Anschlagsplanung Bundeswehroffizier Franco A. zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt

15. Juli 2022, 17:17 Uhr

Der Bundeswehroffizier Franco A. ist zu einer Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt worden. Er wurde unter anderem wegen der Planung einer "schweren staatsgefährdenden Gewalttat" schuldig gesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigung kündigte Revision an. Unterdessen hat nach MDR-Recherchen die Bundeswehr im vergangenen Jahr insgesamt 246 Fälle extremistischer Betätigung mit rund 260 beteiligten Personen bearbeitet.

Der Bundeswehroffizier Franco A. ist vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Das Gericht befand ihn in mehreren Anklagepunkten für schuldig, unter anderem wegen der Planung eines Anschlags, Waffendelikten und Betrugs.

Der Vorsitzende Richter Christoph Koller sagte bei der Urteilsverkündung: "Der Senat ist überzeugt, dass er zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat entschlossen war." Zudem wurde dem suspendierten Oberleutnant ein "verfestigtes rechtsextremes und völkisch-nationalistisches" Weltbild bescheinigt. Nach Überzeugung des Gerichts wollte A. mit einer Gewalttat die Verhältnisse in Deutschland nach seinen Vorstellungen beeinflussen. Für die von ihm wahrgenommene "Zersetzung der deutschen Nation" habe er Politiker und Menschen des öffentlichen Lebens verantwortlich gemacht, die er als flüchtlingsfreundlich empfunden habe, so der Richter.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Drei Monate der ausgesprochenen fünfeinhalbjährigen Haft gelten bereits als vollstreckt. Mit dem Urteil folgte das Gericht im Wesentlichen der Anklage. Die Verteidigung hatte dagegen einen Freispruch vom Terrorvorwurf gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verteidiger von A. kündigte Revision an. Sobald diese eingelegt ist, wird sich der Bundesgerichtshof mit dem Fall befassen. Bis dahin bleibt A. in Untersuchungshaft.

Die Bundeswehr hat den Oberleutnant bereits suspendiert. Doch erst nach einer rechtskräftigen Verurteilung wird A. die Streitkräfte endgültig verlassen müssen. Eine Gerichtssprecherin sagte in diesem Zusammenhang, dass gegen den suspendierten Offizier auch ein disziplinarrechtliches Verfahren der Bundeswehr läuft.

Vorwurf der Anschlagsvorbereitung

Der 33-Jährige hatte sich seit vergangenen Mai vor dem Oberlandesgericht verantworten müssen. Ihm wurde vorgeworfen, Anschläge auf Politiker und andere Person des öffentlichen Lebens geplant zu haben. Dafür soll er sich eine Pistole sowie Munition aus Bundeswehrbeständen beschafft sowie weitere illegale Waffen besessen haben. Geplant gewesen sei unter anderem einen Anschlag auf die Gründerin der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane. Die Stiftung setzt sich für die "Stärkung einer demokratischen Zivilgesellschaft", gegen Rassismus und Antisemitismus ein. Auch auf den damaligen SPD-Justizminister Heiko Maas und die Vizepräsidentin des Bundestages Claudia Roth von den Grünen sollen Anschläge geplant gewesen sein.

Mehr als ein Jahr "syrischer Flüchtling"

A. war im Februar 2017 auf dem Wiener Flughafen festgenommen worden, als er eine geladene Pistole aus einem Versteck in einer Flughafentoilette holen wollte. Nach seiner Festnahme stellte sich zudem heraus, dass er sich mehr als ein Jahr lang als syrischer Flüchtling ausgegeben hatte. Mit der falschen Identität wollte A. nach eigenen Angaben Missstände im Asylverfahren aufdecken. Arabisch-Kenntnisse hatte A. nicht. In der Anklageschrift hieß es hingegen, dass er nach Straftaten den Verdacht auf syrische Geflüchtete lenken wollte. Der 33-Jährige bestritt die Vorwürfe, räumte aber ein, für den Fall eines Zusammenbruchs der öffentlichen Ordnung in Deutschland mehrere Waffen und Munition gehortet zu haben. Seit Februar befindet sich A. erneut in Untersuchungshaft, nachdem er zu Beginn des Verfahrens auf freiem Fuß war.

Chatgruppen mit rechtsextremen Inhalten

Die Bundesanwaltschaft hatte im Juni eine Haftstrafe von insgesamt sechs Jahren und drei Monaten für A. gefordert. Verteidiger hatten hingegen Freispruch für die Anklage wegen der Vorbereitung einer staatsgefährdenden Straftat sowie und Geld- oder Bewährungsstrafen für die Waffendelikte gefordert. Im Zuge der Ermittlungen war die Polizei auch auf Chatgruppen gestoßen, in denen teilweise rechtsextremistische Inhalte geteilt wurden. Daraus ergaben sich zum Teil weitere Ermittlungsverfahren, etwa in Mecklenburg-Vorpommern.

246 Fälle extremistischer Betätigung in der Bundeswehr

Unterdessen hat die Bundeswehr im vergangenen Jahr insgesamt 246 Fälle extremistischer Betätigung mit rund 260 beteiligten Personen bearbeitet. Das geht aus einer Übersicht des Bundesverteidigungsministeriums hervor, die MDR THÜRINGEN vorliegt. In Mitteldeutschland wurde demnach gegen 26 Soldaten und Zivilangestellte ermittelt. Demnach gab es im Jahr 2021 je neun Fälle extremistischer Betätigung in Sachsen-Anhalt und Thüringen und acht Fälle in Sachsen.

In den meisten der 26 Fälle in Mitteldeutschland ging es um den Verdacht der Verbreitung extremistischer Inhalte im Internet oder um extremistische oder rassistische Äußerungen. Dabei wurde gegen 22 Soldaten oder Unteroffiziere, zwei Reserveoffiziere und zwei Zivilangestellte ermittelt. Von den 22 betroffenen aktiven Soldaten und Unteroffizieren wurden zehn aus der Bundeswehr entlassen. In anderen Fällen wurden Disziplinarstrafen wie etwa Uniformtrageverbote oder Geldstrafen verhängt oder die Ermittlungen laufen noch.

MDR, dpa, AFP (fef/dni)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 15. Juli 2022 | 06:15 Uhr

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