Interview mit Oliver Kalkofe "Damit Menschen wieder den eigenen Kopf benutzen"

03. August 2021, 17:51 Uhr

Als er in den 90er Jahren mit Satire im Radio und Fernsehen begann, musste Oliver Kalkofe immer wieder erklären, was er da eigentlich tut. Heute sieht er eine Chance darin, dass Satire ernste Themen mit Humor transportiert und dadurch mehr Menschen für Politik interessiert.

Markus Hoffmann: Hallo und herzlich willkommen bei MEDIEN360G. Heute habe ich hier einen ganz besonderen Gast: Oliver Kalkofe, Satiriker seit der ersten Stunde, in den 90er Jahren ganz groß. Herzlich willkommen. Schön, dass Sie Zeit für uns heute haben, Herr Kalkofe.

Oliver Kalkofe: Danke, sehr. Ich freue mich sehr, dass ich dabei sein kann.

Markus Hoffmann: Herr Kalkofe, jetzt habe ich einen Beitrag gesehen, dass war die zweite Folge, von 1994 glaube ich - korrigieren sie mich, der Mattscheibe. Wie hat sich das Ganze für Sie verändert in dieser Zeit, wenn Sie jetzt auf die letzten 25 Jahre zurückblicken?

Oliver Kalkofe: Also in den 90ern hat sich der Humor in Deutschland, in den Medien, im Fernsehen hauptsächlich damals und auch im Radio - da habe ich angefangen - komplett verändert. Vorher, da muss man sich immer so ein bisschen wieder zurückbesinnen, war das eher so eine humoristische Wüstenlandschaft, die es bei uns gab. Bei uns in Deutschland wurde eigentlich nur unterschieden zwischen Kabarett, das war ernsthaft, aber nicht lustig und politisch, und Blödelei, also die sogenannten Blödelbarden und Witzeerzähler. Das war zum Lachen, aber ohne Hintergrund. Und erst in den 90ern merkte man: Okay, man kann auch lachen und darf dabei trotzdem nachdenken. Das ist kein Widerspruch in sich.

Aber ich erinnere mich daran, dass ich gerade in den Neunzigern, als ich im Radio und im Fernsehen begonnen habe, immer wieder hören musste: "Was willst du eigentlich? Willst du hier was aufklären, willst du hier Fernsehkritik machen, oder willst du lustig sein?" Und ich musste immer erklären: "Eigentlich beides." Satire war zu der Zeit kaum bekannt, höchstens aus Büchern, aber nicht wirklich auf der Bühne oder im Fernsehen. Und das hat sehr, sehr lange gedauert und erst durch den Einfluss der Comedy aus Amerika und England, ob es jetzt so etwas war wie Saturday Night Live oder Monty Python oder ähnliches, kam man hier bei uns in Deutschland darauf zu verstehen, wie Humor noch funktionieren kann. Und heute hat man dadurch so eine Art von Satire. Also man redet über Satire, das heißt Humor mit ein wenig Anspruch, bei dem man auch mitdenken und -lachen kann und darf und soll. Und man redet nicht mehr so von Kabarett, das klingt meistens ein bisschen zu angestaubt. Und Comedy ist fast schon ein Schimpfwort. Und deswegen ist heute fast alles Satire geworden. Aber das war ein sehr, sehr langer Prozess in Deutschland.

Markus Hoffmann: Jetzt vereinen Sie ja eine gute Mischung zwischen Comedy und Satire. Sie sprachen gerade über Monty Python. Was sind Ihre Inspirationen gewesen als Sie angefangen haben. Was waren Ihre Idole, wo Sie hoch geschaut und gesagt haben: "Ja, das ist es, da will ich ran?"

Oliver Kalkofe: Also die Idole kamen wirklich aus dem Ausland, kamen meistens aus England. Monty Python war ganz richtungsweisend. Dann auch frühe Sachen von Rowan Atkinson, Blackadder und ähnliches. Dann die Filme der Zucker-Brüder, was eigentlich mehr Parodien waren zum Beispiel: Die nackte Kanone, Airplane und ähnliches. Es war einfach eine neue Art von Humor, sich mit der Realität auseinanderzusetzen, indem man sie eben auch parodiert. Auch das war hier noch so ein bisschen ein ganz neues Feld.

