Das Altpapier am 23. Februar 2023: Porträt des Altpapier-Autoren Ralf Heimann
"Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren im aktuellen Altpapier die wichtigsten Medienthemen des Tages. Bildrechte: MDR | MEDIEN360G

Kolumne: Das Altpapier am 23. Februar 2023 About Schmidt

23. Februar 2023, 12:23 Uhr

Nach der Böhmermann-Sendung vom Freitag gab es viel Kritik. Es war von Fehlern und Verkürzungen die Rede. Aber worum geht es eigentlich? Und wer hat recht? Versuch einer Entwirrung. Heute kommentiert Ralf Heimann die Medienberichterstattung.

Das Altpapier "Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren und bewerten aus ihrer Sicht die aktuellen medienjournalistischen Themen.

Die Debatte – Versuch eines Überblicks

Vorläufiger Zwischenstand am Donnerstagmorgen: Das "ZDF Magazin Royale" bleibt nach der Kritik an seiner  Sendung vom Freitag über den früheren CSU-Landwirtschaftsminister und heutigen Balkan-Herrscher Christian Schmidt bei seiner Darstellung (Altpapier). Aber die FAZ bringt neue Vorwürfe.

In der Zeitung heute heißt es (€) über dem Artikel von Südosteuropa-Korrespondent Michael Martens auf der Medienseite (Titel: "Recherche mit dem Vorschlaghammer") im Teaser mit Blick auf Böhmermanns Kritik an Schmidt: "Damit die Abrechnung aufging, bedurfte es (…) grober Verfälschung." Im Text wirft Martens der Böhmermann-Redaktion vor, sie habe behauptet, Schmidt habe auf Anfragen nicht geantwortet. Tatsächlich habe der sogar sehr ausführlich geantwortet. Nur hätten die Antworten anscheinend nicht ins Konzept der Sendung gepasst.

Und falls Sie jetzt denken "Hä?" und sich sonst auf Anhieb kein weiterer Gedanke ergibt, hier vielleicht zuallererst eine Einordnung. Was bisher geschah:

Das "ZDF Magazin Royale" hat in seiner Sendung am Freitag über den neuen Job von Christian Schmidt berichtet. Der ist in Bosnien-Herzegowina gelandet, wo er jetzt ein Amt ausübt, das ihm in einigen Punkten mehr Macht gibt als der dortigen Regierung. Er kann Gesetze erlassen und demokratisch gewählte Menschen aus politischen Ämtern entfernen, ohne dass irgendwer etwas dagegen machen kann. Schmidt nennt sich "Hoher Repräsentant der Staatengemeinschaft". Das Amt ist ein Relikt aus der unordentlichen Zeit nach dem Bosnienkrieg vor über 30 Jahren. Es sollte ein demokratisches Vakuum ausfüllen und die Region stabilisieren. Der Vorwurf gegen Schmidt ist grob umrissen, dass er alles nur noch schlimmer macht.

Konkret geht es um zwei Punkte.

I.
Ein Teilstaat (Entität) von Bosnien ist die bosnische Serbenrepublik, an deren Spitze ein Putin-Buddy steht, und die am 9. Januar mit viel Militär-Tamtam einen "Nationalfeiertag" feiert, den das bosnische Verfassungsgericht verboten hat. Das findet man in Serbien nicht so gut. Daher hat man sich in diesem Jahr so halb über das Verbot hinweggesetzt. Der serbische Präsident ist zwar nicht selbst gekommen, aber er hat zu den Feierlichkeiten seinen Sohn geschickt.
Darüber war berichtet worden, auch über die Reiseroute und genaue Details zum Personenschutz des Sohns. Und jetzt wird es noch etwas kniffliger: Diese sensiblen Informationen hat das serbische Außenamt dem in Bosnien gegeben, wie es in solchen Fällen offenbar üblich ist. Sie waren geleakt worden. Schmidt hatte sich bei der bosnischen Behörde beschwert. Die Frage ist: Hat er sich über die Berichterstattung beschwert, wie Böhmermann es in seiner Sendung behauptet – oder ging es darum, "dass diese Infos aus einer Botschaft heraus geleakt wurden". Das schrieb der frühere Journalist und heutige Pressesprecher eines grünen Abgeordneten, Krsto Lazarević, in einem hier am Dienstag bereits erwähnten Thread.

