Kolumne: Das Altpapier am 1. Oktober 2024: Porträt des Altpapier-Autoren Christian Bartels 5 min
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Kolumne: Das Altpapier am 1. Oktober 2024 von Christian Bartels Machete, Masse, Klasse

Kolumne: Das Altpapier am 1. Oktober 2024 – Machete, Masse, Klasse

Lebhafte Diskussionen rund um die Öffentlich-Rechtlichen-Reform. Neu in der Arena: die Masse-Klasse-Frage. Der ältere Zombie "Presseähnlichkeit" und ein ganz neuer "Medienrat" mischen auch mit.

Di 01.10.2024 10:59Uhr 04:45 min

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Kolumne: Das Altpapier am 1. Oktober 2024 Machete, Masse, Klasse

01. Oktober 2024, 09:48 Uhr

Lebhafte Diskussionen rund um die Öffentlich-Rechtlichen-Reform. Neu in der Arena: die Masse-Klasse-Frage. Der ältere Zombie "Presseähnlichkeit" und ein ganz neuer "Medienrat" mischen auch mit. Außerdem verdienen der noch wenig bekannte deutsche DSC-Beirat und all das, was Microsoft so treibt, Aufmerksamkeit. Heute kommentiert Christian Bartels die Medienberichterstattung.

Porträt des Altpapier-Autoren Christian Bartels
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Das Altpapier "Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren und bewerten aus ihrer Sicht die aktuellen medienjournalistischen Themen.

Der Auftrag & die Spartensender-Frage

Das flutscht ja wie im Lehrbuch der öffentlichen Willensbildung. Kaum dass die Medienpolitik ihre Öffentlich-Rechtlichen-Reformpläne zur Diskussion ins Netz stellte, melden sich immer noch mehr Stimmen kontrovers zu Wort (Altpapier gestern).

Eins der kraftvollsten Bilder wählte der DJV-Chef Mika Beuster: einen Begriff, der vor wenigen Jahren noch leicht exotisch angemutet hätte, inzwischen aber aus dem deutschen Nachrichten-Alltag nicht mehr wegzudenken ist. Dass die Medienpolitik "mit der Machete" operiert, warf Beuster ihr im Deutschlandfunk vor. Klar, die Journalistengewerkschaft ist gegen Kürzungen bei den Öffentlich-Rechtlichen (bei denen sie übrigens, gemeinsam mit weiteren Gewerkschaften, weitere Streiks für 10,5 Prozent mehr Gehalt ankündigt ...)

Beim Macheten-Vorwurf geht's um einen für die breitere Öffentlichkeit augen- und auffälligen Aspekt der Reformen. Bei den Öffentlich-Rechtlichen sollen vier oder sogar fünf der derzeit zehn linearen Spartensender weggesäbelt werden. Dass auch die Intendanten die Idee kritisieren, "erfolgreiche und gesellschaftlich relevante Kanäle pauschal zu streichen" (ZDF-Chef Norbert Himmler), kam schon in den vorigen Altpapieren vor. Die Gegenposition formuliert Helmut Hartung auf medienpolitik.net:

"Über Jahre wurden die Anstalten nicht müde zu betonen, dass es nicht an ihnen läge, dass der Rundfunkbeitrag gegenwärtig 18,36 Euro betrage. Da der Beitrag ein Äquivalent für die Erfüllung des politisch festgelegten Auftrages sei, trage die Politik dafür die Schuld. Jetzt, wo dieser Auftrag leicht modifiziert, an eine sich weiter ändernde Mediennutzung angepasst und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Entwicklungsperspektive geben kann, wird genau dieser Umstand kritisiert. Reflexartig wird wieder Masse gleich Klasse gesetzt, so wie seit Jahrzehnten."

Das Argument und die Überschrift dazu ist dasselbe, eingängig reimende, das die relativ wichtigste Medienpolitikerin, Heike Raab, im dwdl.de-Interview "Wollen mehr Klasse statt Masse" vorbringt.