Und die habe ich ganz begeistert aufgesogen und mir eigentlich immer nur gedacht, warum geht so was nicht bei uns? Warum kann man bei uns nicht so etwas machen wie Monty Python? Und dann bin ich zum Radio gekommen, zum Frühstücksradio bei Radio FFN, damals in Norddeutschland, und dann auch zu Premiere mit der Mattscheibe und konnte so, wenigstens im Kleinen, ein bisschen anarchistischen Humor machen, den man in dieser Form noch nicht kannte, auch wenn ihn lange keiner verstanden hat. Vor allem dieser Punkt, Kritik und Humor zu verbinden, war sehr unüblich in den 90ern. Und auch, ein bisschen böser oder klarer zu sein. Man war beim Humor immer sehr vorsichtig, sehr höflich, sehr, sehr respektvoll. Und man hat auch nicht so sehr Humor verstanden, weil man in Deutschland noch nicht so sehr die Selbstironie gelernt hatte, also über sich selber zu lachen. Man nahm sich sehr, sehr ernst, und deswegen war gerade in den 90ern die Form von lustiger und auch böser Fernsehkritik, die ich in der Mattscheibe gemacht habe, immer wieder Anlass zu sagen: "Darf man das? Darf man denn solche Sachen sagen? Ist das nicht zu hart, ist das nicht ungehörig und frech und böse?" Und es war auch eine spannende Erfahrung.

Dann bekam ich irgendwann den Grimme-Preis, 1995 oder so, und auf einmal verstummte diese Frage. Keiner hat danach mehr gefragt. Davor hat mich quasi jeder gefragt und dann - zack - nicht mehr. Und ich erinnere mich an den Abend, als es den Grimme-Preis gab. Bei der After-Show-Party kam eine ältere Dame zu mir und sagte: "Mein Sohn schaut Sie immer und findet das sehr gut. Aber ich habe immer gesagt, das wäre Schwachsinn." Und da habe ich gesagt: "Ja, sehen Sie, Sie haben sich geirrt. Ich habe jetzt einen Grimme-Preis." Und sie so: "Ja, da muss ich das wohl mal überdenken." Und dann ging sie weg. Also (das ist auch) ein sehr deutsches Phänomen. Man traut nicht dem eigenen Humor, man traut nicht dem eigenen Empfinden, sondern wartet erst, ob der offizielle Gütestempel da drauf ist und ein Grimme-Preis sagt, "das ist guter Humor, da darf man drüber lachen. Alles in Ordnung, dürfen Sie." Das hat dann den großen Umschwung gebracht und in der Mitte der 90er ging dann eigentlich die Welle los, dass da in Deutschland ganz viel passierte.

Markus Hoffmann: Auf meiner Recherchereise habe ich dazugelernt, dass gerade die Nachrichtensatireformate, die in den letzten zehn bis 15 Jahren wirklich Hochkonjunktur haben in Deutschland, ob es die heute-show ist oder das "Neo-Magazin" oder auch extra 3 - da haben wir mit Andreas Lange gesprochen, der gesagt hat, wie wichtig Recherchen sind, die gemacht werden. Sie haben auch den journalistischen Hintergrund, aber es gibt viele andere Satiriker, die das eher als Kunstform verstehen vielleicht und gar nicht einen journalistischen Anspruch haben. Zwei Fragen damit verbunden: Wie bereiten Sie sich selber auf Ihre Satire vor, in Form von Recherchen? Und meinen Sie, dass andere Satiriker das ähnlich genau nehmen oder ob es da Unterschiede gibt?

Oliver Kalkofe: Also ich glaube, es gibt definitiv Unterschiede. Und ich glaube, da darf man weder sich selber noch die Kollegen zu sehr überschätzen. Als alleinstehender Satiriker ist es natürlich schwer, da kann man gar nicht die ganze Rechercheleistung erbringen, die eine Redaktion wie die der heute-show oder extra 3 oder ähnliches erbringen. Oder auch Böhmermann, wo man merkt, wieviel Recherche da inzwischen in der Arbeit drinsteckt.

Man selber kann, glaube ich, nur zu einem großen Teil die grobe Alltags-Recherche erbringen. Das heißt, man kann versuchen, Informationen zu sammeln, man kann irgendwie im Internet oder durch andere Dinge versuchen, das herauszubekommen, was man zum Untermauern der Geschichte braucht. Und das ist natürlich auch immer ein möglicher Fehlerpunkt, der einen irgendwie einholen kann oder wo man plötzlich auch ein Fehler begehen kann. Ist ja ganz klar.