II.
Außerdem ging es um eine Wahlrechtsreform in Bosnien, die Schmidt durchgedrückt hatte. Krsto Lazarević schrieb in seinem Thread, die Böhmermann-Redaktion habe ihn vor der Sendung dazu befragt. Er habe davon abgeraten, das auch noch mit reinzunehmen. Zu kompliziert. In der Sendung kommt es dennoch vor. Böhmermann erklärt, Schmidt habe am Wahltag gleich nach der Wahl das Wahlsystem rückwirkend geändert. Die Stimmen von Serben und Kroaten hätten dadurch deutlich mehr Gewicht bekommen als die von Bosniaken. Und nur deshalb seien die mit Schmidts CSU verbrüderten kroatischen Nationalisten Teil der Regierung geworden.
Krsto Lazarević schrieb in seinem Thread, man könne Schmidt zwar vorwerfen, dass er das Wahlrecht zugunsten von Nationalisten geändert und die Interessen von Minderheiten nicht berücksichtigt habe. "Aber man kann nicht sagen, dass Schmidt jetzt ein Wahlgesetz durchgedrückt hat, dass Minderheiten stärker diskriminiert als vorher." Er habe also nicht alles noch schlimmer gemacht. Das mache die These der Sendung "etwas problematisch".

Das sind die beiden Punkte. Am Ende schreibt Lazarević versöhnlich:

"Aber gut, ich will jetzt nicht kleinlich werden. Ich finde es einfach schade, dass sich das ZDF-Magazin solche Fehler und Ungenauigkeiten erlaubt. Eigentlich ist es ja super, dass sie sich des Themas annehmen."

Danach passierte etwas Überraschendes. Die Böhmermann-Redaktion antwortete nicht: "Schönen Dank für den Hinweis. Das ist natürlich sehr ärgerlich." Sie erklärte in zwei langen Threads (hier und hier) in zusammen 44 Tweets in kühlem Anwaltsdeutsch, warum die Kritik so in keinem einzigen Punkt stimmt.

So weit waren wir am Dienstag schon. Ich möchte hier nur versuchen, die Konfliktlinien etwas zu verdeutlichen, damit der ganze Streit ein bisschen klarer wird. Daher auch hier noch einmal die zentralen Punkte:

Die erste Replik

Im ersten Thread reagiert das "ZDF Magazin Royale" auf den den generellen Vorwurf, es habe verkürzt und Fehler eingebaut.

Zur Kritik von Schmidt in der Sache "Präsidentensohn nimmt an illegaler Parade teil" schreibt das Magazin: Die Kritik von Lazarević sei "faktisch falsch". Lazarević hatte geschrieben, Schmidt habe kritisiert, dass die Infos "aus einer Botschaft heraus" geleakt wurden. Das ist eine Annahme. Die Böhmermann-Redaktion schreibt, aus welcher Quelle der Leak komme, sei unklar. Und natürlich, es kann sein, dass die Information abgefangen wurde.

Doch das ändert nichts am zweiten Teil von Lazarevićs Kritik, dass es in Schmidts Beschwerde nicht um die Berichterstattung generell ging, sondern um die Kritik daran, dass sensible Informationen an die Öffentlichkeit gelangt sind.

Dazu schreibt die Böhmermann-Redaktion:

"Der Hinweis auf Vučićs (das ist der Präsidenten-Sohn, Anm. Altpapier) vermeintlich bedrohte Sicherheit reproduziert zudem ein Opfer-Narrativ serbischer Nationalisten und impliziert, man müsse Verständnis für sein Anliegen aufbringen."

Das kann man so verstehen: Weil nicht klar ist, woher die Infos stammen, kann man auch nicht behaupten: Sie stammen aus dem bosnischen Außenamt. Und damit stimmt auch nicht: Der Staat hat die Sicherheit des Präsidenten-Sohns gefährdet.