Aus den Aufsichtsgremien, also Kontrollorganen der Anstalten, die außer der Kontrolle auch immer der Interessenvertretung der Anstalten und ihrer Sender dienen, kommen auch Stimmen. Von Malu Dreyer, als Ministerpräsidentin zurückgetreten, doch weiterhin Vorsitzende des ZDF-Verwaltungsrats, ging breit rum, dass die Spartensender ZDF-Neo und ZDF-Info beibehalten werden sollten. Ein anderes Mitglied des Verwaltungsrats, das ziemlich viel für Transparenz der Gremien getan hat, meldete sich fundierter und ausführlicher zu Wort: Leonhard Dobusch, mit Folge 108 seiner netzpolitik.org-Reihe "Neues aus dem Fernsehrat" (die er als junges Fernsehrats-Mitglied startete, bevor er in den wichtigeren Verwaltungsrat aufrückte).

Da lobt Dobusch erst mal neun oder sogar noch mehr Punkte der Reformpläne, um dann "drei Probleme im Entwurf für den Reformstaatsvertrag" zu kritisieren. Beim Punkt "Kürzung bei Spartenprogrammen" weist er darauf hin, dass das von den Medienpolitikern vorgesehene Modell die ARD gegenüber dem ZDF bevorzugen würde. Denn diese

"Vorgehensweise berücksichtigt ... nicht, dass die Spartenkanäle für ARD und ZDF von unterschiedlich großer Bedeutung sind: während die ARD alleine durch die zahlreichen dritten Programme über eine große Zahl an linearen Angeboten verfügt, sind ZDF Neo und ZDF Info für das Angebot des ZDF von ungleich größerer Relevanz."

Das stimmt. Einerseits sind die Dritten Programme für ihre jeweiligen Sendegebiete natürlich wichtig, wenn sich etwa Nachrichtensendungen speziell für einzelne Bundesländer oder sogar Regionen auseinanderschalten. Allerdings, nach den Nachrichten bedienen sich die Dritten oft aus dem großen ARD-Pool der Tierfilme und Quizshows, Krimis und Schmonzetten. Das entlastet zwar die Budgets und trägt vermutlich zum Einschaltquoten-Steigern bei. Allerdings, zum Eindruck, dass auf einer Vielzahl linearer Programme zeitversetzt das Gleiche bis dasselbe zirkuliert, trägt es ebenfalls bei. Zumal überall in Deutschland nicht nur das jeweils regionale Dritte, sondern mehrere Dritte zu empfangen sind.

Und unter diesem Eindruck leiden dann auch Sender wie 3sat, für den Klaus Raab hier gestern eine Lanze brach. Klar gibt es dort die werktägliche "Kulturzeit" und gelegentlich Opernübertragungen. Aber montags zur sog. besten Sendezeit um 20.15 Uhr zeigt 3sat Tierfilme (gestern: "Bodensee – Wildnis am großen Wasser"). Dienstags, so auch heute abend, muss es Krimis aus den unerschöpflichen Vorräten des ZDF auftragen. Auch das hilft bei Budgetplanung und Quote. Allerdings, zum Eindruck, da einen Kultursender eingeschaltet zu haben, führt ausgerechnet zur sog. besten Sendezeit eher nicht.

Da wird sich die aktuell so gern aufgeworfene Klasse-Masse-Frage stellen. Zum Beispiel ob es gelingt, die "Kulturzeit" auch dann zu bewahren, wenn es das lineare 3sat nicht mehr geben sollte. Dem Wortlaut der bestehenden Staatsverträge und der Reformstaatsverträge nach dürfte "Kultur" auch in Dritten und Zweiten Programmen und sogar im Ersten regelmäßig gesendet werden. So gewöhnungsbedürftig das gerade klingen mag.

Übrigens veröffentlichten ARD, ORF und SRF, also drei der vier am deutschsprachigen Dreiländersender 3sat beteiligten Anstalten, gerade eine Pressemitteilung über ihre "erfolgreiche Zusammenarbeit". Von 3sat ist darin keine Rede. "Kultur" kommt immerhin in der Floskel "kulturellen Austausch fördern" vor. Aber eher geht's um Krimis und Tierfilme. (Wobei berücksichtigt werden muss, dass die öffentlich-rechtlichen Programmfamilien sich gegenseitig als Rivalen betrachten und 3sat als ZDF-gesteuertes Beiboot kein ARD-Liebling ist ...)

