Teasergrafik Altpapier vom 03. September 2020: Porträt Autor René Martens
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Das Altpapier am 3. September 2020 Fährt kein Bus nach Konstanz?

03. September 2020, 11:01 Uhr

Auch nach dem "Nazi-Karneval" von Berlin schmusen und flirten Journalisten weiter mit Rechten. Die Initiative "Klima vor acht" feiert einen bemerkenswerten Crowdfunding-Erfolg. Über Artensterben wird zu wenig berichtet. Ein Altpapier von René Martens.

"Seid ihr alle wahnsinnig geworden?"

An euphorischen Äußerungen und impulsiven Superlativen mangelt es auf Twitter bekanntlich eher nicht. Wenn aber der Schriftsteller Saša Stanišić einen Text anpreist, der "jeden Tag vor jeder Bundestagssitzung und jeder Redaktionskonferenz jedes Ressorts" vorgelesen werden sollte, ist das mehr als Meinungsbusiness as usual.

Das Lob des Deutschen Buchpreiträgers gilt der aktuellen Zeit-Online-Kolumne Mely Kiyaks, in der sie sich mit den Reaktionen von Politik und Medien auf #b2908 bzw. den "Nazi-Karneval" von Berlin beschäftigt, unter anderem mit den "Jubelarien über diese drei Polizisten, denen man demütigst huldigte". Angesichts dieser "Arien" fragt Kiyak:

"Seid ihr alle wahnsinnig geworden? Ist es nicht eine Selbstverständlichkeit, dass ein Beamter den Staat und seine Organe schützt, schließlich ist er die Exekutive. Sind wir jetzt schon so weit, dass wir Polizisten dankbar dafür sind, dass sie nicht mit Rechtsextremen paktieren und ihnen die Türen aufhalten? Ja, doch, wir sind schon so weit."

Ein Großteil von Kiyaks Kritik ist inhaltlich nicht neu, aber mindestens erfrischend formuliert:

"Wann immer Nazis in Sicht sind, geht dieser Staat mit ihnen um, als bewege man sich in einem alternativen Geburtshaus mit Traumfängern, sanften Klängen, Düften und Tüchern, also supersoft und superachtsam, bloß nicht erschrecken. Unvergessen, die einfühlsamen Spaziergänge in Wäldern, Tälern und an Flüssen, wo Journalistenkollegen versuchen, den Nazis – geht auch schon seit Jahrzehnten so – nahe zu kommen. Unvergessen, die Politplaudereien am See und anderswo (…) Was wurde man nicht fertig, mit Rechten zu reden, zu schmusen, zu flirten. Und nun: Erschaudern auf allen Kanälen."

Warum "schmusen" Journalisten mit Rechten: Weil sie unbedarft sind? Das mag in Einzelfällen zutreffen. In der Regel sind es eher strategische Entscheidungen: Viele Journalisten wollen sich gern alle Türen offen halten und hängen daher alle verfügbaren Fähnchen in den Wind. Und dann gibt es noch eine dritte Gruppe: Jene, die darauf hoffen, dass die Damen und Herren Querdenker einen weiteren Ruck nach rechts bewirken und die man in diesem Sinne als Bewegungsjournalisten verstehen muss.

Kiyak schreibt weiter:

"Überraschend, entsetzlich? Wieso? Wieso jetzt? Seit 2015 laufen sie durch die Provinzen und schreien 'Widerstand, Widerstand'. Nun hat ihnen halt jemand den Überlandbus gesponsert, ist doch klar, dass man, wo Malle, Malediven oder Marokko virusbedingt beschwerlicher zu bereisen und zu besaufen sind, man den Resturlaub lieber auf einer Antidemokratiebildungsreise abbummelt."

Hoffnung verbreitet Kiyak eher nicht:

"Die Mehrheit der Bürger ist ängstlich und unerfahren im Kampf gegen rechtsextreme Strukturen in Politik, Sicherheitsbehörden, Polizei, Militär und vor allem bei den Mitbürgern. Schließlich wurde ihnen seit dem Ende des letzten deutschen Krieges stets erzählt, dass es Nazis und Rechtsextreme in Deutschland nie gab und auch nicht mehr gibt und wenn doch, dann versehentlich, sozioökonomisch bedingt, unverschuldet, aus Versehen, unwissentlich. Und dass wenn doch, seien es nur ganz wenige und sich das Problem von alleine löse."