Nimmt man einen weiteren Böhmermann-Tweet dazu, kann man die Aussage aber auch noch etwas anders verstehen. Das Magazin schreibt:

"Nicht die Berichterstattung der freien Presse ist das Sicherheitsrisiko, sondern der Berichterstattungsgegenstand – die Reise Vučićs als Ehrengast nationalistischer Separatisten zu einer Parade serbischer Nationalisten."

Hier gerät man noch weiter in den Strudel des Kleinklein. Es ist eine politische Kritik: Eigentlich hätte Schmidt die Reise kritisieren müssen, nicht das Leak.

Nach dieser Kritik hat er schon durch den Akt der Beschwerde die falsche Absicht deutlich gemacht. Er hat die Reise nach Böhmermann-Lesart gewissermaßen gebilligt, wenn er hier nur die Umstände kritisiert, unter denen der Präsidenten-Sohn nun reisen muss.

Man kann hier noch viel tiefer einsteigen, denn auch wenn Schmidt die Reise nicht billigt, kann er das Leak kritisieren – also die Tatsache, dass Behörden nicht sorgfältiger mit den Informationen umgegangen sind, denn zur Demokratie gehört auch, dass der Staat die körperliche Unversehrtheit der Menschen schützt, die in zweifelhafter Absicht unterwegs sind.

Die Böhmermann-Redaktion würde hier möglicherweise einwenden: Kann doch auch sein, dass irgendwer von serbischer Seite, der den Präsidenten-Sohn nicht mag, die Infos der Presse gesteckt hat. Damit hätte der bosnische Staat mit der Sache gar nichts zu tun.

Das Problem sind die vielen unklaren Annahmen. Irgendwann kommt man zwangsläufig auch zur Frage: Ist der Präsidenten-Sohn nicht auch selbst schuld, wenn er so eine Reise macht?

Und das kennt man aus anderen Zusammenhängen: Kann sich einer beschweren, wenn er bei einem Einbruch angeschossen wird?

Ich würde sagen: Man muss zwei Dinge trennen. Man kann sowohl zu dem Ergebnis kommen, dass Vučić das Sicherheitsproblem durch seine Reise verursacht hat – als auch zu dem, dass das Leak aus Perspektive von Schmidt kritikwürdig ist. Irgendwie muss die Information ja aus der vertraulichen Behördenkommunikation an die Öffentlichkeit gekommen sein.

Im Grunde ist die Replik der Böhmermann-Redaktion in diesem Fall aber nur eine Nebelkerze. Lazarević hatte darauf hingewiesen, dass Schmidt ein Leak kritisiert, nicht die Berichterstattung. Wollte die Böhmermann-Redaktion das entkräften, müsste sie darlegen, wie sie aus der Kritik an dem Leak zu dem Schluss kommt, Schmidt kritisiere die Berichterstattung. Tatsächlich aber deutet sie Schmidts Verhalten.

Man kann ja auch der Meinung sein, dass das Leak verantwortungslos ist, sich aber gegen die Berichterstattung selbst aus Pressefreiheitsgründen schwer etwas sagen lässt. Man kann also fragen: Wenn Schmidt die Berichterstattung kritisieren wollte, müsste er sich dann nicht an die bosnischen Medien wenden?

Sind Sie noch wach?

Dann zwischendurch eine gute Nachricht: Im ersten "ZDF-Magazin Royale"-Thread geht es noch um einige weitere Punkte, die man sich auch wieder im Detail anschauen müsste. Unter anderem darum, wofür der "Nationalfeiertag" denn eigentlich steht. Dahinter verbirgt sich die Frage: Ist die Feier denn wirklich so schlimm? Da müssen Sie sich jetzt nicht reindenken. Auf diesen Punkt gehe ich nicht ein.