Der Beitrag & die Presseähnlichkeit

Der alleraugen- und auffälligste Aspekt der ÖRR-Reformen, das sind natürlich der Rundfunkbeitrag und seine künftige Höhe. Dazu hat die "FAZ" eine Breaking News. Bzw. hat sich von einem Haudegen noch mal wieder sagen lassen, was alle sich sowieso denken konnten:

"In einer Zeit, in der viele Produktionsbetriebe und die Landeshaushalte sparen müssen, ist es dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zuzumuten, bei Gesamteinnahmen von fast 10 Milliarden Euro mit 2,5 Prozent weniger auszukommen, zumal es noch Rücklagen gibt",

sagt Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff im guten Gefühl, dass er damit längst nicht mehr so alleine steht wie 2021 (und in dem, dass er als einer wenigen ostdeutschen Länderchefs gerade nicht schwierige Duldungsverhandlungen mit völlig anderen Parteien führen muss). Das bedeute, dass es "auf absehbare Zeit auch keine Beitragserhöhung gibt", übersetzt der bereits erwähnte Interviewer Helmut Hartung in der Spalte daneben, damit es niemand nicht versteht.

Eine komplexere Baustelle derselben Reformen stellt die Kategorie "Pressesähnlichkeit" dar. Schon der Begriff sei ein "Retro-", ja "Zombie-Konzept", ärgert sich Leonhard Dobusch. Heike Raab formuliert es bei dwdl.de so:

"Der Begriff der Presseähnlichkeit ist richtigerweise zu hinterfragen. Es macht keinen Sinn, Buchstaben zu zählen. Wir wollen, dass der Rundfunk Bewegtbild und Audio in den Vordergrund stellt. Das heißt ja nicht, dass es keine Texte geben darf. Aber es ist alles eine Frage der Verhältnismäßigkeit."

Wobei, huch, das hier selbst ein schon verhältnismäßig langer Text auf einer öffentlich-rechtlichen Webseite ist. Andererseits, dieser Text ist jetzt schon so lang und enthält so viele externe Links, dass keinerlei Presse mehr ähnlich ist. Jedenfalls bleibt auch diese Baustelle ein heißeres Eisen, wie Volker Nünning für mmm.verdi.de in einem Beitrag speziell darüber zeigt. Florian Hager, den Hessischer Rundfunk-Intendanten und künftigen ARD-Vorsitzenden, zitiert er mit der Aussage, dass es sich da um eine "sehr negative Seite" der Reformpläne handele.

Immer neue Räte...

Ob dazu womöglich der neue, sechsköpfige Medienrat, der auch noch neu eingeführt werden soll, und zwar zwecks Evaluierung der Auftragserfüllung der Öffentlich-Rechtlichen, zu dem Thema was sagen wird? Zu diesem neuen Rat wird gerade auch allerhand gesagt. "Wichtig ist, dass dort nicht nur Verfechter des bisherigen Systems sitzen, sondern Fachleute, die die Lebenswirklichkeit der Menschen kennen", führt Reiner Haseloff eine schön klingende, freilich leichter ausgesprochene als mit Lebenswirklichkeit gefüllte Kategorie in die Diskussion. Dobusch sieht in der Idee eines Aufsichtsorgans, "das über alle Anstaltsgrenzen hinweg das Gesamtsystem im Blick hat", Charme – auch wenn er als Mitglied eines anderen Rats weiß, dass "manche durch so einen Medienrat eine Beschneidung von Kompetenzen bestehender Rundfunk- und Fernsehräte befürchten".

Tatsächlich gibt es jede Menge solcher Räte: Rundfunk-, Fernseh- und Verwaltungsräte in allen Anstalten, den inzwischen ehemaligen Zukunftsrat, den künftigen Medienrat. Und dann noch den auch neuen DSC-Beirat!

"Die Idee, der Aufsichtsbehörde einen Beirat an die Seite zu stellen, ist keine Vorgabe aus dem Digital Services Act, sondern gewissermaßen eine deutsche Innovation. Ziel ist es, Perspektiven aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft zu Wort kommen und in die Durchsetzungsarbeit einfließen zu lassen",

schrieb Beirats-Mitglied Svea Windwehr vorige Woche bei netzpolitik.org unter der Überschrift "Geschichten aus dem DSC-Beirat", die klingt, als könnte daraus auch eine Reihe à la "Neues aus dem Fernsehrat" mit dereinst dreistelliger Folgen-Anzahl entstehen.