Gerade heute ist es verdammt schwierig, unter richtigen und falschen Informationen, zwischen echten Meldungen und Fake-News und so weiter zu unterscheiden. Das führt auch oft, mehr oder weniger, zu einem Missbrauch der Satire, weil viele Leute sich Falschmeldungen entweder selber ausdenken oder benutzen, um dann einen Gag oder ein Witz zu machen, um etwas auszusagen, was sie gerne möchten, auch wenn es gar nicht stimmt. Es ist eine Gefahr in der Satire, wie auch bei allem anderen, weil es für uns, glaube ich, als Nutzer und als Menschen ganz generell immer schwieriger ist, auseinanderzuhalten, wo man die Wahrheit oder etwas, was der Wahrheit wenigstens einigermaßen nahekommt, erfahren kann. Oder wo man einfach auch ganz dreist und offen angelogen wird.

Markus Hoffmann: Bleiben wir kurz bei dem Thema, dass heute vieles als Satire (verstanden werden will). Wir haben in unserem Beitrag auch einen Ausschnitt von dieser #allesdichtmachen-Aktion, die es vor ein paar Monaten gab. Wurden Sie da auch angesprochen mitzumachen?

Oliver Kalkofe: Nein, glücklicher Weise wurde ich nicht angesprochen. Ich weiß auch nicht, was ich getan hätte. Bei dieser #allesdichtmachen-Aktion fand ich es ja erst mal sehr spannend und auch zum Teil erschreckend, was für eine Reaktionslawine in alle Richtungen losgegangen ist. Es war, glaube ich, ein ganz typischer Fall von, sagen wir mal: "voll in die Hose gegangen". Das war etwas, wo ich noch nicht mal den Beteiligten unterstellen möchte, dass sie etwas Böses oder etwas Falsches machen oder sagen wollten.

Aber hier hat man ganz deutlich gesehen, wenn man politische und gerade auch gesellschaftspolitische, aktuelle Themen aufgreift wie die Pandemie, von der wir alle derartig, wie glaube ich selten zuvor, gemeinsam betroffen waren, und da dann ironisch rangeht und nicht ganz klar den Fokus setzt. Also das heißt, wenn ich nicht wirklich klar weiß, was man eigentlich sagen will, wen man eigentlich kritisieren will und wie man das so rüberbringt, dass man es auch verstehen kann. Und so war das, glaube ich, eine solche unfassbare Gemengelage an Missverständnissen, weil man als normaler Zuschauer nicht mehr wusste, was will der jetzt? Wen will der eigentlich angreifen? Es fühlten sich Menschen angegriffen, die gar nicht angegriffen werden sollten. Es haben Menschen applaudiert, die gar nicht applaudieren sollten. Es wurde auch inhaltlich missbraucht, in eine ganz andere Richtung als die, die gemeint war.

Und da sieht man eben auch die Gefahr bei Satire, selbst wenn man etwas gut meint, aber es dann nicht gut ausführt und sich eben nicht genau die Frage stellt: Was will ich damit erreichen? Wen will ich ansprechen und wie will ich diese Person ansprechen, damit sie es auch versteht, wie so etwas zu einer großen Katastrophe führen kann und vollkommen an die Wand fahren kann, auch wenn es gar nicht so gemeint war, wie es dann später interpretiert wird.

Markus Hoffmann: Wie sehen Sie die gesellschaftliche Verantwortung von Satirikern? Sehen sie die klar oder schieben sie diese eher von sich und sagen: "Eigentlich mache ich nur meinen Witz hier."

Oliver Kalkofe: Es ist schwer zu sagen, das kann man nicht so ganz generalisieren. Viele Satiriker und Satirikerinnen sind gar keine, die sich selber als welche sehen. Und andere sind welche und wissen es gar nicht. Die Grenze zwischen Humor, Satire, Ironie, Comedy und so, ist ja auch fließend.