Beim Stichwort "ängstlich" muss man noch einmal einhaken: Es gibt natürlich auch ängstliche Journalisten. Jene, die "Das wird eine Demokratie aushalten müssen" o.ä. brabbeln und darauf setzen, dass sie es irgendwie bis zur Rente schaffen, wenn sie sich unauffällig verhalten. Das wäre dann die vierte Kategorie der Verharmloser. Oder eine Untergruppe der o.g. zweiten, also der Opportunisten.

Inhaltlich ähnliche Medienkritik wie Kiyak, aber nicht in einem so wütenden Tonfall, übt Ingrid Brodnig, die die Demo in Berlin als Journalistin beobachtet hat. In einem Gastkommentar für den Standard schreibt sie:

"(Es) ist (…) ein Trugschluss, dass Menschen, die alternativ wirken, im Bioladen einkaufen oder ein Fan von Esoterik sind, automatisch Linke wären. Esoterik wird auch von Rechtsextremen genutzt, um Menschen anzusprechen. Sie reden dann einerseits von 'Heilung', 'Erleuchtung' und 'Frieden', aber andererseits auch von der 'Hochfinanz', 'Bilderbergern' und 'Rothschilds', die dem Frieden im Weg stünden. Es ist ein Unsinn, dass man bei Menschen anhand des Aussehens erkennen könne, ob sie beispielsweise an die jüdische Weltverschwörung glauben."

Die Berichterstattung über einen Bilderbuch-Verfassungsfeind

Als sie Ihre Texte schrieben, konnten Kiyak und Brodnig die aktuelle Berichterstattung über den "Querdenken"-Initiator Michael Ballweg noch nicht kennen. Dieser hatte am Samstag in einer Rede gesagt (siehe Leipziger Internet-Zeitung incl. Link zum Video): "Wir sind die Verfassunggebende Versammlung. Ich rufe alle Menschen bundesweit auf, nach Berlin zu kommen und gemeinsam mit uns an einer neuen Verfassung zu arbeiten."

Um es mit dem von mir eher selten zitierten Magazin Cicero (€) zu sagen:

"Michael Ballweg lehnt die Verfassung genauso ab wie die Reichsbürger. Doch das wird gerne ausgeblendet."

Philipp May vom Deutschlandfunk allerdings schafft es, Ballweg in einem fünfzehneinhalbminütigen Interview weder auf dessen Grundgesetzfeindlichkeit anzusprechen noch auf sein, Ballwegs, Treffen mit dem wegen Holocaust-Leugnung verurteilten "Volkslehrer" Nikolai Nerling. May steigt allen Ernstes mit der Frage "Wie sehr stören Sie die Rechten?" ein. Er hätte genauso gut fragen können: Wie sehr stören Sie sich an sich selbst?

Ballweg hat nun angekündigt, die nächsten große Widerstands-Sause nicht in Berlin zu veranstalten, sondern in Konstanz - weil, wie Detlef Esslinger heute auf der SZ-Meinungsseite (€) schreibt, "sich dort wohl weniger Rechtsextremisten unter die Teilnehmer mischen werden als in der Metropole". Warum? Weil Konstanz nicht ans Straßennetz angebunden ist und somit für (um noch mal Mely Kiyak aufzugreifen) Überlandbusse nicht erreichbar? Esslinger schreibt weiter:

"Ob dies ein taktischer Zug ist oder auf Überzeugung beruht, lässt sich noch nicht sagen. Nach wie vor duldet Ballweg Menschen um sich, die auf Distanz zu Extremisten keinen Wert legen. Nach wie vor steht sein anmaßendes Wort im Raum, eine 'verfassungsgebende Versammlung' einzuberufen. Aber wichtiger als öffentlich zuzugeben, welche Fehler man gemacht hat, ist, Fehler abzustellen."

