Der "Star unter den Königen" Sachsens letzter König - Friedrich August III.

17. Dezember 2021, 15:07 Uhr

Eine halbe Million Menschen begleitete den Sarg König Friedrich Augusts III., als dieser am 22. Februar 1932 in Dresden eintraf. Der letzte König Sachsens war in der Bevölkerung ungemein beliebt. Vor 100 Jahren verzichtete er auf seinen Thron.

Als König Friedrich August III. am 15. Oktober 1904 den sächsischen Thron bestieg, wurde seine Antrittsrede mit Spannung erwartet. Das Volk war seinen machthungrigen und egoistischen Vater, Georg Friedrich von Sachsen, Leid und dürstete nach Veränderung. Und es wurde belohnt: Friedrich August versprach, ein guter König für seine Untertanen zu werden.

Der sächselnde König

Der König reiste fortan viel. Meist waren es Einweihungsveranstaltungen, zu denen der er geladen wurde. Friedrich August war ein gern gesehener Schirmherr. Auch weil er - im Gegensatz zu anderen Monarchen - lange Reden hasste. Er sächselte hemmungslos. Das nahm seinen Auftritten jedes Pathos. Je schlichter die Anlässe, umso wohler fühlte sich Friedrich August. Bald machten rührende Geschichten über den volkstümlichen Monarchen die Runde.

So traf Friedrich August bei einem Besuch in einem Feldlazarett auf Soldaten mit einem Küchenkessel voll dunkler Brühe in den Händen. "Löffel her", verlangte der König. Der begleitende Arzt wollte ihn davon abhalten: "Aber Majestät!" Friedrich August erwiderte: "Löffel hab ich gesaacht, das geniegt doch." Also bekam er den Löffel, kostete die Brühe und spuckte gehörig. "Pfui, Deifel! Das schmegkt ja wi Uffwaschwasser! Was soll’n das sein?", rief Friedrich August. "Aufwaschwasser, Majestät", antworteten die Soldaten.

Mit den Jahren wurde der König oder der "Geenich", wie ihn seine Untertanen nannten, zum allseits geschätzten Landesvater. Nicht nur der Geschichten wegen, die man sich über Friedrich August erzählt. Es lebte sich einfach gut unter seiner Regentschaft. Deutschland war die führende Industrienation Europas. Eine Modernisierungswelle rollte durchs Reich und erfasste auch Sachsen.

Der gehörnte König

Noch eine andere Geschichte verschaffte ihm große Beliebtheit - seine Ehe mit Luise von Toscana. "Flucht der Landesmutter Luise", "Irrenhaus! - Das Drama ist zu Ende" - so titelten sächsische Tageszeitungen 1903 den ganz Europa interessierenden Ehestreit von Friedrich August III. und seiner Frau Luise. Die erste und einzige Liebe des Monarchen endete im Fiasko, Luise von Toscana flieht mit dem Hauslehrer ihrer Kinder. Die lebenslustige Prinzessin und der ernste, auf Pflichterfüllung getrimmte Thronfolger passen nicht zueinander.

Verdutzt muss Friedrich August feststellen, dass Presse und Untertanen auf der Seite der untreuen Gattin standen. Die Dresdner Rundschau stilisierte Luise gar zum unschuldigen Engel. Ganz allmählich aber kippte die öffentliche Meinung. Denn während die schöne Luise in der Fremde von Affäre zu Affäre stolpert, der Hauslehrer war schon nach ein paar Wochen vergessen, profilierte sich Friedrich August daheim als alleinerziehender Vater und erweichte die Herzen der Sachsen.

Sachsens letzter König dankt ab

Dresden im November 1918 - die Revolution hatte Sachsen erreicht. König Friedrich August III. verließ seine Residenz ohne Widerstand. Er verzichtete auf jede Gewaltanwendung zur Rettung seines Thrones und machte kampflos den Weg frei zur Errichtung der Republik. Die über 800 Jahre währende glanzvolle Herrschaft der wettinischen Fürsten endete unspektakulär, ohne Tote und Verletzte. Und auch wenn der Ausspruch des Monarchen "Macht doch Eiern Dreck alleene" nicht verbürgt ist, er könnte die Gemütslage Friedrich Augusts treffen.

Auch zu seiner Abdankung kursieren Anekdoten. Kurz nach der Novemberrevolution musste Friedrich August in seinem Exil, Schloss Sibyllenort in Schlesien, seinen Förster entlassen. Als er ihn Wochen später erneut im Walde antraf, wunderte er sich" Was machn Sie denn noch hier, Brausewäddr? Sie sinn doch längksd endlassn!" Brausewetter erwidert, es sei ihm nicht ordnungsgemäß gekündigt worden, worauf der Exkönig sprach: "Glohm Sie filleichd, daß mir ordnungsgemäß geginndjd wordn iss?"

Tote und Verletzte bei der Trauerfeier

Am 21. Februar 1932 starb Friedrich August im Alter von 67 Jahren an den Folgen eines Gehirnschlags. Einen Tag später traf der Leichnam des Königs in Dresden ein. An einem nasskalten Montagmorgen säumten Hunderttausende die Straßen. Zu dumpfen Trommelschlägen wurde der Sarg auf einem Feldgeschütz durch das Spalier der Trauernden vom Hauptbahnhof zur Hofkirche gezogen. Der Notdienst zählte Hunderte Verletzte, ja sogar zwei Tote.

Bei der Trauerfeier waren überall Uniformen und Insignien der alten Monarchie zu sehen. Auch wenn der Schein trog: Deutschland war eine Republik. Doch politisch labil und wirtschaftlich war das Land schwer angeschlagen. Allein in Sachsen waren 1932 600.000 Menschen ohne Arbeit. Viele sehnten sich nach den alten Zeiten zurück. Der tote König schien die Idealfigur für diese Projektionen. Ein volkstümlicher, gutmütiger Monarch, ein treusorgender Vater, so erinnerte man sich seiner mit Wehmut.

Über dieses Thema berichtete MDR Aktuell auch im TV: 03.11.2018 | 22:30 Uhr