Ein Paketbote füllt einen Abholschein aus.
Ein Abholschein statt der Lieferung – obwohl man zuhause war. Die Möglichkeiten sich zu wehren sind für die Empfänger begrenzt. Bildrechte: IMAGO / Ex-Press

Zusteller Wenn der Paketbote keinmal klingelt

11. Juli 2023, 16:58 Uhr

Man wartet zu Hause auf ein Paket, doch es kommt nicht. Ohne, dass der Paketzusteller geklingelt hat, landet die Sendung im nächsten Paketshop. Danach kommt die Benachrichtigung, dass das Paket nicht zugestellt werden konnte. Eine MDR-AKTUELL-Hörerin fragt sich, warum das passiert und wie man sich dagegen wehren kann.

Die MDR-AKTUELL-Hörerin steht mit ihrem Ärger nicht allein da. Das kann Steffen Persiel bestätigen, der das Verbraucherportal Paketda! betreibt: "Ich würde schon sagen: Vorgetäuschte Zustellversuche und der Zusteller klingelt nicht, das ist schon das Top-1-Problem, was Kunden auf meinem Portal melden, wenn sie Probleme mit Paketdiensten haben."

Man könne im Wesentlichen zwei Arten solcher Fake-Zustellversuche unterscheiden, sagt Persiel. Einmal gebe es Zustellversuche, die tagsüber eingebucht werden: "Wenn der Zusteller zum Beispiel noch voll auf seiner Tour unterwegs ist, 13 Uhr, 14 Uhr, dann ist noch kein Feierabend. Wenn da ein Zustellversuch erscheint, der Zusteller aber gar nicht beim Kunden war, dann kann man davon ausgehen, dass es ein Fake-Zustellversuch ist. Der Zusteller hatte also mutmaßlich keine Lust, beim Kunden zu klingeln. Für ihn war es einfacher, das Paket zum Paketshop zu bringen."

Und dann gebe es noch Zustellversuche, die abends eingebucht werden. Auch hier handele es sich zwar grundsätzlich um vorgetäuschte Versuche, die seien allerdings in der Regel aus der Not geboren.

Denn dabei handele es sich meistens um einen Tour-Abbruch: "Da könnte man als Kunde dann Verständnis haben. Wenn so ein Tour-Abbruch abends stattfindet, ist das ein Indiz dafür, dass der Zusteller wirklich sein Mögliches versucht hat, aber die Tour nicht in der vorgegebenen Zeit geschafft hat."

Prekäre Arbeitsbedingungen bei Paketzusteller

Zu viele Pakete für zu wenig Zeit. Das ist ein zentraler Kritikpunkt der Gewerkschaft Verdi. Stefan Thyroke, Bereichsleiter Logistik in der Verdi-Bundesverwaltung, spricht von einem zweigeteilten Arbeitsmarkt. Auf der einen Seite gebe es die Menschen, die direkt bei den Paketdienstleistern angestellt sind. Hier sei die Situation noch vergleichsweise gut.

Die andere Hälfte sei aber bei Subunternehmen beschäftigt, häufig Ausländer, darunter auch viele Nicht-EU-Ausländer: "Da haben wir häufig Wildwest-Methoden. Man mag sich das kaum vorstellen. Wir haben keinen Schutz von Betriebsräten, wir haben keine Tarifbindung und die Kollegen kriegen am Morgen 300 Pakete hingestellt." Die Pakete müssten dann selbst verladen werden. Außerdem gebe es eine Frist bis zur Auslieferung aller Pakete, die festgelegt werde, ohne zu wissen, wie lange die Auslieferung in der Realität ungefähr brauchen wird, sagt Thyroke.

Der Druck sei enorm, die Bezahlung nicht sicher. Da sei es nur nachvollziehbar, dass man auch mal ein Paket mit in die Verladestation nehme oder im Paketshop abgebe, sagt Thyroke.

Kaum Sanktionsmöglichkeiten der Zusteller

Konsequenzen müssen die Boten nicht befürchten, jedenfalls keine rechtlichen. Laut Bundesnetzagentur, dem Wettbewerbshüter der Branche, gibt es keine gesetzlichen Regelungen zur Verbraucherfreundlichkeit.

Außer einer sogenannten Anlassprüfung könne die Agentur auch nicht viel ausrichten, sagt Sprecherin Judith Henke: "Wir fordern das jeweilige Zustellungsunternehmen auf, zu begründen, warum es zu dem Mangel in der Zustellungsleistung kam, aber auch was es bereits für Maßnahmen eingeleitet hat, um diese Mängel zu beheben. Allein aufgrund der Anlassprüfungen ändern sich oft schon die Verhältnisse und die Schwierigkeiten werden behoben." Andere Sanktionsmöglichkeiten habe die Bundesnetzagentur zurzeit nicht.

In der Konsequenz ist auch die Situation der leidtragenden Paketempfänger schlecht. Laut Dirk Daubenspeck von der Verbraucherzentrale Thüringen liegt das daran, dass nicht der Empfänger Vertragspartner des Absenders ist, sondern das Zustellerunternehmen: "Man hat keinen Anspruch gegenüber DHL, Hermes, der Deutschen Post, der DPD, GLS und wie sie alle heißen, dass man irgendwie beliefert wird. Sie sind zwar verpflichtet aus dem Vertrag, aber der Empfänger selber ist kein direkter Vertragspartner und kann die Ansprüche deswegen nicht geltend machen."

Natürlich könnten sich Betroffene beim Absender oder etwa der Bundesnetzagentur beschweren, sagt Daubenspeck. Man solle sich aber nicht zu viel davon versprechen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 23. März 2023 | 06:00 Uhr

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