Ballweg ist ein Verfassungsfeind wie aus dem Bilder- bzw. dem Lehrbuch. Esslinger glaubt aber offenbar wirklich, dass es möglich ist, dass Ballweg bald seinen "Fehler" einsieht und das Grundgesetz plötzlich dufte findet. Auf der nach oben offenen Michael-Maier-Skala erreicht Esslinger jedenfalls fast die volle Punktzahl. Wem das jetzt zu kryptisch klingt: Michael Maier, der Herausgeber der Berliner Zeitung, hat vor einigen Tagen ebendort zu #b2908 geschrieben:

"Es wäre gut, würden die Organisatoren der Demos nach dem Wochenende den Fuß vom Gaspedal nehmen und sich Gedanken über eine professionelle Ausrichtung machen: Welche Forderungen haben Priorität? Was ist wirklich wichtig? Hier kann man aus der Geschichte lernen: Der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 war eben kein 'Happening', kein Volksfest. Das Leid der Arbeiter von der Stalin-Allee war wegen der unerfüllbaren Erhöhung der Arbeitsnormen um zehn Prozent unerträglich geworden. Mit dieser konkreten Forderung gingen sie auf die Straße. Die DDR-Bürgerrechtsbewegung nahm wegen des konkreten Protests gegen die gefälschten Wahlen Fahrt auf. Die Solidarnosc von Lech Walesa forderte in den Danziger Werken freie Gewerkschaften, das Streikrecht und die Pressefreiheit. Ihre 21 Forderungen können noch heute als Blaupause dienen, wie man mit Protest die herrschenden Verhältnisse ändern kann."

Abgesehen davon, dass die Demonstranten zum Beispiel "professionell" genug waren, die Reichstags-Erstürmung sogar öffentlich zu üben: Mit der Nennung der historischen Verweise übernimmt Michael Maier das rechte Narrativ, dass es sich bei den Demos der "Querdenker" um Protest gegen eine Diktatur handle. Wenn er bei Twitter als @supermichi97843 unterwegs wäre, 17 Follower hätte und dort seine "Gedanken" raushauen würde, wunderte sich niemand. Aber er ist der H-e-r-a-u-s-g-e-b-e-r der Berliner Zeitung.

"Klima vor acht" statt "Börse vor acht"

Aus mindestens zwei Gründen bietet es sich an, das Thema Klimakrisenberichterstattung, das hier vor einer Woche als Aufmacher diente, noch einmal aufzugreifen. Die Frage, ob nicht genug berichtet wird, zum Beispiel. Ja, zumindest im Fernsehen "an prominenter Stelle" zu wenig, meint die Initiative "Klima vor acht". Was sie konkret fordert, beschreibt Mitinitiator Mario Hüttenhofer in einer Pressemitteilung (die auf dieser Seite zu finden ist) so:

"Seit 20 Jahren zeigt die ARD schon 'Börse vor acht'. Dabei besitzt nur jede:r sechste Bürger:in Aktien. Doch die Klimakrise geht uns alle etwas an: Die Rundfunkanstalten müssen endlich anfangen, diese ernst zu nehmen und an prominenter Stelle regelmäßig darüber berichten.”

Die Initiative kann nun immerhin als Erfolg verbuchen, dass sie per Crowdfunding "in der Rekordzeit von dreieinhalb Stunden" 20.000 Euro zusammen bekommen hat - von Menschen, die damit mindestens indirekt einen Programmreformvorschlag zum Ausdruck gebracht haben. Von dem Geld produziert "Klima vor acht" im Herbst sechs Folgen, die dann online zugänglich sein werden. Rein formal handelt es sich hier um eine außergewöhnliche Form der konstruktiven Kritik am öffentlich-rechtlichen Programm. Von Reaktionen der ARD ist bisher nichts bekannt.

Ist die Klimakrise eigentlich "das wichtigste Thema überhaupt"? Zumindest ich hatte das ja behauptet in der eben bereits verlinkten Kolumne von vergangenem Donnerstag. Und "Klima vor acht" sieht es auch so. Nein, würde der fürs ZDF arbeitende Wissenschaftsjournalist und Naturfilmer Dirk Steffens antworten. In einem Interview mit dem Medienmagazin journalist - das erstmals eine "grüne Ausgabe" herausgebracht hat - sagt er:

"Wir reden zum Beispiel über die Klimakrise so sehr, dass wir das Gefühl haben: Wenn wir die in den Griff kriegen, dann ist umweltmäßig erstmal alles wieder okay. Das ist grundfalsch. Die Klimakrise ist nur ein Mosaikstein in der größeren Ökokrise, zu der insbesondere auch das Artensterben gehört. Ich will die nicht trennen, die sind miteinander verzahnt: Wenn sich das Klima verändert, sterben mehr Arten. Wenn mehr Arten sterben, verändert sich das Klima. Aber das wird nicht vermittelt. Wir tun so, als sei die Klimakrise das größte Problem. Das ist grundfalsch."