Die zweite Replik

Am Ende des ersten und im zweiten Thread geht es um die Wahlrechtsreform. Lazarević kritisiert im Kern, man könne nicht einfach behaupten, die Stimme eines Bosniaken zählt so und so mal so viel wie die Stimme eines Serben. Das klinge natürlich nach einer krassen Diskriminierung. Es werde aber unterschlagen, dass es hier um eine von zwei Kammern in einem von zwei Teilstaaten ("Entitäten") geht. In anderen Worten: So bedeutend ist diese Reform gar nicht.

Darauf antwortet die Böhmermann-Redaktion im ersten Thread: Nein, darauf sei man nicht eingegangen. Trotzdem sei die Darstellung richtig, denn die Reform habe "indirekt Einfluss auf die Lage im gesamten Staat Bosnien und Herzegowina". Im zweiten Thread illustriert die Redaktion, warum die Wahlrechtsreform eine große Bedeutung habe – und wie Schmidt sich bei der Umsetzung über mehrere Gerichtsurteile hinwegsetzte.

Eine Frage der Wertung

Das Problem der Debatte ist: Man kann ihr kaum folgen. Und das führt dazu, dass sich kundige Menschen über Details streiten und die übrigen einfach der Seite applaudieren, die sie ohnehin gut finden. Unter dem Thread vom "ZDF Magazin Royal" gibt es viel Zuspruch, unter dem von Lazarević ebenfalls (neben der twitterüblichen Jauche).

Hinzukommt, dass Lazarević und das Magazin teilweise aneinander vorbei argumentieren. Im Falle des Präsidenten-Sohns kritisiert Lazarević, das Magazin habe aus einer Aussage inhaltlich einen falschen Schluss gezogen. Das Magazin antwortet: Nee, wir haben aus einer falschen Aussage den richtigen Schluss gezogen.

Beim Wahlrecht ist es ganz ähnlich: Lazarević kritisiert eine Verkürzung, die zu einem falschen Eindruck führe. Die Böhmermann-Redaktion sagt: Ja, wir haben verkürzt. Aber der Eindruck, den wir vermitteln, bleibt. Am Ende ist es eine Frage der Wertung.

Auch das ist stark verkürzt und wahrscheinlich an einigen Punkten angreifbar. Und jetzt endlich zu dem neuen Vorwurf, der auf den ersten Blick etwas festeren Boden zu haben scheint.

Was bedeutet "nicht antworten"? 

Irgendwer hat Michael Martens die Fragen zugeschickt, die das "ZDF-Magazin Royale" Christian Schmidt gestellt hatte. Fotos davon hat er in einem Twitter-Thread veröffentlicht, in dem er seine Kritik ausführlich erklärt. Das Magazin hatte behauptet, auf Fragen an Schmidt keine Antworten bekommen zu haben. Der Branchendienst "Turi2" fasst Martens' Bericht in der FAZ heute in einer Newsletter-Überschrift so zusammen:

"Jan Böhmermann und Redaktion haben Informationen über Politiker Christian Schmidt verfälscht."

Martens schreibt:

"Die Behauptung der ZDF-Redaktion (…), man habe 'keine Antwort' erhalten, ist schlicht falsch. Man hatte sogar mehrere Antworten erhalten, nur passten die offenbar nicht ins Konzept der Sendung, da sie nicht für einen schnellen Gag taugten. Auch zwei weitere Fragen der Redaktion – zu einem möglichen Diplomatenstatus Danilo Vučićs und dazu, ob Schmidt überhaupt zuständig war – wurden ausführlich beantwortet, fanden aber keine Berücksichtigung."

Und wo wir uns nun schon die ganze Kolumne lang mit Sophisterei beschäftigten. Das "ZDF Magazin Royale" hat noch nicht geantwortet. Man ahnt aber schon, was kommen könnte.

Zum Beispiel: Schmidt hat zwar eine Antwort geschickt, aber er hat auf unsere Frage nicht geantwortet. Also kann man sagen: Schmidt hat nicht geantwortet. Was soll daran falsch sein?

