Models auf dem Laufsteg
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MDRfragt Jeder Vierte fühlt sich durch Schönheitsideale unter Druck gesetzt

25. August 2023, 05:00 Uhr

Ein Viertel der MDRfragt-Teilnehmenden fühlt sich persönlich unter Druck gesetzt, bestimmten Schönheitsidealen entsprechen zu müssen – Frauen doppelt so häufig wie Männer. Dementsprechend haben 73 Prozent nicht den Eindruck, dass alle Körperformen von der Gesellschaft in gleicher Weise akzeptiert werden und 62 Prozent befürworten die "Body Positivity"-Bewegung. Das zeigt eine nicht repräsentative, aber gewichtete Befragung von MDRfragt unter mehr als 20.000 Menschen in Mitteldeutschland.

MDR-Redakteurin Anna Siebenhaar
MDR-Redakteurin Anna Siebenhaar Bildrechte: MDR / David Sievers

Schlank oder kurvig, glatte Haut oder nicht, muskulös oder muskelarm – Menschen sind sehr verschieden und sehen auch sehr unterschiedlich aus. Aber spielt das überhaupt eine Rolle? Aus Sicht der MDRfragt-Gemeinschaft schon: Knapp drei Viertel der Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer haben nicht den Eindruck, dass alle Körperformen in gleicher Weise von der Gesellschaft akzeptiert werden. 26 Prozent sind hingegen der Ansicht, dass dies der Fall ist.

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Schönheitsideale setzen ein Viertel unter Druck

Wer bestimmten Schönheitsidealen entspricht, wird von der Gesellschaft leichter akzeptiert, heißt es oft. Um diesen zu entsprechen, greifen nicht wenige zu Schönheitsoperationen. Ganz aktuell lassen sich einige das Wangenfett entfernen oder eifern bestimmten Beauty Hypes wie "Fake-Sommersprossen" nach.

Grundsätzlich nehmen Schönheitsideale auch Einfluss auf die MDRfragt-Gemeinschaft. So fühlt sich ein Viertel der MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teinehmer persönlich unter Druck gesetzt, diesen entsprechen zu müssen. Der Großteil der Befragten teilt diesen Eindruck jedoch nicht.

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Dabei ist der Anteil derjenigen, die sich durch bestimmte Schönheitsideale unter Druck gesetzt fühlen, bei den weiblichen Befragungsteilnehmerinnen mehr als doppelt so hoch, wie bei den Männern. Liegt der Anteil bei den Frauen bei 34 Prozent, sind es bei den männlichen Befragungsteilnehmern nur 15 Prozent.

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Viele MDRfragt-Mitglieder berichten davon, wie es sich anfühlt, keinem vermeintlichen Ideal zu entsprechen. Viola (28) aus dem Saale-Orla-Kreis erzählt zum Beispiel: "Man wird meist schon über den ersten Blick gescannt und bewertet. Obwohl auch oft nicht eingeschätzt werden kann, was zu einer jeweiligen Figur geführt hat. Man spürt immer wieder abschätzige Blicke, weil man einem Ideal nicht entspricht". Andy (29) aus Bautzen hat den Eindruck, "dass Menschen mit mehr Gewicht als weniger intelligent wahrgenommen werden oder ihnen ihre Intelligenz abgesprochen wird".

Es kann sich ja keiner vorstellen, wie oft man verzichtet und was man für ein schlechtes Gewissen hat, wenn man 'sündigt'.

Erika (85) aus Dresden

Das Gefühl, einem Schönheitsideal entsprechen zu müssen, beschreibt Erika (85) aus Dresden als "lebenslangen Druck" und schreibt: "Es kann sich ja keiner vorstellen, wie oft man verzichtet und was man für ein schlechtes Gewissen hat, wenn man 'sündigt'."

Jürgen (71) aus dem Burgenlandkreis versucht es "zu vermeiden einen Menschen nach seinem äußeren Erscheinungsbild zu beurteilen", berichtet aber auch, dass ihm das hin und wieder schwer fällt. Er hat den Eindruck, dass "die Gesellschaft im Allgemeinen noch viel weiter davon entfernt ist". Auch Janett (48) aus der Börde reflektiert sich selbst und schreibt: "Früher in meiner Jugend habe ich auch einfach geurteilt. Heute aber weiß ich, dass hinter jedem Menschen auch eine Geschichte steckt. Der eine ist dick, weil er eine Krankheit hat, die nächste ist gertenschlank, aber hat Ess-Brech-Sucht".


