Nach Bombenanschlag Türkei greift kurdische Stellungen in Syrien und im Irak an

20. November 2022, 21:26 Uhr

Nach einem Bombenanschlag in der Innenstadt von Istanbul hat die Türkei Angriffe auf kurdische Stellungen in Syrien und im Irak geflogen. Die türkische Regierung macht die kurdische Gruppen YPG und PKK für den Bombenanschlag verantwortlich. Diese weisen die Vorwürfe zurück.

Die Türkei hat kurdische Stellungen in Nordsyrien und im Nordirak aus der Luft angegriffen. Wie das türkische Verteidigungsministerium in Ankara mitteilte, seien die Einsätze eine direkte Antwort auf den Bombenanschlag im Stadtzentrum von Istanbul vergangener Woche und hätten sich gezielt gegen kurdische Gruppierungen gerichtet. Die türkische Regierung macht die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und die syrische Kurdenmiliz YPG für die Tat verantwortlich.

Es gehe bei dem Einsatz darum, "Terroranschläge aus dem Nordirak und Syrien zu unterbinden, die Grenzsicherheit zu gewährleisten und den Terrorismus an seinem Ursprung zu beseitigen", erklärte das Ministerium.

Berichte über Tote und Verletzte bei den Angriffen im Nordirak und Nordsyrien

Nach Angaben des türkischen Verteidigungsministeriums bombardierten türkische Kampfflugzeuge in der Nacht zum Sonntag verschiedene Stellungen an der Grenze zu Syrien und dem Irak. Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete, dabei seien mindestens 31 Menschen getötet und Dutzende zum Teil schwer verletzt worden.

Dem türkischen Verteidigungsministerium zufolge wurden 89 Ziele in Nordsyrien und im Nordirak beschossen. Die syrische Beobachtungsstelle berichtete, auch ein Posten der syrischen Regierung sei Ziel gewesen. Syriens staatliche Nachrichtenagentur Sana teilte mit, syrische Soldaten seien bei den Angriffen in Aleppo und Hassakeh getötet worden. Die kurdischen Behörden gaben die Zahl der Toten mit mindestens 29 an. Im Nordirak gab es einem Beamten der autonomen Kurdenregion zufolge "keine Opfer".

Die amtliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete am späten Sonntagnachmittag, dass durch eine aus Syrien abgefeuerte Rakete an der türkisch-syrischen Grenze ein türkischer Soldat und zwei Polizisten der Spezialeinheiten verletzt worden seien sollen.

Demonstrationen in deutschen Städten

Als Reaktion auf die Luftangriffe des türkischen Militärs haben Hunderte Menschen in mehreren deutschen Städten demonstriert. So gingen in Frankfurt nach ersten Schätzungen der Polizei etwa 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, in Berlin 360 Teilnehmerinnen und Teilnehmern und in Leipzig mit rund 200 Demonstranten auf die Straße.

Langer Konflikt zwischen der Türkei und kurdischen Gruppen

Der Konflikt zwischen türkischen Streitkräften und PKK hat eine jahrzehntelange Geschichte und immer wieder zu militärischen Auseinandersetzungen geführt. So führte die Türkei seit 2016 mehrere Militäroffensiven in Nordsyrien, die sich auch gegen die YPG richteten. Der türkische Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hatte schon seit Mai mit einer neuen Offensive gegen kurdische Einheiten in der Region gedroht und gab nun den Befehl für den Beginn des Einsatzes. Ankara sieht in der YPG einen Ableger der PKK und betrachtet beide als Terrororganisationen.

Vergangene Woche wurden bei einem Bombenanschlag in der Istanbuler Innenstaadt sechs Menschen getötet und 31 weitere verletzt worden. Die Türkei hatte am Montag eine angebliche PKK-Anhängerin aus Syrien für den Anschlag verantwortlich gemacht. Die Frau soll ihre Anweisungen demnach in Kobane erhalten haben. Sowohl die PKK als auch die syrischen Kurden wiesen jegliche Verantwortung für den Anschlag zurück.

MDR (lmb), dpa, AFP

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR Aktuell Das Nachrichtenradio | 20. November 2022 | 16:00 Uhr

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