„Meinung zu Gast“ – Marc Rath 4 min
Audio: Mega-Themen unserer Zeit bündeln sich in unseren Gemeinden, beobachtet Gastautor Marc Rath. Bildrechte: Andreas Stedtler (MZ), dpa
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"Meinung zu Gast"-Autor Marc Rath, Chefredakteur der "Mitteldeutschen Zeitung" und "Volksstimme", stellt vor den anstehenden Kommunalwahlen das Szenario auf: "Stell Dir vor, es sind Wahlen und keiner kandidiert!"

MDR AKTUELL Fr 15.09.2023 12:07Uhr 03:44 min

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"Meinung zu Gast" Stell Dir vor, es sind Wahlen …

15. September 2023, 12:30 Uhr

"Meinung zu Gast"-Autor Marc Rath beobachtet, dass auf Ebene der Kommunalpolitik ein Generationenwechsel ansteht. Will das angesichts der leeren Kassen in den Kommunen überhaupt noch jemand machen? Wie können neue Debattenformate und das Engagement der jüngeren Generation aussehen?

Stell Dir vor, es sind Wahlen … und keiner kandidiert! Dieses Szenario frei nach Bertolt Brecht könnte bei den Kommunalwahlen in Mitteldeutschland im nächsten Frühjahr in etlichen Orten durchaus eintreten. Nachdem sich nun auch Thüringens Landesregierung vor einigen Tagen auf den 26. Mai 2024 als Termin für die Kommunalwahlen verständigt hat, geht es für Parteien und Wählervereinigungen längst nicht mehr nur um die Frage, wie sie möglichst viele Stimmen bekommen können. Sondern ob man überhaupt antreten kann!

Meinung zu Gast  In der Rubrik "Meinung zu Gast" analysieren und kommentieren Medienschaffende aus Mitteldeutschland Transformations- und Veränderungsthemen: faktenbasiert, pointiert und regional verortet. Die Beiträge erscheinen freitags auf mdr.de und in der MDR AKTUELL App. Hören können Sie "Meinung zu Gast" dann jeweils am Sonntag im Nachrichtenradio MDR AKTUELL.

Generationenwechsel in Kommunalpolitik steht an

So hat bereits vielerorts die fieberhafte Suche nach Bewerberinnen und Bewerbern eingesetzt. Aktuell dominieren ältere Mitglieder die meisten kommunalen Gremien in Sachsen und Sachsen-Anhalt, wo mit der Europawahl am 9. Juni auch die Gemeindevertretungen gewählt werden, sowie in Thüringen. Viele von den Ü-70ern, die mitunter seit den 1990er Jahre die Geschicke in den Orten mitgestalten, wollen sich zurückziehen. Doch ihnen folgen kaum jüngere Menschen nach.

Man könnte es sich leicht machen mit einer Erklärung: Viele Regionen in unseren drei Bundesländern gelten als überaltert. Das schlägt eben auch auf die politische Arbeit durch. Aber es ist mehr als das: So haben Parteien kaum noch eine Bindewirkung direkt an der Basis. Kommunale Wählergruppen und mancherorts sogar die Freiwillige Feuerwehr haben da das Heft des Handelns in die Hand genommen. Warum übrigens auch nicht.

Kommunen haben kein Geld – Was soll man da entscheiden?

Noch gravierender ist, wenn es vor Ort wegen klammer Kassen schlichtweg nichts mehr zu entscheiden gibt. Die Kommunen in Mitteldeutschland beklagen nicht nur einen massiven Investitionsstau bei der Infrastruktur. Steigende Sozialausgaben und eine immer größere Aufgabendichte engen Spielräume auch immer weiter ein. Am Ende bleibt kaum noch etwas für sogenannte freiwillige Aufgaben wie Kultur- und Sportangebote oder Jugendarbeit übrig. Wer mag sich da noch engagieren?

Stuhlreihen stehen für die Besucher bereit.
Wie werden die Debatten rund um die Kommunalpolitik wieder besser besucht, fragt sich Gastautor Marc Rath. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Matthias Bein

Die Landtage und auch der Bundestag müssen hier wieder mehr finanzielle Spielräume schaffen. Mit Geld allein wird sich das Dilemma aber nicht beheben lassen. Wenn Zukunft gestaltet werden soll, ist auch eine neue Diskussionskultur nötig. Müssen es wirklich weiterhin nur die Sitzungen in der alten starren Form sein? Können nicht unmittelbar Betroffene besser in Entscheidungen eingebunden werden? Lässt sich heutzutage im täglichen Dorfleben oder auch digital nicht eine ganz andere Diskussionskultur etablieren?

