Ein Schild mit der Aufschrift "Zu vermieten" hängt an einem Fenster. 4 min
Audio: Sexuelle Belästigung bei der Zimmersuche Bildrechte: imago/blickwinkel

Berichte von Studierenden Immer wieder sexuelle Belästigung bei Suche nach WG-Zimmer

19. August 2023, 11:20 Uhr

Wer zum Studium in eine fremde Stadt geht und dort eine Wohnung oder ein WG-Zimmer sucht, trifft oft auf unerwartete Herausforderungen. Vor allem weibliche Studierende berichten aber auch über anstößige Angebote. Wir haben mit einigen von ihnen gesprochen und sie schildern ihre Erfahrungen.

Wer zum Studium in eine andere Stadt zieht, sucht dort in der Regel eine Wohnung oder ein WG-Zimmer. Doch mit einigen Angeboten auf dem Markt sind offenbar auch anstößige Forderungen verbunden. Davon berichten mehrere Studierende.

So erklärt Loni* aus Berlin, sie habe bei der Wohnungssuche im vergangenen Jahr verschiedene Erfahrungen mit sexueller Belästigung gemacht. So habe etwa bei Wohnungen kein Preis in der Anzeige gestanden. Als sie per E-Mail nachgefragt habe, habe sie dann unter anderem als Antwort bekommen, dass die Wohnung 300 Euro koste, man ihr im Preis aber entgegenkommen könne, je nachdem, wie man sich verstehe. Loni berichtet auch von "sehr vielen" Anfragen von Männern, "die gerne Sklaven sein wollen, also die dann auch sexuell dominiert werden wollen". Diese Männer hätten es zur Bedingung für den Einzug gemacht, dass man die Domina-Rolle übernehme. Loni zufolge haben auch viele Freundinnen von ihr solche Erfahrungen gemacht.

Und was es auch sehr viel gab waren Anfragen von Männern, die gerne Sklaven sein wollen, also die dann auch sexuell dominiert werden wollen.

Studentin Loni aus Berlin

Auch Melissa* aus Frankfurt am Main hat Erfahrungen mit anstößigen Forderungen in Wohnungsanzeigen gemacht. So habe eine Person "speziell nach einer Frau" gesucht. In der Beschreibung habe als Forderung gestanden, dass der Mann "die Füße der zukünftigen Mieterin massieren darf". Die Anzeige sei ihr im Kopf geblieben, weil die Miete relativ günstig gewesen sei. Sie habe die Anzeige als sehr verstörend empfunden. Und es habe mehrere Anzeigen gegeben, "die in eine komische Richtung" gegangen seien. Deshalb sei sie dann etwas vorsichtiger gewesen.

Aber nicht nur in Berlin und Frankfurt, sondern auch in anderen lebhaften Städten stehen Erstsemestler bei der Zimmersuche vor zwei Problemen. Es gibt eine regelrechte Flut an Bewerbern für jedes freie WG-Zimmer und Preise von bis zu 600 Euro für 12 Quadratmeter. Wer auf Internetportalen ein WG-Zimmer sucht, stößt immer wieder auf Anzeigen, die nicht nur nach Mitbewohnern und Mitbewohnerinnen suchen, sondern auch sexuelle Aktivitäten erwarten.

Studentin aus Leipzig berichtet von belästigenden E-Mails

Eine Frau unterschreibt einen WG-Mietvertrag, während ein Mann ihr die Schlüssel übergibt.
Die Suche nach einer Wohnung lässt junge Studierende zum Teil auch bei suspekten Angeboten unterschreiben. Bildrechte: picture alliance / dpa Themendienst | Christin Klose

Auch aus Leipzig berichtet eine Studentin, die anonym bleiben möchte, von einer solchen Situation: Bei einer Besichtigung im Leipziger Westen "mit einem Herren" habe dieser immer wieder gesagt, "dass wir zwei schöne Frauen dieses und jenes machen könnten". "Und schon da war uns eben bewusst, es ist alles sketchy (suspekt), aber es ging um eine Wohnung und wir brauchten eine, also haben wir die genommen." Die Studentin berichtet weiter, dass sie und ihre Mitbewohnerin im Laufe dieses Jahres "immer wieder E-Mails von diesem Herren" bekommen haben, "mit Einladungen für irgendwelche Dating-Plattformen". Sie habe "auf die belästigenden E-Mails direkt reagiert, "in dem ich darauf aufmerksam gemacht habe, dass es sich hier um grenzüberschreitendes Verhalten handelt und dass jede weitere E-Mail rechtliche Konsequenzen mit sich tragen wird".

Online-Plattform "WG gesucht" blockiert "anstößige Inhalte"

Viele der Betroffenen teilen ähnliche Erfahrungen, und die Frage bleibt: Werden diese Vorfälle überhaupt ernst genommen? Die Online-Plattform "WG gesucht" ist wohl der größte Anbieter auf diesem Markt. Wir haben bei "WG gesucht" nachgefragt, wie sie ihre Kunden vor solchen grenzüberschreitenden Inseraten schützen? Schriftlich teilt man mit: "Unsachliche, beleidigende und grenzüberschreitende Inhalte in Nachrichten oder Anzeigentexten sind nicht vereinbar mit einem fairen und respektvollen Umgangston. Dementsprechend verstoßen solche Angebote und Nachrichten gegen unsere AGB. Sollten Anzeigen einen anstößigen Inhalt haben, löschen wir die Anzeige, verwarnen die Nutzer:innen und blockieren die Accounts. Jede Anzeige und jede Nachricht auf WG-gesucht.de kann von den Nutzer:innen bei Unregelmäßigkeiten gemeldet werden."

Von Anfang Januar 2022 bis Juli 2023 wurden insgesamt 161 Anzeigen wegen "anstößiger Inhalte" von "WG Gesucht" blockiert. Im August und September gingen die meisten Meldungen ein. Also genau in der Zeit, wo die meisten Erstsemestlerinnen auf Wohnungssuche sind. Die betroffenen Studentinnen aus Berlin, Leipzig und Frankfurt würden sich wünschen, dass solche dubiosen Anzeigen erst gar keinen Platz auf den  Onlineplattformen bekommen.

* Die vollständigen Namen sind der Redaktion bekannt.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 16. August 2023 | 06:18 Uhr

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