General Italo Gariboldi, 1941 Generalgouverneur von Italienisch-Libyen, und Generalfeldmarschal Erwin Rommel passieren angetretene Soldaten.
Nach seiner Ankunft in Libyen schreitet Rommel (Mitte) mit Generalgouverneur Gariboldi (links) eine Front deutscher Soldaten ab. Bildrechte: imago images/Everett Collection

Februar 1941 Als Rommels Afrikakorps in den Krieg in Libyen eingreift

16. Februar 2021, 05:00 Uhr

Im Februar 1941 wird der Panzergeneral Erwin Rommel von Hitler nach Libyen geschickt. Mit zwei Divisionen soll er den Vormarsch der Briten in der italienischen Kolonie stoppen. Trotz des Verbots großer Offensiven geht Rommel mit seinem Afrikakorps zum Großangriff über. In nicht einmal zwei Wochen jagt er die Briten bis nach Ägypten. Doch das "Empire" schlägt zurück.

Die Menschen in Tripolis staunen nicht schlecht über die lange Reihe deutscher Panzer, die am Nachmittag des 15. Februar 1941 am Palast des Generalgouverneurs der italienischen Kolonie "Libia Italiana" vorbei paradiert. Doch die Szenerie täuscht. Die Zahl der Kampfwagen ist nämlich viel geringer als es den Anschein hat. Denn statt nur einmal am Gouverneurspalast vorbei zu fahren, lenken die Fahrer ihre Panzer dreimal um den Gebäudekomplex herum.

"Sperrverband" soll Vormarsch der Briten stoppen

Benito Mussolini 1941 vor Caesar-Statue
Italiens Diktator Benito Mussolini 1941 vor einer Caesar-Statue: Der "Duce" träumt von einem neuen "Mare Nostrum". Bildrechte: imago images/Everett Collection

Das Täuschungsmanöver, das die ersten deutschen Truppen in Nordafrika stärker erscheinen lassen soll als sie es sind, hat sich Generalleutnant Erwin Rommel ausgedacht. Der Panzergeneral war am 12. Februar in Tripolis gelandet, einen Tag nachdem die ersten Wehrmachtsoldaten im Hafen der libyschen Kolonialhauptstadt an Land gegangen sind. Mit einem "Sperrverband" soll Rommel den Vormarsch der Briten in Italienisch-Libyen stoppen. Adolf Hitler persönlich hat ihm dafür den Auftrag erteilt. Der "Führer" und Oberbefehlshaber der Wehrmacht fürchtet bei einem Verlust Libyens einen Sturz des italienischen Diktators Benito Mussolini samt eines Kriegsaustritts des wichtigsten deutschen Verbündeten.

Mussolinis gescheiterter Ägypten-Feldzug

Italiener gehen nach Einnahme von Tobruk im Januar 1941 in britische Gefangenschaft
Nach der Einnahme Tobruks durch die Briten am 22. Januar 1941 gehen 24.000 Italiener in die Gefangenschaft. Bildrechte: imago images/Everett Collection

Das Schlamassel in Nordafrika hat sich Mussolini selbst eingebrockt. Im September 1940 lässt der "Duce" die italienisch-libyschen Kolonialtruppen in das benachbarte Ägypten einmarschieren. Doch was als Eroberung des Königreichs am Nil geplant ist, endet für die Italiener in einer Katastrophe. Die in Ägypten stationierten britischen Streitkräfte holen im Dezember zum Gegenschlag aus, vernichten die 92.000 Mann starke 10. italienische Armee und erobern innerhalb weniger Wochen die ostlibysche Cyrenaika. Am 6. Februar 1941 erreichen britische Panzer El Agheila ganz im Süden der Großen Syrte (Karte am Ende des Artikels). Von dort sind es nur noch 700 Kilometer bis Tripolis.

40 Schiffsladungen für eine Division

Deutsche Soldaten nach ihrer Landung in Tripolis 1941
Deutsche Soldaten einer Aufklärungsabteilung nach ihrer Ankunft in Tripolis im Februar 1941. Bildrechte: IMAGO / United Archives

Der mit dem "Unternehmen Sonnenblume" nach Libyen entsandte Rommel soll ein weiteres Vordringen der Briten nach Westen verhindern. Sein Auftrag ist rein defensiv, große Offensivhandlungen sind ihm untersagt. Dafür hat Rommel zunächst auch gar nicht die Mittel. Zwar wird die 5. leichte Division, die als erster von insgesamt zwei Verbänden des "Deutschen Afrika-Korps" nach Libyen verlegt wird, um ein Panzerregiment verstärkt. Doch die 40 Schiffsladungen, die zum Transport der Division nötig sind, können frühestens bis Anfang April realisiert werden. Der zweite für Nordafrika vorgesehene Verband, die 15. Panzerdivision, soll bis Mitte Mai nach Libyen verschifft werden.

