forschungsgruppe nun an Fertigungsprozessen für die "Oktopus"-Kapsel und Sicherheitsbewertungen arbeiten.

Querschnitt Pille im Verdauungstrakt
Schematisch funktioniert die Monatspille so: Ein Kapselkern mit sechs Armen, die sich ausklappen. Sie verhindern, dass die Pille durch den Magenpförtner flutscht. Das Gestagen wird nach und nach von den Armen abgegeben. Bildrechte: Lyndra Therapeutics

Ob Frauen diese Pille überhaupt noch schlucken?

Die Monatspille könnte also das Verhüten für Frauen zuverlässigerer machen. Ob ihnen dieser Aspekt diese Pille tatsächlich noch schmackhaft machen wird?

Frau mit Pille
Die Welle der Begeisterung über die Pille Anfang der 1960er-Jahre ebbt vor allem bei jungen Frauen ab Bildrechte: Colourbox.de

Die jüngste Studie zum Verhütungsverhalten Erwachsener in Deutschland von 2018 zeigt ein ambivalentes Verhältnis zur Pille: Zwar sind Pille und Kondom bis heute die meistverwendeten Mittel. Mehrheitlich - 55 Prozent der Frauen - halten sie die jahrelange Einnahme der Pille für bedenklich, vor allem die jungen Frauen zwischen 18 und 29 Jahren.

Von denen, die nur noch mit Kondom verhüten, stimmen 81 Prozent hormonkritischen Aussagen über negative Auswirkungen der Pille auf Körper und Psyche bei Frauen zu. Diese Skepsis ist mehr als nur ein Bauchgefühl - eine dänische Studie wies Anfang 2019 nach, dass Frauen, die in der Pubertät regelmäßig eine Anti-Baby-Pille genommen hatten, als Erwachsene deutlich leichter an Depressionen erkrankten. Beipackzettel müssen künftig entsprechende Hinweise enthalten.

Deutet nun alles auf einen Einstellungswandel zur Pille? Deutlicher wird das, wenn man sich die Entwicklung bei 18- bis 29-Jährigen über mehrere Jahre anschaut: Gefragt wurde beispielsweise nach den Empfängnisverhütungsmitteln, welche benutzt wurden.

Vergleich Verhütung mit Pille
Frauen 18-29 Jahre 2018 2011 2007    
  56 % Pille 72 % Pille 72 %    
  58 % Kondom 51 % Kondom 40 %    

Anmerkung: 2017 und 2011 wurden die gleichen Fragen gestellt. 2007 wurde bei dieser Frage noch nicht beim Alter differenziert.

Ob es die Monatspille für die Frau tatsächlich einmal geben wird, bleibt abzuwarten. Bis dahin bleibt die Verhütung mit der Pille nur dann verlässlich, wenn sie regelmäßig genommen wird und mit den bekannten Nebenwirkungen - und nur eine von vielen Maßnahmen gegen ungewollte Schwangerschaften. Denn außer der Pille gibt es immer mehr Methoden, sie zu verhindern. Nur muss man diese auch kennen - können und wollen.

Wer ist zuständig dafür, dass auf den Spaß kein Baby folgt?

2007 spielten für Frauen ihre Gyn-Praxen die entscheidende Rolle beim Wissensstand zur Empfängnisverhütung, bei den Männern übernehmen Freunde, Bekannte oder die Partnerin diesen Part. Ob und was sich seither diesbezüglich geändert hat, wurde in den Nachfolge-Erhebungen nicht mehr erfasst. Also auch nicht, wie es 2018 um die Zuständigkeit für die Verhütung stand: 2007 jedenfalls lag sie klar bei den Frauen mit 63 Prozent, zu elf Prozent bei den Männer und 26 Prozent gaben an, beide seien zuständig.

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