Und wie geht es weiter? Das MDRfragt-Mitglied Laura (27) aus Erfurt blickt zwar positiv in die Zukunft und hat das Gefühl: "dass immer mehr Menschen versuchen, aus diesem Denken herauszukommen", denkt aber auch, "dass der Großteil der Gesellschaft nach wie vor Urteile aufgrund der Erscheinung fällt".

Es wird viel für die Akzeptanz verschiedener Körperformen getan. Aber wir stehen ganz am Anfang.

Alex (28) aus Erfurt

Ähnlich sieht es auch Alex (28) aus Erfurt und meint: "Die Gesellschaft ist auf einem guten Weg. Es wird viel für die Akzeptanz verschiedener Körperformen getan. Aber wir stehen ganz am Anfang. Daher spürt man es nach wie vor an den Reaktionen des Umfeldes, wenn die äußerliche Erscheinung außerhalb der Norm liegt".

Viel Zuspruch für "Body Positivity"-Bewegung

Unter dem Stichwort "Body Positivity" wird seit einiger Zeit vor allem in den sozialen Medien dafür geworben, mit den Schönheitsidealen zu brechen, unrealistische oder gar diskriminierende Körperbilder in Frage zu stellen und Körper so vielfältig zu zeigen und auch wertzuschätzen, wie sie sind. Gleichzeitig kritisieren jedoch einige, dass dabei die Gesundheitsrisiken mancher Körperformen – beispielsweise von Über- oder Untergewicht – kaum thematisiert werden.

Die Mehrheit der MDRfragt-Gemeinschaft blickt jedoch positiv auf diese Bewegung. So befürworten 62 Prozent ihr Anliegen. Demgegenüber ist das Thema "Body Positivity" gut einem Fünftel egal und 12 Prozent lehnen die Bewegung ab.

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Auch in den Kommentaren erhält die "Body Positivity"-Bewegung viel Zuspruch, jedoch ist dieser nicht grenzenlos. So ergänzt beispielsweise Oliver (39) aus Meißen: "Diese Bewegung hat jedoch auch Grenzen, denn zu dünne und zu dicke Körper stehen auch für Erkrankungen wie Adipositas, das Metabolische Syndrom, Bulimie oder Magersucht".

Ganz egal ist es nicht, ob ein Mensch Übergewicht hat oder nicht. Die Gesundheit spielt schon eine Rolle.

Gabriele (68) aus Dresden

Auch Gabriele (68) aus Dresden denkt: "Ganz egal ist es nicht, ob ein Mensch Übergewicht hat oder nicht. Die Gesundheit spielt schon eine Rolle". Johannes (28) aus Jena kann beide Seiten nachvollziehen. Er findet, es sei "wichtig, auf ungesunde Lebensformen hinzuweisen, man muss aber genauso unverschuldete, vererbte, oder medikamtbedingte Körperformen berücksichtigen".

Mehrheit sieht Medien, Mode und Werbung noch immer durch Schönheitsideale geprägt

Wir wollten von der MDRfragt-Gemeinschaft noch einmal genauer wissen, ob sie in machen Bereichen schon eine Veränderung bemerkt – hin zu mehr Akzeptanz vielfältiger Körper.

Das Ergebnis: Am häufigsten bemerken die Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer diesen Wandel bei sich selbst. In allen anderen Bereichen haben die MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer mehrheitlich jedoch nicht den Eindruck, dass in diesen derzeit eine Abkehr von bestimmten Schönheitsidealen stattfindet.

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6 von 10 achten auf eigene Fitness

Für manchen hat Schönheit und das Erfüllen von idealen Körperbildern auch mit Fitness zu tun. Für andere geht es eher um Spaß oder Gesundheit, wenn sie daran denken, selbst Sport zu machen – und sich eben wortwörtlich fit zu halten. 6 von 10 MDRfragt-Mitgliedern, die sich an der Befragung beteiligt haben, achten persönlich auf ihre Fitness – mehr als ein Drittel hingegen nicht.