Schneller Vormarsch fordert Tribut

Illustration deutscher und italienischer Panzer in Afrika
Darstellung deutscher Panzer in "The Illustrated London News" 1941: Die Typen III und IV sind der britischen Konkurrenz zwar überlegen, doch ihre Luftfilter sind für die Wüste ungeeignet. Bildrechte: IMAGO / Design Pics

Ungeachtet dessen verliert Rommel keine Zeit. Die am 14. Februar im Hafen von Tripolis gelandeten ersten deutschen Panzerabteilungen lässt er bereits einen Tag später - unmittelbar nach ihrer "Bluff"-Parade - nach Osten vorrücken. Auch alle danach eintreffenden Truppenteile werden sofort an die Front verlegt. Am 29. Februar stehen die Deutschen kurz vor dem von den Briten besetzten El Agheila. Obwohl die deutschen Panzer bis dahin keinen einzigen Schuss abgeben, fordert der Vormarsch seinen Tribut. So sind die Luftfilter nicht für den feinen Wüstensand ausgelegt, wodurch die Laufleistung der Panzermotoren erheblich reduziert wird. Auch die Verpflegung der Soldaten entspricht nicht den Erfordernissen des Wüstenklimas. Ein hoher Krankenstand ist die Folge.

Probleme mit dem Nachschub

Deutscher Lkw fährt 1942 auf Straße nahe Tobruk an britischen Gefangenen vorbei
Deutscher Lastkraftwagen auf der Küstenstraße nahe Tobruk: Fast der gesamte Nachschub läuft in Libyen über Lkw-Transporte. Bildrechte: IMAGO / KHARBINE-TAPABOR

Überhaupt ist der Nachschub eines der zentralen Probleme auf dem nordafrikanischen Kriegsschauplatz. Die Versorgung der deutsch-italienischen Truppen über das Mittelmeer wird von den auf Malta sitzenden Briten bedroht, die unter anderem ein Transportschiff mit 13 Panzern versenken. Das zweite Problem ist der Nachschub vor Ort. In Libyen gibt es keine Eisenbahn. Alles, was die kämpfende Truppe benötigt, muss mit Lkw an die Front gekarrt werden. Der Hauptgrund jedoch, warum Hitler und das Oberkommando des Heeres (OKH) keine Großoffensive in Libyen wollen, ist der längst beschlossene Überfall auf die Sowjetunion. Wegen "Unternehmen Barbarossa" sollen keine weiteren Divisionen an andere Kriegsschauplätze abgegeben werden.

In Großoffensive "hineingeschlendert"

Rommel in seinem Fahrzeug an der Front in Libyen 1941
Rommel mit seinem aus Südwestafrika stammenden Fahrer Hellmut von Leipzig in der Libyschen Wüste. Bildrechte: IMAGO / United Archives International

Dennoch startet Rommel Ende März eigenmächtig eine große Offensive, an deren Ende der Großteil der britischen Truppen aus Libyen vertrieben sein wird. Später wird er sagen, er sei in diesen wilden Ritt regelrecht "hineingeschlendert". Alles beginnt damit, dass es der 5. leichten Division am 24. März gelingt, El Agheila gegen geringen Widerstand einzunehmen. Er habe danach gefürchtet, dass die Briten das knapp 50 Kilometer weiter östlich gelegene Mersa el Brega, dass er für die günstigere "Bereitstellungs- und Aufmarschposition" hielt, nun derart befestigen würden, dass es später kaum noch zu nehmen sei, heißt es in Rommels 1950 posthum veröffentlichten Erinnerungen.

Rommel ignoriert Hitlers Weisung

Rommel in seinem Befehlswagen an der Front in Nordafrika
Rommel im Gespräch mit Soldaten des Afrikakorps: Der Panzergeneral führt die Truppe "von vorn". Bildrechte: imago/United Archives

Am 31. März beginnt der Angriff auf Mersa el Brega, das nach kurzem und heftigen Kampf erobert wird. Die Briten werden von dem Vorstoß völlig überrascht. Am 2. April nehmen Rommels Truppen das wichtige Agedabia. Hier erreicht Rommel ein Funkspruch des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW), der unter Bezugnahme auf eine Weisung Hitlers vor einem weiteren Vorgehen warnt. Doch Rommel, der sich bereits als Kommandeur einer Panzerdivision im Frankreichfeldzug 1940 den Ruf eines "stürmischen Gesellen" erworben hat, ignoriert die Anweisung. Ja, der Kommandierende General des Afrikakorps reißt sogar noch das Kommando über die italienischen Truppen an sich. Das Resultat ist eine heftige Auseinandersetzung mit Generalgouverneur Italo Gariboldi, der – zumindest formal – der Befehlshaber aller italienischen und deutschen Truppen in Nordafrika ist.