Zum ersten Text von Martens hat das Magazin sich schon geäußert, im zweiten der beiden langen Threads. Martens hatte geschrieben, im Grunde gehe es bei der ganzen Sache um einen Machtkampf. Irgendwer wolle Schmidt loswerden. Und Böhmermann sei hier so etwas wie ein nützlicher Idiot, wie auch schon im Oktober, als der damalige Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik gehen musste, nachdem Böhmermann ihn in seiner Sendung als "Cyberclown" verspottet hatte. Auch ihn wollte man offenbar loswerden.

In ihrem Thread schreibt die Böhmermann-Redaktion:

"Die in einem FAZ-Kommentar geäußerte Vermutung, unsere Sendung sei Teil eines Machtkampfes, 'bei dem es einer kleinen aber energischen Lobbygruppe in Deutschland darum geht, Schmidt abzulösen und durch einen anderen Kandidaten zu ersetzen', ist haltlos."

Und:

"Der Autor dieses FAZ-Kommentars konstruiert hier eine ominöse Theorie – und wir wissen auch warum."

Dahinter steht ein Zwinkersmiley. Das Warum lässt die Redaktion offen.

Sie schreibt: "Das @zdfmagazin freut sich auch weiterhin über jede unsachliche und sachliche Besprechung des @zdfmagazin." Und das würden wir auch so unterschreiben.


Altpapierkorb (Philipp Welte, RBB bekommt neue Struktur, Talkshow mit Rabe, Perspektivenvielfalt, Frontal, Schwarm, Boie)

+++ Götz Hamann und Hanna Knuth haben für die "Zeit" (€) mit Burda-Vorstand und damit auch Klatschblatt-Verleger Philipp Welte über den Kahlschlag bei der Konkurrenz am Baumwall gesprochen. Die Verlage müssen zwar sparen. Die Kosten der Magazin-Produktion seien im vergangenen Herbst durch die höheren Preise für Energie und Papier fünf Mal so hoch gewesen wie im Jahr zuvor, sagt Welte. An Pathos müssen sie offenbar nicht sparen. Welte: "Es gibt Manager, für die sind Medienmarken nur Namen und Zahlen in einer Excel-Tabelle. Für mich ist es mein Leben." Bei der Gelegenheit erneuert Welte auch noch einmal den Wunsch einer Presseförderung, die an die Auflage gekoppelt ist. Man würde die Inhalte dann daran messen, wofür die Menschen sich interessieren, sagt Welte. Das würde allerdings bedeuten: Man würde vor allem das fördern, was in Richtung Unterhaltung geht. Und man würde die Großen vor Wettbewerb schützen (Offenlegung: Ich bin Mitgründer eines kleinen Verlags). Zur von Hamann und Knuth geäußerten Kritik den Burda-Klatschblättern sagt Welte: "Während in den sozialen Medien die Grenzen zwischen Wirklichkeit und verbogener Wahrheit trübe sind, stehen wir presserechtlich gerade für das, was wir veröffentlichen." Und ich weiß nicht, wie Sie das verstehen, ich höre: "Dass wir uns den Gesetzen unterordnen, ist doch irgendwie auch voll nett von uns."

+++ Der RBB, die Skandalnudel unter den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, muss sparen. Insgesamt 49 Millionen Euro. Interimsintendantin Katrin Vernau hat am Mittwoch ein Programm vorgestellt, mit dem sie den Sender neu ausrichten will. Was sie genau vorhat, fasst der Sender in einem mit "In eigener Sache" überschriebenen Bericht zusammen. Ganz interessant: In den ersten Meldungen stand noch, der RBB wolle die Büchersendung von Sophie Passmann nicht weiterführen. Nach 18 Uhr korrigierte man das dann, schreibt Claudia Tieschky auf der SZ-Medienseite (€). Tieschkys Urteil: "Beachtlich ist schon, dass der Sender komplett umgebaut wird von einer Intendantin, die im September 2022 als Übergangslösung für ein Jahr gewählt wurde. Vernau, die bis dahin Verwaltungsdirektorin im WDR war, stand ohne Gegenkandidaten zur Wahl. Nun führt sie nicht nur Krisenmanagement an, sondern eine komplette Neustrukturierung, die den Sender lange über ihre eigene Amtszeit hinaus prägen wird." Bei der Gelegenheit hat Vernau dann auch noch verraten, dass sie den Sender auch gern nach Ablauf ihres Ein-Jahres-Vertrags weiterführen würde, berichtet unter anderem Uwe Mantel für DWDL.