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Deutliche Mehrheit wünscht sich mehr öffentliche und kostenfreie Sporteinrichtungen

Es gibt viele andere Möglichkeiten, Sport zu treiben und sich fit zu halten: Zuhause auf der Matte oder mit eigenen Fitness-Geräten in den eigenen vier Wänden; im Sportverein oder einfach draußen im öffentlichen Raum oder in der freien Natur. Aus Sicht der MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer mangelt es für letzteres jedoch an kostenfreien öffentlichen Sportplätzen und Fitness-Parks. So gaben knapp zwei Drittel (61 Prozent) an, in ihrem eigenen Umfeld nicht genügend öffentlich zugängliche und kostenfreie Sport-Möglichkeiten zu haben. Knapp ein Viertel (23 Prozent) hält das Angebot hingegen für ausreichend und 15 Prozent treffen hierzu keine Aussage.

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In den Kommentaren gehen die Meinungen bei diesem Thema zum Teil weit auseinander. Während Mike (54) aus dem Landkreis Meißen denkt: "Im Bereich kostenloser Sporteinrichtungen hängen wir in Deutschland meilenweit anderen Ländern hinterher" und auch Lothar (73) aus der Börde den Eindruck hat, dass es "überall an Fitness-Parks mangelt", würde Anna-Katrin (32) aus Schmalkalden diese gar nicht nutzen. Sie schreibt: "Ich lass mir doch nicht auch noch dabei zuschauen, wie ich mich abracker".

Laufen gehen, Wandern und Radfahren sind noch immer kostenfrei, man muss es nur tun.

Jürgen (70) aus Nordsachsen

Julia (33) aus Weimar äußert zudem Bedenken bei öffentlichen Fitngessgeräten, wie sie beispielsweise in manchen Parks zu finden sind, "da ein Gerät zur richtigen Ausführung der Übung optimal auf jeden Menschen eingestellt sein muss." Unabhängig davon kritisiert Siegfried (81 Jahre) dass Geld beim Thema Fitness immer eine Rolle spielt. Dem entgegnet jedoch Jürgen (70) aus Nordsachsen: "Laufen gehen, Wandern und Radfahren sind noch immer kostenfrei, man muss es nur tun."

Bodybuilding: Sport, Lebensstil oder Schönheitsideal?

Einen speziellen Bereich bei der Frage von Körperbildern und Fitness bildet das Bodybuilding. Die erste deutsche Doku-Serie über Bodybuilderinnen kommt vom MDR: „Pumping Beauty“ begleitet die beiden deutschen Profis Lena und Bahar auf ihrem steinigen Weg zu „Ms. Olympia“, dem Königswettbewerb der Szene. Wie steht die MDRfragt-Gemeinschaft zum Bodybuilding? Grundsätzlich stellt es für die meisten Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer einen Lebensstil dar. Mehr als die Hälfte sieht es zudem als Schönheitsideal und ein Drittel als Sport.

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Vorbehalte gegen Bodybuilding werden mehrheitlich geteilt

Bodybuilding hat eine eingeschworene Fan-Gemeinde und eine aktive Szene – doch es wird auch von vielen Außenstehenden kritisch beäugt. Zudem gibt es viele Vorbehalte, die auch in der MDRfragt-Gemeinschaft geteilt werden. So gaben 8 von 10 an, Bodybuilding sei aus ihrer Sicht eher unnatürlich und es werde mitunter mit (illegalen) Substanzen zum Muskelaufbau gearbeitet. Zudem stimmen drei Viertel der Aussage zu, dass es sich um eine oberflächliche Aktivität handele, bei der es nur um das Aussehen gehe. Fast zwei Drittel tendieren außerdem dazu, dass Bodybuilding ungesund ist und knapp die Hälfte meint, Bodybuilder strahlten Aggressivität aus.

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Doch stimmen die Vorurteile oder nicht? Lesen sie hier gern mehr zum Thema Bodybuilding.


Über diese Befragung Die Befragung vom 28. Juli bis 01. August 2023 stand unter der Überschrift:
Schlank und schön – ein Muss?

Insgesamt sind bei MDRfragt 65.755 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet (Stand 02. August 2023, 12:00 Uhr).

20.648 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.

Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 269 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 2.785 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 8.452 Teilnehmende
65+: 9.142 Teilnehmende

Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 10.567 (51 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 4.923 (24 Prozent)
Thüringen: 5.158 (25 Prozent)

Verteilung nach Geschlecht:
Weiblich: 10.080 (48,8 Prozent)
Männlich: 10.510 (50,9 Prozent)
Divers: 58 ( 0,3 Prozent)

Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.

Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 09. August 2023 | 16:00 Uhr