Was bei Satire schon beachtet werden sollte ist, dass man eine gewisse Haltung und eine gewisse humanistische Grundeinstellung vielleicht mitbringt, um es mal so zu sagen, und dass man nicht nur verantwortungslos um jeden Lacher buhlt und alles macht, nur um irgendwie einen Schenkelklopfer zu bekommen. Aber Satiriker sind trotzdem nicht die Retter und die Lenker der Welt und auch nicht das Lehrpersonal. Man kann versuchen zu helfen, durch den Humor und durch das Lachen, eine gewisse Art von Aufklärung oder Verständnis zu erreichen. Man sollte es nicht zu sehr überbewerten. Aber ich glaube, dass man sich schon, wenn man im Satire-Bereich tätig ist, dessen bewusst sein sollte, dass man auch eine gewisse Verantwortung hat und dass man hier eben auch Menschen nicht nur für einen Witz mit einer Pointe zum kurzen Lachen anregt, sondern ja eigentlich schon im besten Fall irgendwie so ein bisschen was wie eine Botschaft oder wenigstens einen Gedankenanstoß mitbringen sollte. Und deswegen sollte man nicht zu verantwortungslos rangehen, aber sich auch nicht Gedanken machen, dass jetzt die ganze Last der Welt auf einem bürdet.

Markus Hoffmann: Bleiben wir nochmal bei dieser technischen Variante, was das Internet angeht, die in den letzten zehn bis 15 Jahren ein bisschen die Welt auf den Kopf gestellt hat. Deutschland noch nicht so sehr auf den Kopf gestellt hat, weil die meisten noch kein schnelles Internet haben, aber natürlich die Medienlandschaft sehr verändert hat. Wie haben diese Interneteinflüsse, Facebook und soziale Medien, Satire verändert?

Oliver Kalkofe: Ich glaube, dass das Internet ganz generell die ganze mediale Welt verändert hat, somit auch Satire und den Humor. Es gab noch nie in der Geschichte der Menschheit die Möglichkeit, dass quasi jeder einzelne Mensch sein eigenes Medium werden kann. Also jeder kann, wenn er möchte, ein eigener Sender oder ein eigenes Magazin oder eine Zeitschrift oder wie auch immer werden. Früher gab es halt ganz wenige Sender oder ganz wenige Organe, wie Zeitungen oder Radio, die überhaupt etwas verbreitet haben. Seien es jetzt die Fakten oder die Realität oder eben Humor oder Spaß oder Unterhaltung oder was auch immer. Und jetzt kann das jeder.

Das heißt, es ist dadurch auch für den Benutzer kaum noch zu unterscheiden: Wer kommt eigentlich woher? Woher hat der seine Information? Wer sagt die Wahrheit? Was hat er vorher gemacht? Und das ist einerseits natürlich eine Chance und eine tolle Sache, dass jetzt plötzlich jeder, der ein Talent verspürt, etwas zu machen, und jeder, der etwas gerne tun will, der kann das jetzt auch. Aber gleichzeitig ist es natürlich auch gefährlich, weil jede Art der Meinung, der Falschaussage, auch des Hasses und der Wut weitergegeben werden kann.

Im Bereich der Satire und des Humors ist es genauso. Es gibt jetzt plötzlich eine Schwemme von verschiedenen Arten von Humor, manchmal befruchtet das und manchmal macht es auch Dinge kaputt. Es kann den Humor zerstören und die Satire zerstören, wenn man zu viel Schlechtes davon sieht. Und es kann genauso sein, dass sie sagen: "Wow, da ist aber ein kreativer Input, der jetzt gerade kommt. Der sollte uns zu denken geben und bringt uns vielleicht nach vorne."

Aber diese Menge zu bewältigen, die es gibt, wird in Zukunft ein großes Problem bleiben für alle. Sich da durchzufinden und eben auch zu gucken, wie kann man das vielleicht in irgendeiner Form in den Griff bekommen, dass da nicht die Boshaftigkeit oder das gewollte Schieben in eine falsche Richtung, gedanklich oder Propaganda oder ähnliches, zu sehr ausufern kann. Da habe ich jetzt auch persönlich leider keine Lösung. Ich hätte gerne eine.

Markus Hoffmann: Wie geht es Ihnen als Satiriker damit, das journalistische Satire erfolgreicher ist als Nachrichtenformate? Wie zum Beispiel die heute show und das heute journal?

Oliver Kalkofe: Ich glaube, dass ist im Grunde eine recht positive Entwicklung. Dass satirische Formate momentan einen so großen Erfolg haben, ist wiederum ein Faktor, der dazu führen wird, dass sich die Menschen wieder an die echten Informationsformate heranwagen können.