In Eilmärschen durch die Wüste

Deutscher Panzer IV fährt durch eine Stadt in Libyen
Ein deutscher Panzer fährt durch eine libysche Stadt. Bildrechte: IMAGO / United Archives International

Doch Rommel schert sich nicht um Gariboldis Einwände und besteht auf seiner Handlungsfreiheit. Und der Erfolg gibt ihm recht. In Eilmärschen rücken seine deutsch-italienischen Verbände entlang der Küstenstraße und durch die Wüste nach Osten vor. Ihr Ziel ist die vollständige Rückeroberung der Cyrenaika. Rommel lässt schnelle Vorausabteilungen bilden, durch deren ständigen Druck die Briten zum permanenten Rückzug gezwungen werden. Der Plan geht auf. Bereits am 4. April nehmen Vorausabteilungen der 5. leichten Division die wichtige Hafenstadt Bengasi unzerstört ein.

Schnelle Vorstöße stiften Verwirrung

Vormarsch deutscher Panzer auf Sollum
Deutsche Panzer auf dem Vormarsch nahe dem ägyptischen Sollum. Bildrechte: IMAGO / United Archives

Die Nachrichten von den schnellen deutsch-italienischen Vorstößen stiften überall Verwirrung unter den Briten. Als sich am Morgen des 4. April vor dem britischen Nachschublager in Msus eine gewaltige Staubwolke erhebt, denken die dortigen Soldaten, es sind die Deutschen und jagen das Brennstofflager in die Luft. Dummerweise sind es Panzer der 2. britischen Panzerdivision, die den ganzen Staub aufgewirbelt haben und in Msus ihre leeren Tanks auffüllen wollen. Daraus wird nun nichts mehr. Die Panzer bleiben liegen. In Tmimi fällt Rommels Soldaten hingegen fünf Tage später ein britisches Proviant- und Treibstofflager völlig unzerstört in die Hände. Bereits am 11. April schließen die deutsch-italienischen Truppen die Festung Tobruk ein. Einen Tag später erreichen Einheiten der 5. leichten Division die Grenze zu Ägypten. Über Sollum stoßen sie später zum wichtigen Halfaya-Pass vor.

Cyrenaika in zwei Wochen zurückerobert

Explosionen über Stadt und Hafen von Tobruk
Explosionen und Schiffswracks am Hafen von Tobruk: Trotz großer Anstrengungen können Rommels Truppen die Festung 1941 nicht zurückerobern. Bildrechte: IMAGO / United Archives International

In nicht einmal zwei Wochen haben Rommels Soldaten die gesamte Cyrenaika zurückerobert und fast alle britischen Truppen aus Libyen vertrieben. Fast! Denn die einst von den Italienern gut ausgebaute Festung Tobruk behaupten die Briten gegen alle verlustreichen Angriffe ihrer Gegner. Auch der Nachschub bereitet Rommels Soldaten nun zunehmend Probleme. Die Briten in Ägypten hingegen werden über den Suezkanal und eine Eisenbahnstrecke, die bis fast zur libyschen Grenze führt, mit zahlreichen neuen Truppen, Waffen und Ausrüstung versorgt.

Das "Empire" schlägt zurück

Einzug britischer Truppen in Bengasi im Dezember 1941
Im Dezember 1941 rücken britische Truppen abermals in die Hafenstadt Bengasi ein. Bildrechte: IMAGO / United Archives International

Im November 1941 ist die neu gebildete britische 8. Armee stark genug für eine erneute Großoffensive in Libyen. Das Unternehmen "Crusader" führt die britischen Verbände in wochenlangen verlustreichen Kämpfen nach El Agheila zurück, von wo sie im März vertrieben worden waren. In dem Ort am Südende der Großen Syrte kommen die Kämpfe am 6. Januar 1942 zum Stehen. Nun haben die Briten selbst Probleme, genügend Nachschub an die Front zu bekommen. Trotzdem haben die deutsch-italienischen Truppen die gesamte Cyrenaika wieder verloren. Doch der Krieg in Nordafrika ist noch lange nicht vorbei. Und der Mythos vom "Wüstenfuchs" Rommel soll erst noch geboren werden.

Rommels Vorstoß in Libyen 1941
Rommels Vorstoß in Libyen 1941: Von Tripolis kommend rücken seine Truppen ab Mitte Februar über Syrte (links) bis El Agheila vor, von wo sie ab 31. März durch die Cyrenaika bis Ägypten vorstoßen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Literaturhinweise

  • Lieb, Peter: Krieg in Nordafrika 1940-1943. Hrsg. vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, Ditzingen 2018.
  • Stegemann, Bernd: Die italienisch-deutsche Kriegführung im Mittelmeer und in Afrika. In: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Band 3. Hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Stuttgart 1984, S. 591-682.