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FKK-Strand, Campen, Rodeln: Urlaub zu DDR-Zeiten

23. August 2023, 16:19 Uhr

Einmal im Jahr machte die Republik Große Ferien: Zwischen Anfang Juli und Ende August fuhren die Schüler in die Kinderferienlager. Knapper waren Plätze für die ganze Familie in den preiswerten aber einfachen FDGB -Ferienheimen. Wer fahren durfte und wer nicht, entschieden die Ferienkommissionen der Betriebe. Die Möglichkeiten, privat Urlaub zu machen, waren begrenzt.

Für viele Familien war es wie ein Fünfer im Tele-Lotto, wenn sie einen FDGB-Ferienscheck überreicht bekamen. Wer sich gesellschaftlich engagierte oder in einer ausgezeichneten Brigade arbeitete, hatte größere Chancen. Manchmal soll eine Tüte Kaffee der Ferienkommission des Betriebes die Entscheidung erleichtert haben.

Ansturm auf FDGB-Ferienplätze

Urlaub im FDGB-Heim war beliebt, weil ihn sich jeder leisten konnte und weil Auslandsurlaub nur eingeschränkt möglich bzw. zu teuer war. Während die Partei- und Staatsführung den gewerkschaftlich organisierten Familienurlaub als Errungenschaft feierte, reichten die Plätze nie, obwohl ihre Zahl von Jahr zu Jahr zu nahm. Was 1947 mit Ferienreisen begonnen hatte, mauserte sich beträchtlich. Schon in den 70er Jahren boten rund 1.200 FDGB-Ferienheime Plätze in allen Regionen der Republik. Ein Sieben-Tage-Urlaub im Harz kostete 1960 17,50 Mark. Später kamen Betten in Interhotels und Kajüten auf der "Fritz Heckert" und in den 80ern auf der "Arkona", dem "Traumschiff für Arbeiter und Bauern", hinzu. Steuerten die Schiffe allerdings "republikfluchtverdächtige" Häfen an, wurde jeder Bewerber doppelt und dreifach durchleuchtet, bevor er in See stechen durfte.

Individuelles Reisen war nicht einfach

Wer dem Massenurlaub in einem der FDGB-Ferienheime mit geregelten Essenszeiten und organisierter Fröhlichkeit entrinnen wollte, hatte es schwer in der DDR. Selbst dann, wenn er bereit war, dafür mehr Geld auszugeben. Die Möglichkeiten, privat Urlaub zu machen, waren begrenzt. Hotels des Reisebüros der DDR waren eine Seltenheit und Zimmer dort nur mit sehr viel Geduld und Glück zu erhalten. In begehrten Urlaubsgebieten sah es auch mit Privatquartieren nicht besser aus. Besonders an der Ostseeküste regelte das DDR-Grenzgesetz, dass Einheimische privat nur an Verwandte vermieten durften. Natürlich hielten sich viele Küstenbewohner nicht daran und vermieteten "schwarz".

Privatquartiere waren selten

Ganz selten fand man über eine Anzeige in der "Wochenpost" ein Privatquartier, das man sich dann für viele Jahre warm hielt. Ansonsten musste man auf Freunde, Bekannte und Verwandte hoffen. So konnte ein Sommerquartier an der Ostsee schon mal einen Satz Autoreifen einbringen. Individuell zu reisen, beispielsweise auf Angelurlaub an einen der malerischen mecklenburgischen Seen, erforderte gute Bekannte vor Ort.

Mit eigenem Boot die Ostsee zu befahren, war streng verboten. Auch hier war es die Angst des Staates vor "Republikflucht". Jugendliche trampten an den Sommerwochenenden mit wenig Gepäck und Gitarre an die Küste und campten wild in den Stranddünen. Dies war ebenfalls offiziell streng verboten. Gerade an der Ostsee waren Polizisten und Sicherheitskräfte ständig auf der Streife. Grenzer holten selbst Luftmatratzen-Schwimmer sofort zurück. Ab 20 Uhr durfte der Strand nicht mehr betreten werden, gehalten hat sich kaum jemand daran.

Urlaub ganz privat - das konnte aber auch ein Sommer im Garten sein. Viele Familien hatten sich ihr Gartenhäuschen so ausgebaut, dass man hier bequem den ganzen Sommer über mit der Familie leben konnte.