Wobei es sich da um ein ziemlich anderes Feld handelt. Netz-/Digitalpolitik hat in Deutschland ja mit Medien-/ Rundfunkpolitik (dummerweise) kaum etwas zu tun. DSC steht für "Digital Services Coordinator", die in allen EU-Staaten vorgesehene nationale Instanz, um die Umsetzung des Digitale-Dienste-Gesetzes DSA zu koordinieren. In Deutschland wurde nach langem politischen Ringen die Bundesnetzagentur zum DSC bestimmt, die sich aber mit den Landesmedienanstalten und weiteren Institutionen mit tief verkrusteten Kompetenzen ins Benehmen setzen muss. Ob da "Durchsetzungsarbeit" funktioniert, ohne die Entscheidungsprozesse ins Unermessliche zu dehnen, ob die Netzagentur, die auch die Netze der Stromleitungen und der Eisenbahn im Blick, aber mit Medien keinerlei Erfahrungen hat, als DSC überhaupt eine gute Wahl war (die womöglich damit zusammenhing, dass sie zum Geschäftsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums gehört, dessen Chef zwar in letzter Zeit bei vielen Entscheidungen kein glückliches Händchen hatte, aber als Vizekanzler wichtig ist und als Kanzlerkandidat bleiben dürfte ...), darüber dürften sich allerhand Geschichten erzählen lassen.

Wenn Svea Windwehr etwas mehr Distanz zu den Behörden und Institutionen zeigt, könnte das eine spannende Rubrik werden.

Nur zum Beispiel: Microsoft

Stoff gibt's mehr als genug. Eine Liste der durch den DSA als VLOPS ("Very Large Online Platforms") eingestuften Angebot, die durch den DSA insbesondere reguliert werden sollen, wäre hier zu finden. Wer da etwa drinsteht: Microsoft Ireland Operations Limited, allerdings nicht als nicht als Datenkrake, dessen Betriebssystem und weitere Software auf sehr, sehr vielen Computern vorinstalliert ist, sondern mit seiner Suchmaschine. Wobei Bing wohl weniger wegen spezieller Such-Qualitäten oder irgendwelchen Datenschutzes wegen groß genug für die Einstufung als VLOP wurde, sondern eher, weil es auf so vielen Geräten vorinstalliert ist.

Zu Microsoft hatte ich im Freitags-Altpapierkorb einen "SZ"-Feuilleton-Beitrag von Andrian Kreye empfohlen. "Microsoft, die zweitgrößte Firma der Welt, wird den Reaktorblock 1 des Atomkraftwerks Three Mile Island bei Harrisburg in Pennsylvania wieder in Betrieb nehmen, um ihre Datenzentren für künstliche Intelligenz mit Strom zu versorgen", lautete das Zitat. Es lohnt weiterhin, den Beitrag zu lesen. Kreye sprach etwa mit Aimee van Wynsbergh, "kanadische Professorin für künstliche Intelligenz an der Universität Bonn", und bringt die griffige Info, "dass eine Suchanfrage bei Chat-GPT zehnmal so viel Strom verbraucht wie eine bei Google: 0,0092 Kilowattstunden." Wobei der Microsoft-Zusammenhang darin besteht, dass Microsoft, so retro seine Geschäftsmodelle erscheinen mögen, beim kommerziellen Arm von ChatGPT dick drinsteckt und daher höchste Energiemengen benötigt. Und wem Harrisburg nichts sagt: "In Amerika hat das Kraftwerk einen ähnlichen Ruf wie Tschernobyl und Fukushima, weil es 1979 im Reaktorblock 2 zu einer teilweisen Kernschmelze kam", erläutert Kreye, wie der Ortsname einst die globale Anti-Atomkraft-Bewegung entzündete.

Wer keinen "SZ"-Zugang hat: Dieselbe Nachricht gab und gibt es, mehrere Komplexitätsebenen drunter und ohne jegliche KI- oder Microsoft-Kritik, vielmehr unter der konstruktiv-aufbauenden Überschrift "Microsoft gibt Atomkraftwerk von Harrisburg ein zweites Leben" auch im "FAZ"-Wirtschaftsressort. Und nicht nur dort, bei MSN gibt's die Nachricht unter derselben konstruktiv-aufbauenden Überschrift überdies. MSN, MSN ... das ist eins der Angebote, die Microsoft Ireland Operations Limited auf viele Computer drückt, deren Nutzer solchen Bullshit nicht abgestellt haben, und die rund um die "FAZ"-Nachricht herum, offenkundig erfolgreich genau dieselbe Werbung abgreifen, mit der Presseverlage ihre Onlineangebote auch zu finanzieren versuchen.