Aus meiner persönlichen Erfahrung war es lange Zeit so, dass es die seriöse Information gab und die war zum Teil so trocken und so schwer für Menschen verständlich und so wenig emotional in irgendeiner Form berührend. Das soll es ja auch nicht in erster Linie sein. Aber wenn diese Emotionalität komplett fehlt, dann rauscht es eben auch an einem vorbei. Und da hat es lange Zeit gefehlt, die Menschen überhaupt wieder ein bisschen ran zuführen. Formate wie heute show und extra 3, die schaffen es zum ersten Mal seit langer Zeit mal wieder, den Menschen einige wichtige Punkte der Realität, der Politik und der gesellschaftlichen und sozialen Problematik vorzuführen. Und sie durch das Lachen wieder ein bisschen zu emotionalisieren und dass sie vielleicht sagen: "Ok. Ah, da gucke ich noch mal nach, jetzt erkundige ich mich noch mal weiter." Das ist ja ein Anregen. Das ist eine Anregung. Und solange die passiert, damit Menschen wieder nachdenken und wieder den eigenen Kopf benutzen und den eigenen Verstand, ist das ja nur eine unglaublich positive Entwicklung, die ich extrem begrüße.

Markus Hoffmann: Letzte Frage. Ist das deutsche Fernsehen wirklich lustig, bzw. ist es in den letzten 25 Jahren lustiger geworden?

Oliver Kalkofe: Das deutsche Fernsehen ist im Laufe der letzten 30 Jahre, wenn ich das mal so sehe, auf jeden Fall lustiger geworden. Ob es wirklich lustig ist und welche Form von lustig, da gibt es, glaube ich, geteilte Meinungen. Das ist auch eben sehr subjektiv. Wenn ich ganz ehrlich daran zurückdenke, was so bis 1990 im Fernsehen unter Humor existierte, das konnte man meistens an einer Hand abzählen. Und das sind Größen, die man heute noch kennt. Ob das jetzt Loriot war oder natürlich Otto Waalkes, Didi Hallervorden, Mike Krüger und so weiter. Aber wie schon erwähnt, es sind immer sehr spezielle Formen gewesen und meistens nur auf einfache Lacher oder auf ernsthaftes Kabarett verteilt.

Ich glaube, man hatte in Deutschland viele, viele Jahre mit dem Humor ein großes Problem. Wir sind sehr ernsthaft aufgewachsen nach dem Krieg, als Generation oder als Land. Es gab nicht viel zu lachen und man hatte eine große Schuld zu bewältigen. Während die anderen Länder schon anfingen durch das Lachen wieder Kraft zu finden und durch Humor auch so etwas Grausames wie den Zweiten Weltkrieg zu verarbeiten, durften wir das sehr lange noch gar nicht und deswegen hinken wir in vielen Arten von Humor hinterher.

Das wir erst in den 90ern angefangen haben, überhaupt so etwas wie Ironie zuzulassen. Das sogenannte Augenzwinkern musste immer erklärt werden. Es musste erklärt werden, wenn man etwas nicht so ganz ernst meint. Bis das so hier eine Selbstverständlichkeit wurde und dass man nicht jeden Satz genauso verstehen muss, wie man ihn auch gesagt hat und das Humor auch nichts bösartiges ist, dass Lachen, nicht immer gleich Auslachen bedeutet, sondern das man auch positiv über etwas lachen kann, das hat hier ganz schön lange gedauert. Es ist, glaube ich, langsam angekommen, bei den jungen Menschen sowieso. Die haben eher ein Problem mit zu viel Humor und vielleicht manchmal zu viel Ironie und da die Waage zu halten, weil es inzwischen davon eine derartige Menge und Vielfalt gibt. Aber ja, wir hatten da lange daran zu kauen und lange mit zu kämpfen, und ich denke, es hat sich viel verbessert. Aber es gibt auch noch vieles, was sich hier verbessern kann.

Da sind uns trotzdem die Engländer und die Amerikaner ein bisschen voraus, aber einfach nur durch ihre Geschichte, weil sie damit schon früher angefangen haben und das ganz anders in ihr Leben integriert haben. Wir müssen uns erst mal so ganz langsam über die Generationen damit abfinden, dass Humor auch zum Alltag gehört. Satire, Humor, Comedy, gehört alles dazu. Man darf lachen und trotzdem ernst sein. Es darf alles nebeneinander existieren, und es gibt nicht ein entweder oder.

Markus Hoffmann: Herr Kalkofe, ich danke für diese Exkursion durch Ihre letzten 25, 30 Jahre Satire, dass wir daran ein bisschen teilhaben durften. Danke auch an die Zuschauer im Internet. Herr Kalkofe, danke für dieses Interview.

Oliver Kalkofe: Vielen, vielen Dank. Hat Spaß gemacht. Tschüss.