Camping ist Charaktersache

Beziehungen waren selbst fürs Zelten nötig, denn auch die Campingplätze waren während der Sommerferien völlig überlaufen. Aber selbst das Anstehen nach Broiler, Bier oder Brause und die bescheidenen sanitären Anlagen schreckten die Zelter nicht ab. "Urlaub machen kann jeder, Camping ist Charaktersache", so der Tenor. 1954 zählten die Statistiker 10.000 Camper, 1959 schon 172.000 und 20 Jahre später eine halbe Million. Um jedoch einen Zeltplatz ergattern zu können, musste man sich mindestens ein halbes Jahr vorher anmelden. Dem Massenansturm konnten die Zeltplätze kaum gerecht werden, vor allem nicht im sanitären Bereich. Noch in den 70er Jahren galten die Zeltplätze in der CSSR als komfortabler.


Doch nicht nur die Zeltplätze waren heiß umkämpft, auch Zelte waren ständige Mangelware, meist im wortwörtlichen Sinn. Doch als gelernter DDR-Bürger nahm man auch ein wasserdurchlässiges Zelt in Kauf. Das war immer noch besser, als gar keins zu haben und wenn man Glück hatte, regnete es vielleicht gar nicht.

Und nächstes Jahr am Balaton …

Die Riviera der DDR-Urlauber lag am Schwarzen Meer. Wer privat auf die Krim, nach Rumänien oder Bulgarien wollte, brauchte Geld, Geduld beim Anstehen vor dem Reisebüro, auch einen guten Leumund, um das Visum zu ergattern. Die Bruderliebe hatte Grenzen. Unbürokratisch war nur die Einreise in die CSSR und nach Polen, nachdem am 1. Januar 1972 Visafreiheit mit diesen Ländern vereinbart wurde. Diese wurde erst nach Verhängung des Kriegsrechts in Polen 1981 wieder aufgehoben. Tschechen-Kronen gab es nur rationiert. Zum Bedauern der Touristen, denn das Angebot in den tschechoslowakischen Geschäften war bunter und reichhaltiger, als sie es von HO und Konsum kannten. In Polen dagegen nutzen die Zlotys im Portmonee wenig, da die Geschäfte leer waren.


Unkompliziert waren auch Reisen mit den so genannten "Freundschaftszügen". Wer einsteigen durfte, entschieden allerdings Betrieb, Jugendreisebüro oder die FDJ. Das beliebteste sozialistische Urlaubsland war Ungarn. Voll gepackt zogen im Sommer Trabi-Karawanen an den Balaton, um Sonne satt und Westwaren zu genießen. Kuba oder Jugoslawien wären auch schön gewesen. Aber wer durfte schon zu Fidel oder Tito? Fahrten über den Ozean oder eine offene Grenze nach Italien erleichterten die "Republikflucht". Deshalb blieben solche Reisen ebenso wie Urlaub in westlichen Ländern einem ideologisch unbedenklichem Kreis vorbehalten.

Privatquartier, ja. Essen, nein.

Im Februar hatten die Schulkinder in der DDR drei Wochen Winterferien. Glück hatte der, der nicht in die "Ferienspiele"-Betreuung oder zu Hause bleiben musste, sondern mit Eltern oder Großeltern in den Winterurlaub fahren konnte. Doch die Auswahl an FDGB-Plätzen war ebenso begrenzt wie im Sommer. Die Privatquartiere in den Wintersportorten im Harz, im Thüringer Wald oder im Erzgebirge spärlich gesät. Hatte man ein Privatquartier ergattert, stellt sich oft die Verpflegung als ein Problem heraus: die Gaststätten waren dem Urlauberansturm häufig nicht gewachsen, die HO- und Konsumläden ebenso wenig.

Westreisen waren für die Masse unerreichbar

Seit dem Mauerbau am 13. August 1961 blieben Besuche in Paris, London, New York oder Wien schier unerfüllbare Träume für die allermeisten DDR-Bürger. Wenn die "führenden Genossen" überhaupt dazu was sagten, dann machten sie "Devisenmangel" und den "Klassenfeind" dafür verantwortlich: Der Schutz der DDR-Bürger im Westen sei nicht gewährleistet. Wer sich dennoch dieser "Gefahr" aussetzen durfte, musste Ehepartner oder Kinder als "Geiseln" zurücklassen. Nur Rentner konnten vorbehaltlos reisen. Wenn sie drüben blieben, sparte die DDR die Rente.

Dieser Artikel wurde erstmals 2011 veröffentlicht.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR ZEITREISE: Sofa frei im Erzgebirge - Privatunterkünfte in der DDR | 19. März 2023 | 22:00 Uhr

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