Steffens findet, dass das Artensterben noch ein wesentlich größeres Problem ist als die Klimakrise, wobei er andererseits kein "Ranking" erstellen möchte. Warum werde denn "über das Artensterben so wenig berichtet", will Interviewerin Catalina Schröder wissen. Steffens sagt:

"Es gibt immer noch das große Missverständnis: 'Ach, der arme Eisbär stirbt aus. Das ist aber schade' (…) Artensterben wird (…) verwechselt mit der Sorge von Tierliebhabern um einzelne Arten. Was wir aber gerade erleben, ist, dass geschätzt bis zu 150 Tierarten am Tag aussterben. Die natürliche Aussterberate, die es gibt, ist momentan – je nach Statistik – um das 100- bis 1.000-fache erhöht. Und das heißt, dass aus dem Netz des Lebens jeden Tag 150 Fäden rausgezogen werden. Und dieses Netz stellt uns die Luft zum Atmen, unser Trinkwasser und unsere Nahrung, also die Lebensgrundlagen. Wenn dieses Netz reißt, dann sind wir tot. Das muss man so direkt und klar sagen. Das Artensterben ist deshalb tatsächlich das größte Thema, das wir haben."

Die im Altpapier oft anklingende Frage, inwieweit Journalisten manchmal auch Aktivisten sind oder sein dürfen oder müssen, kommt in dem Gespräch ebenfalls zur Sprache:

"Ich ärgere mich (…) ein bisschen, weil ich in Talkshows immer als Journalist und Umweltaktivist vorgestellt werde. Das ist totaler Quatsch. Das ist ungefähr so, als wenn Sie eine Politikjournalistin als Demokratieaktivistin ankündigen (…) Ich berichte über die Lebensgrundlagen der Menschen. Wenn Sie nicht atmen, essen und trinken können, spielen Freiheit, Demokratie, Wahlergebnisse und irgendwelche Intrigen im Kanzleramt überhaupt keine Rolle (…) (J)emand, der über Umwelt berichtet, der muss doch auf das Fortbestehen einer lebensfähigen Umwelt dringen und mahnen."

Wobei es sich mit dem Aktivismus ähnlich verhält wie mit der Ideologie: Jene Journalisten, die Berufskollegen Aktivismus vorwerfen, sind in der Regel selbst große Aktivisten.

Am gestrigen Mittwoch jährte sich zum fünften Mal der Todestag Alan Kurdis. Das ikonographische Bild seiner am Strand angespülten Leiche habe lediglich "für einen Moment" eine "Emotionalisierung" bewirkt, sagt Karen Fromm, Professorin für Fotojournalismus und Dokumentarfotografie an der Hochschule Hannoverm, im Interview mit Deutschlandfunk Kultur. Ohnehin werde die "Macht" solcher Bilder falsch eingeschätzt. Und Karin Dalka, stellvertretende Chefredakteurin der Frankfurter Rundschau, schreibt in einem kurzen Kommentar anlässlich des Jahrestages:

"Eine humane Asylpolitik ist nicht in Sicht. Und die internationalen Versuche, den Krieg in Syrien zu beenden, sind bestenfalls halbherzig. An Alan Kurdi zu erinnern, heißt deshalb auch, das Bewusstsein um diesen Skandal wachzuhalten."

Die 2019 mit dem Grimme-Preis für die Besondere Journalistische Leistung ausgezeichnete WDR-Redakteurin Isabel Schayani sagte gestern in der WDR-Sendung "Aktuelle Stunde":

"Die Härte, mit der Europa heute Menschen, die versuchen, nach Europa zu kommen, abblockt, zurückdrückt, zurückdrängt, ist ohne Beispiel verglichen mit damals (…) Die Wirklichkeit ist heute viel härter als die 2015 (…)"

Aber:

"(Wir) sind so ermüdet von dem Thema und haben uns so an diese neue europäische Wirklichkeit gewöhnt, dass uns das überhaupt nicht mehr empört. Es empört uns vielleicht in Wellen, aber eigentlich kommt es nicht mehr an."

Die von Schayani beschriebene Ermüdung ist auch ein Aspekt in einem "persönlichen" Thread, den vor einigen Tagen der Soziologe und Journalist Thorsten Mense veröffentlicht hat, der seit 15 Jahren für linke Medien über den "Krieg gegen Geflüchtete an den Außengrenzen der EU" berichtet":

"Wie kann man das Grauen angemessen beschreiben, wenn es jeden Tag schlimmer wird? Was ist der Aufhänger für den nächsten Text, wo alle längst von der Gewalt wissen? Man kann Dinge nur eine gewisse Zeit skandalisieren, dann hören sie auf ein Skandal zu sein."

