Mi 13.09. 2023 18:00Uhr 60:00 min

MDR KULTUR Unter Büchern geht auf Tuchfühlung mit neuem Lesestoff

Komplette Sendung

Katrin Schumacher 56 min
Bildrechte: MDR/Hagen Wolf
MDR KULTUR - Das Radio Mi, 13.09.2023 18:00 19:00
Empfehlungen aus dem Bücherherbst – von inneren Welten bis mystische Fauna, von toten Tieren bis lebendiger Erinnerung. Präsentiert von Katrin Schumacher.

* 18:10 Uhr - Marion Poschmann: Chor der Erinnyen. "Die vielleicht erstaunlichere Leistung der Sprache ist, daß sie sich selbst unterläuft. Sie etabliert eine Eindeutigkeit und verwischt sie wieder", schreibt Marion Poschmann in einem ihrer Essays. Poschmann, 1969 in Essen geboren, gehört zu den sprachbewussten, aus der Sprache heraus die Wirklichkeit neu schaffenden Autoren – ihr aus Romanen und Lyrikbänden bestehendes Werk ist begleitet von klugen theoretischen Betrachtungen zum Wirklichkeitsgehalt und zur Wirkmacht von Dichtung. Spätestens mit ihrem 2013 erschienenen Roman „Die Sonnenposition“ hat sie sich auch ein größeres Publikum erschrieben. Sie war nicht nur nominiert für den Deutschen Buchpreis, sondern wurde 2013 zudem mit dem Wilhelm Raabe-Literaturpreis ausgezeichnet. In ihrer Laudatio auf die Raabe-Preisträgerin wies Sigrid Löffler darauf hin, dass Poschmann sowohl in ihrer Lyrik als auch in ihrer Prosa gerne von Natureindrücken ausgehe. Das gilt auch für ihren neuen Roman "Chor der Erinnyen". Ulrich Rüdenauer hat ihn für uns gelesen.

* 18:20 Uhr - Angelika Klüssendorf: Risse. Spätestens seit ihrer hochgelobten Trilogie "Das Mädchen", "April" und "Jahre später" aus den Jahren 2011-2018 gilt Angelika Klüssendorf als eine der renommiertesten deutschsprachigen Autorinnen. Eine Schriftstellerin, die die Kunst der autofiktionalen Erzählung, des Schreibens entlang des eigenen Lebens, zu einer Perfektion gebracht hat, die einzigartig ist. Mit dem Band "Risse" liegt nun ein Buch mit Erzählungen von Angelika Klüssendorf vor und der Verlag kündigt es als Vorgeschichte der Erfolgsromane an. Alexander Suckel stellt das dunkle und berührende Werk vor.

* 18:30 Uhr - Marica Bodrožić: Mystische Fauna. Von der Liebe der Tiere. In den Romanen, Essays und Gedichten von Marica Bodrožić haben Tiere einen besondere Rolle als Vermittler einer poetischen Idee. "Die Arbeit der Vögel. Seelenstenogramme", "Pantherzeit. Vom Innenmaß der Dinge" oder "Das Gedächtnis der Libellen" heißen Titel ihrer Bücher. Die 1973 in Dalmatien geborene Autorin kam mit zehn Jahren nach Deutschland. Inzwischen ist ein beträchtliches Oeuvre entstanden; die Autorin wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Kranichsteiner Literaturpreis, dem Walter Hasenclever Literaturpreis und im vergangenen Jahr mit der Chamisso Poetikdozentur in Dresden. Nun ist im Verlag Matthes & Seitz ihr neues Buch erschienen. Darin übernehmen Tiere wiederum eine zentrale Rolle - als Wegbegleiter und Vermittler von Erinnerungen, aber auch als Impulsgeber für Bodrožić’s spirituelle Vorstellung des Lebens. Eva Gaeding stellt das Buch vor.

* 18:40 Uhr - Uwe Timm: Alle meine Geister. Er ist einer der wichtigen deutschsprachigen Schriftsteller der vergangenen 50 Jahre, auch wenn man ihn etwas vorschnell oft als Bestsellerautor klassifiziert hat, nur weil er seine Literatur auch zu verkaufen wusste. Und doch gehört sein Werk zur engagierten Literatur, die noch lange unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges stand. Seine Bücher beschäftigen sich auch deshalb immer wieder mit den Schlachten des Nationalsozialismus – so erinnerte Uwe Timm 2003 an seinen Bruder, der im Krieg gefallen ist. "Am Beispiel meines Bruders" war ein großer Erfolg, ebenso die mustergültige Novelle "Die Entdeckung der Currywurst" 1993 oder, noch früher, der postkoloniale Afrikaroman "Morenga" 1978. Auch die Allerkleinsten dürften früh etwas von der Literatur Uwe Timms gehört haben. Sein "Rennschwein Rudi Rüssel" wurde als 39-teilige Serie für die ARD verfilmt. Eine Zeit lang gab es sogar bei IKEA einen "Rudi Rüssel"-Teller. Seine berufliche Laufbahn hat Uwe Timm allerdings handfest begonnen: als Kürschner, womit er notgedrungen in die Fußstapfen seines Vaters getreten ist. Über die Zeit mit den toten Tieren erzählt Uwe Timm nun in seinem heute erscheinenden Erinnerungsbuch "Alle meine Geister". Jan Drees stellt es vor.

* 18:50 Uhr - Deutsche Verlagskonzerne zeigten bisher selten Interesse am Werk der 1954 in Paris geborenen Erzählerin Cecile Wajsbrot. Die Übersetzungen ihrer großartigen Texte erschienen deswegen stets in kleinen Editionshäusern wie Matthes & Seitz oder Liebeskind. Der jüngste Roman der Autorin, die von polnischen Holocaustüberlebenden abstammt, wurde im unabhängigen Wallstein Verlag publiziert. Er trägt den Titel "Memorial" Dort hat die Autorin seit 2019 Fuß gefasst und unser Literaturkritiker Ulf Heise meint, dass es längst an der Zeit ist, diese Künstlerin hierzulande einem weitaus breiteren Publikum zu empfehlen.

Und zum Schluss… Von hier für da: Gedichte für die Gegenwart. Jede Woche stellen wir einen Lyriker, eine Lyrikerin der aktuellen Szene in Mitteldeutschland vor. Heute geht es um den kürzlich erschienenen neuen Gedichtband "Meine Faust" und der wurde geschrieben von der 1979 in Wolfsburg geborenen Sibylla Vričić Hausmann. Sibylla Vričić Hausmann studierte am Deutschen Literaturinstitut leipzig und debütierte 2018 mit dem Gedichtband "Drei Falter". 2022 dann folgte "Meine Faust" beim Verlag kookbooks. Daraus hören wir ein Gedicht - gelesen von der Autorin.

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