Bei aller Konkurrenz zwischen öffentlich-rechtlichen und privatwirtschaftlichen Sendern und Verlagen in Deutschland und EU-Europa: Dass solche großen Fische die eigentlichen Wettbewerber sind und dass die von ihnen immer weiter zementierten krass schädlichen Digital-Monopole (wie hier kürzlich Martin Andree/ Karl-Nikolaus Peifer zitiert wurden) das jedenfalls viiiel größere Problem darstellen, sollte niemand vergessen.


Altpapierkorb (Assange, Astrologie im ÖRR, Journalismus & PR, "Berliner Zeitung"-Streit, liebe "Zeit")

+++ Just während dieses Altpapier in die heiße Produktionsphase ging, begann, auf Youtube übertragen, Julian Assanges Pressekonferenz in Straßburg. Seine erste öffentliche nach jahrelange Folter-ähnlicher Einkerkerung in England ... +++

+++ Kommt alles, was in den USA medial geschieht, bald darauf nach Deutschland? Womöglich kommt aber auch bloß alles, was in Österreich läuft, rüber. Dann dürfte demnächst die Frage drohen, ob Astrologie-Shows zum öffentlich-rechttlichen Auftrag gehören (wie der "Standard" anhand einer ORF-Sendung und Kritik einer Stiftungsrätin daran schildert). +++

+++ "Übermedien"-Chefredakteur Alexander Graf hätte gern die alte, aber vielleicht viel zu lang zurückliegende Diskussion, ob Journalisten denn auch PR machen dürfen, "noch einmal ganz von vorne geführt ... Denn zum einen wird die Situation für Freie immer prekärer, die Zwänge werden also größer. Zum anderen haben junge Medienschaffende heute in den sozialen Netzwerken Sichtbarkeit und Reichweiten, die ihnen ganz neue Einkommensmöglichkeiten unabhängig von Medienhäusern eröffnen", schreibt er anhand eines bzw. mehrerer konkreter Fälle. Über den Anlass, Aktivitäten der "Gen-Z-Journalistin" Carlott Bru, berichtete als erstes wohl die "Berliner Zeitung", die ja aber doch "in den vergangenen Jahren durch einen fragwürdigen redaktionellen Kurs" auffiel, schreibt Graf. +++

+++ Denn um die "Berliner" läuft wieder ein Medien-Streit. Auf den "Spiegel"-Artikel (Altpapierkorb gestern), der ausführlich alle Aufreger rund um das Blatt nacherzählt, nachdem dieses seine wirtschaftlichen Erfolge verkündet hatte (Altpapier), reagierte die "Berliner" mit einem Offenen Brief ("Woher kommt diese Lust am taktischen Foul?") ihrer Chefetage, aber ohne Herausgeber. Und "Übermedien"-Gründer Stefan Niggemeier reagierte darauf dann auch. +++ Genau solche Streits, auch wenn oder gerade weil offensichtlich niemand ganz schwere Vorwürfe erhebt, zeugen immerhin von einer lebhaften, vielfältigen Medienlandschaft. Zumal wenn sie erfrischenderweise mal zwischen privatwirtschaftlichen Akteuren ganz ohne ÖRR-Aspekte geführt werden. Wenn "Spiegel"-Autor Stefan Kuzmany die "BLZ" als "ostdeutschtümelndes Wutbürger-Organ" bezeichnet, trifft das sicher einen Punkt. Aber Uniformität in der Berichterstattung ist ja kein erstrebenswertes Ideal (und wurde es auch nicht dadurch, dass weite Teile der deutsche Medienlandschaft jenseits der "Berliner", aber mit dem "Spiegel" mittendrin, es dennoch erreichten ...). +++

+++ "Liebe Zeit, warum gibst du dich für so einen Stuss her? Aber vielleicht heuert Schlesinger ja bald bei euch an. Chefredakteur Giovanni di Lorenzo hat ja gerade die 65 vollgemacht. Und dann gnade uns die Göttin!", kolumnierte Steffen Grimberg dann noch in der "taz" zum großen Patricia-Schlesinger-Artikel in der Wochenzeitung, um den es im Altpapier natürlich auch ging. +++

Das nächste Altpapier schreibt am Mittwoch Jenni Zylka.

 

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