+++ Bertelsmann-Chef Thomas Rabe hat der Belegschaft gestern in einer Art Talkshow noch einmal erklärt, was er am Baumwall alles abholzen wird. Anna Ernst hat sich Mitschnitte ansehen können. Sie beschreibt für die SZ (€) die "Szenen eines Trauerspiels". Inhaltlich hat Rabe nicht viel Neues verraten. Unter anderem sagte er laut Ernst: "Ich habe nicht allzu viele Hinweise gehört, die uns dazu bringen würden, das Konzept zu ändern." Allerdings bestätigte er, dass es für "Geo Epoche" unter Umständen doch weitergeht.

+++ Der Kommunikationsprofessor Christian Pieter Hoffmann hat sich in einer Analyse für die Konrad-Adenauer-Stiftung mit der Frage beschäftigt, wie die politische Ausrichtung im Journalismus und das Vertrauen in Medien zusammenhängt. Auf Helmut Hartungs Blog Medienpolitik.net schreibt Hoffmann in einer Zusammenfassung: "Stärkung verdient (…) eine journalistische Norm, die weniger streitbar ist als Objektivität oder auch Ausgewogenheit: die Perspektivenvielfalt." Punktuell lasse sie sich durch Interviews, Gastbeiträge und Kolumnen herstellen. Anspruchsvoller sei es, die Redaktionen so zu besetzen, dass sich Perspektivenvielfalt ergibt.

+++ Der Twitter-Account des ZDF-Investigativ-Magazins "Frontal" ist vorrrübergehend gesperrt worden. Laut Twitter, weil das Magazin laut Altersangabe minderjährig ist (von allen möglichen Erklärungen, die man sich so hätte ausdenken können, ist das wirklich die beknackteste), nachzulesen unter anderem beim "Spiegel". Es gibt aber auch noch eine andere Vermutung. Am Abend vorher hatte das Magazin einen Beitrag über ukrainische Kinder gezeigt, die nach Russland verschleppt worden sind. Interessanterweise war auch der Account von Autor Arndt Ginzel zwischenzeitlich nur noch eingeschränkt nutzbar. Mutmaßliche Erklärung Twitter: "Der Autor ist für Twitter zu alt."

+++ In der "Zeit" beschäftigt sich Stefan Schmitt mit der Verfilmung von Frank Schätzlings Bestseller "Der Schwarm", die im Altpapier schon mehrfach Thema war (zuletzt gestern). Schmitt findet die Serie diverser und inklusiver als den Roman. Das spiegle die gesellschaftlichen Veränderungen der vergangenen 20 Jahren wider, die vergangen sind, seit das Buch erschienen ist.

+++ "Bild"-Chefredakteur Johannes Boie spricht im Podcast "Apokalypse und Filterkaffee" mit Micky Beisenherz unter anderem darüber, was sich bei "Bild" verändert hat, seit er das Zimmer mit dem Feldbett übernommen hat. Und? Was? Boie sagt: "Bild ist ja immer Law and Order." Und er finde: "Wenn du nach außen Law and Order bist, dann musst auch ein Stück weit selber Law and Order sein." Und das bedeutet? Boie sagt, er habe zum Beispiel (mit harter Hand) ein Interview aus dem Netz genommen, in dem Jerome Boateng schlecht über seine Ex-Freundin Kasia Lenhardt spricht, die sich später umgbrachte. Boie fand das Interview "nicht gelungen". Interessant ist, was bei "Bild" so alles als "Law and Order" durchgeht. Anderswo sagt man einfach: "Wir haben den Quatsch gelöscht."

Das Altpapier morgen schreibt René Martens.

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