Zwei Frauen gehen eine Straße lang.
Auszubildende in Sachsen und Thüringen sind einer Auswertung der AOK Plus zufolge deutlich häufiger krankgeschrieben als der Gesamtschnitt der Versicherten. Neben Depressionen, Kopf- und Rückenschmerzen litten junge Erwachsene zunehmend stärker an Übergewicht. Bildrechte: picture alliance / Wolfram Steinberg | Wolfram Steinberg

Gesundheitsprobleme AOK Plus: Azubis in Thüringen und Sachsen häufiger krank

27. August 2023, 09:07 Uhr

Um die Gesundheit der Azubis in Thüringen und Sachsen stand es schon einmal besser: Der AOK Plus zufolge sind junge Menschen in Ausbildung zunehmend krank. Die Krankenkasse hat dazu Versichertendaten zwischen 2017 und 2022 ausgewertet. Demnach sind die Fälle von Depressionen, Kopf- und Rückenschmerzen sowie krankhaftes Übergewicht gestiegen. Die 15- bis 29-Jährigen kommen auch auf überdurchschnittlich viele Krankentage.

Carolin Voigt, Reporterin, Redakteurin und Sprecherin
Bildrechte: MDR/Karsten Möbius

Im Durchschnitt sei vergangenes Jahr jeder Azubi in Sachsen und Thüringen 23 Tage krankgeschrieben gewesen – mehr als der Gesamtschnitt der AOK-Plus-Versicherten, erklärt Hannelore Strobel, Pressesprecherin der Krankenkasse. Besonders gravierend seien die Befunde beim Thema Übergewicht. Strobel zufolge war 2022 in Thüringen jeder 13. Auszubildende krankhaft dick.

Jeder 13. Auszubildende in Thüringen war 2022 krankhaft dick. Das sind 7,7 Prozent.

Hannelore Strobel AOK Plus

Strobel nennt die Ergebnisse besorgniserregend. Die Beobachtungen teilten auch die Ärzte, die in die Auswertung der Daten einbezogen worden seien. Besonders betroffen von der sogenannten Adipositas sind junge Frauen.

Auswirkungen der Corona-Pandemie

Nach den Ursachen für die häufig kranken Azubis befragt, kommt Strobel auf die Krisen der vergangenen Jahre. Sie sagt, "drei Jahre der Gesamtbetrachtung waren schon mal durch die Pandemie geprägt". In der Zeit seien die jungen Menschen entweder im Mittelschulalter, also 7., 8., 9., 10. Klasse, gewesen oder die Älteren, "die heute 29-Jährigen, im jungen Erwachsenenalter". "Da sagen alle Kinder- und Jugendärzte und Psychologen, das hat diese Altersgruppe sehr getroffen."

Das hätte psychische Erkrankungen ausgelöst oder bereits vorhandene verstärkt. Hinzu kämen die anhaltenden Krisen mit Krieg, Inflation und Klimakatastrophe, erklärt Strobel. In einem Alter, in dem Menschen Orientierung suchten, habe das spürbare Auswirkungen.

Zu viel Übergewicht durch zu wenig Bewegung attestiert auch Volker Lux den Azubis. Doch der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Leipzig schildert auch eine interessante Beobachtung: "Wenn die jungen Leute dann im Betrieb sind, körperlich arbeiten und auch draußen arbeiten", dann verbesserten sich manche Probleme. Ein noch viel wichtigerer Aspekt sei, "dass die Möglichkeit, auf Krisen zu reagieren – gerade wenn es um psychische Probleme geht – in unseren kleinen, familiengeprägten Betrieben deutlich besser ist und man eher die Chance hat, zu erkennen, wenn ein Azubi oder ein junger Geselle eine psychische Krise hat, um dort zu intervenieren."

recap-Folge zu Azubis

DGB Sachsen: Krankentage durch schlechte Arbeitsbedingungen

Eine gestiegene Arbeitsbelastung für Azubis im Handwerk sieht Lux hingegen nicht. Das sieht Vincent Drews, Abteilungsleiter Jugend beim DGB Sachsen, anders. Er verweist darauf, dass die Zahl der Auszubildenden steigt, die sogenannte ausbildungsfremde Tätigkeiten übernehmen müssen – also Tätigkeiten, die nicht im Ausbildungsplan vorgesehen seien.

Drews sagt, das sei ein riesengroßes Problem. Im Berufsbildungsgesetz sei festgelegt, dass ausbildungsfremde Tätigkeiten verboten sind. "Eine Ausbildung ist nicht dafür da, um einen Betrieb am Laufen zu halten – oder dass Auszubildende produktiv zur Wertsteigerung eines Betriebes beitragen." Sie hätten die Aufgabe, dort einen Beruf zu lernen.

Ursachen für die kranken Azubis sieht der Gewerkschafter eher in der ständigen Erreichbarkeit, Leistungs- und Zeitdruck in der Berufsschule und in Nebenjobs, die wegen geringer Ausbildungsvergütung angenommen werden müssen. Dass die jungen Menschen heute weniger resilient (anpassungsfähig, Anmerk. der Red.) seien, das will Drews nicht unterschreiben.

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 27. August 2023 | 07:08 Uhr

5 Kommentare

Atze71 vor 35 Wochen

..."Hinzu kämen die anhaltenden Krisen mit Krieg, Inflation und Klimakatastrophe, "... und die Corona Panik.... Wer hat denn hier die Panik verbreitet und wer hat die Folgen dieser Politik zu ertragen? Alleine der oben zitierte Satz lässt mir die Nackenhaare empor stehen. Wir "Älteren" kommen damit klar. Die Jugendlichen haben nicht die Erfahrung und das Wissen. Die LMAA Stimmung ist die Folge...

Wagner vor 35 Wochen

Angstzustände und Depressionen,Arbeitsbelastung führt zu Krankentagen usw..Was ist denn hier los,so fragt man.Ja,ganz einfach,das Leben und voran das Berufsleben ist eben kein Wohlfühlsofa ,auf dem man es sich bequem macht.
Unser ganzes Bildungs-und Erziehungssystem sollte mal überdacht werden. Siehe auch letztens die Lehrerdebatte in der LVZ. Man kann die Jugendlichen nicht immer in Watte packen ,es muss auch was von den Forderungen des Arbeitslebens rüber kommen und man muss auch von ihnen fordern.
Wo sind wir nur hingekommen. Schreibt mal einer ne 4,muss gleich der Psychologe kommen und die Depression besprechen. Da schüttelt man den Kopf .Sich auf den Hintern setzen ,lernen,büffeln —so gehts weiter,ds hilft.

Thommi Tulpe vor 35 Wochen

"Ursachen für die kranken Azubis sieht der Gewerkschafter ..." Vincent Drews "... eher in der ständigen Erreichbarkeit, Leistungs- und Zeitdruck in der Berufsschule ..."
Es ist doch eine sehr realitätsnahe Berufsschule, wenn dem zukünftigen Berufstätigen von Anfang an unmissverständlich beigebracht bekommt, dass man im Interesse seines zukünftigen Arbeitgebers ständig erreichbar sein sollte, und in einer bestimmten (zumeist knappen) Zeit Leistungen zu erbringen hat. Ich frage mich oft, mit welchen "Vorgaben" Eltern ihren Nachwuchs heutzutage in eine Berufsausbildung schicken - so sie ihren Nachwuchs überhaupt noch in handwerkliche Ausbildungen schicken.

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