Neue Formate für Diskussionen, um junge Leute abzuholen

Über Fragen wie diese muss unsere Gesellschaft nachdenken – und vor allem muss sie, müssen wir konkrete Schritte auf den Weg bringen. Es bewegt sich ja schon was: Oft engagieren sich junge Leute zu Themen, die ihnen wichtig sind. Häufig zeitlich befristet und in ungewohnten Formen, wie etwa in Gruppen in sozialen Netzwerken oder über Aktionstage. Daran lässt sich doch anknüpfen, wenn man neues Leben in die Regionen bringen will. Die Landtage sind hier gefragt, sie könnten einen Rahmen für neue Formate setzen und Experimentiermöglichkeiten schaffen.

Marc Rath Chefredakteur Mitteldeutsche Zeitung und Volksstimme
Bildrechte: Andreas Stedtler (MZ)

 Marc Rath Marc Rath ist der Chefredakteur der "Mitteldeutschen Zeitung" und der "Volksstimme". In der Reihe "Meinung zu Gast" kommentiert er als Gastautor Transformations- und Veränderungsthemen in Mitteldeutschland.

Denn die Mega-Themen unserer Zeit bündeln sich in unseren Gemeinden. Ob Demografie, Globalisierung, Digitalisierung, Energiewende oder Klimawandel – all das ist besonders im ländlichen Raum zu spüren. Umso wichtiger ist es, dass er gerade nicht abgehängt, nicht ausgeschlossen wird. Mehr als die Hälfte der Einwohner und Einwohnerinnen in Mitteldeutschland leben auf dem Land. Hier entscheidet sich, ob die Lösungen für die Zukunft auch ankommen – und das wird nur bei aktiver Beteiligung der Betroffenen gelingen.

Stell Dir vor, es klappt … dann blüht die Demokratie im Lokalen – in der kleinsten Einheit – neu auf. 

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MDR AKTUELL

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 17. September 2023 | 09:35 Uhr

17 Kommentare

Erichs Rache vor 34 Wochen

@shantuma


Ihre augenscheinliche FIXIERUNG auf die AfD empfinde ich nur noch VERSTÖREND !!

Herr Rath hat hier THEMEN wie "Demografie, Globalisierung, Digitalisierung, Energiewende oder Klimawandel" angemahnt, die "uns" alle betreffen ... und FÜR die es (einer) LÖSUNG/EN und einer KOMPETENZ aller Verantwortlichen bedarf.


Was hat das Ganze dann mit der AfD zu tun ?????
NIX !!!!

Erichs Rache vor 34 Wochen

@randdresdner

"Man kann ganz viele Sachen recherchieren wo das Steuergeld bleibt. "


Wer - zum Teufel - hat denn mal evaluiert, ob das Ganze wirksam und zielführend ist ???

Erichs Rache vor 34 Wochen

ÜBERALTERUNG ????????????


NEIN!!!


SCHLECHTE Familien-politik !!!


Das Münchner Ifo-Institut schlägt eine Reform von Einkommensteuer ...vor, ...

Kernpunkte sind eine Deckelung beim Ehegattensplitting, Erhöhungen bei Grundfreibeträgen, Werbekostenpauschalen und Kinderfreibeträgen, eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags, höhere Spitzen- und Reichensteuersätze sowie Änderungen bei der Grundsicherung, ...


Konkret soll an die Stelle des Ehegattensplittings ein Realsplitting treten. Statt gemeinsam veranlagt zu werden, sollen Eheleute ein zu versteuerndes Einkommen bis zur Höhe des gesetzlichen Unterhaltsfreibetrags - aktuell 13.805 Euro - auf den zweitverdienenden Partner übertragen dürfen.

Der Grundfreibetrag soll dem Vorschlag zufolge um 500 auf 11.408 Euro steigen, die Werbekostenpauschale um 200 auf 1430 Euro. Beim Spitzensteuersatz schlägt das Ifo 44 statt 42 Prozent vor - weiterhin ab einem zu versteuernden Einkommen von 62.809 Euro.

Vgl. Münchner Ifo-Institut

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