Eine der wichtigsten Informationsquellen über europäische Flüchtlingspolitik erwähnt Mense auch:

"Bei @alarm_phone sieht man täglich verzweifelte Hilferufe, Flüchtlingsboote, die stunden- oder tagelang nicht gerettet werden. Aber mit jedem neuen Boot weniger Likes und mehr Desinteresse, ich kenne das von mir selbst … Man stumpft ab und gewöhnt sich an die Bilder des Krieges."


Altpapierkorb (Christian Drosten über das "Aufmerksamkeitsgeschäft" mit Zweitinfektionen, "Der Zug der Seuche", True Crime, Medienkompetenz von Lehrern)

+++ Um beim Thema Wissenschaft zu bleiben: Christian Drosten, der am Dienstag zurückgekehrt ist aus der Podcast-Sommerpause, hat sich in der Comeback-Ausgabe unter anderem zu dem "Medienphänomen" der bzw. dem "Aufmerksamkeitsgeschäft" mit den Zweitinfektionen geäußert. Die Zweitinfektionen fielen "epidemiologisch" überhaupt "nicht ins Gewicht", so Drosten. Ich hatte vorab für die taz mit NDR-Hörfunkdirektorin Katja Marx darüber gesprochen, was sich mit dem Wiederbeginn des Podcasts am Konzept des Erfolgsformats ändern wird.

+++ Der vor der Sommerpause und nun wieder allgegenwärtige Drosten gehört übrigens zu den Experten, die in einer SWR-Dokumentation zu Wort kommen, die die ARD bis heute unter Verschluss hält: "Wuhan – Chronik eines Ausbruchs" (siehe viele Altpapiere, zuletzt dieses). Über eine anders konzipierte Pandemie-Chronik mit dem Titel "Der Zug der Seuche", die am Montag vergangener Woche planmäßig im Ersten Programm gesendet wurde, habe ich für die Medienkorrespondenz geschrieben.

+++ Ebenfalls neu im Online-Angebot der Medienkorrespondenz: eine Auseinandersetzung Torsten Körners mit dem True-Crime-Genre: "Viele True-Crime-Formate nähren die Hoffnung, sie könnten allmächtiger erzählen als alle anderen Akteure und Formate. Uns wird nichts weniger versprochen als die Beantwortung ganz großer Fragen: Was ist die Wahrheit und was ist der Mensch? Selbst wenn die Fragen nicht explizit aufgeworfen werden, strömen sie durch die Bilder. So etwa in der vierteiligen Dokumentation "Conversation with a Killer: The Ted Bundy Tapes" (Netflix). Der schon legendäre amerikanische Serienmörder Ted Bundy, der vermutlich mehr als 30 junge Frauen vergewaltigt und umgebracht hat und 1989 hingerichtet wurde, ist ein Allzeitheld der True-Crime-Wellen (…) Jede Generation bekommt ihren Ted Bundy, so wie noch jede Generation ihren Fritz Haarmann bekam." Eine etwas kürzere Fassung des Beitrags ist bereits in der FSF-Zeitschrift TV Diskurs erschienen.

+++ Facebook und Twitter haben die Accounts eines auf eine linke Zielgruppe ausgerichteten Online-Angebots namens "Peacedata" gesperrt. Dieses steht offenbar "mit der 'Internet Research Agency' (IRA) aus Russland in Verbindung. Sie spielte vor der Präsidentenwahl 2016 nach Erkenntnissen von US-Geheimdiensten und Online-Firmen eine zentrale Rolle bei Versuchen, die Spaltung in den USA zu vertiefen und Stimmung für den damaligen Kandidaten Donald Trump zu machen". Das berichtet der ARD-"Faktenfinder". Die SZ geht ebenfalls auf das Thema ein.

+++ Teilweise Besorgnis erregend findet die taz eine Studie zur Medienkompetenz von Lehrern, die die Stiftervereinigung der Presse in Auftrag gegeben hat. Rund ein Fünftel, so fasst es Peter Weissenburger zusammen, "offenbaren ein Verständnis von Medien als Teil der Regierung, des Staates, der Obrigkeit, wie es seit Jahren von rechts aktiv verbreitet und verfestigt wird".

Neues Altpapier gibt es wieder am Freitag.

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