Neue Studie Sparkassen weisen Kritik an Investitionen zurück
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13. Juli 2022, 05:00 Uhr
Die Sparkassen in Deutschland haben im Gegensatz zu Privatbanken einen öffentlichen Auftrag. Sie sollen Menschen in einer Region mit Krediten versorgen, um so zur Entwicklung in der Region beizutragen. Eine Studie kritisiert nun, dass viele Sparkassen an diesem Auftrag vorbeiinvestieren und dabei große Risiken eingehen. Die Sparkassen streiten dies ab.
- Die Studie kritisiert Managementfehler und Fehlinvestitionen bei den deutschen Sparkassen.
- Der Deutsche Sparkasse- und Giroverband bezeichnet die Ergebnisse der Studie als nicht zutreffend.
- Auch Wirtschaftswissenschaftler Gischer findet den Schluss der Studie nicht nachvollziehbar.
Professor Ralf Jasny lehrt an der Universität für Angewandte Wissenschaften in Frankfurt am Main Betriebswirtschaftslehre. Als Finanzwissenschaftler hat er für eine Studie untersucht, wie die Sparkassen mit den Kundengeldern umgehen. Auf mehr als 100 Seiten kommt Jasny zu dem Schluss, dass die aktuellen Turbulenzen am Aktienmarkt einige Sparkassen in erhebliche Bedrängnis bringen können: "Es gibt einige Sparkassen in Deutschland, die investieren das Geld ihrer Kunden nicht in Kredite, also in Kundenkredite, wie es eigentlich von den Sparkassengesetzen vorgesehen ist, sondern ganz viel in festverzinsliche Wertpapiere und Schuldverschreibungen oder in Aktien und andere Wertpapiere. Das heißt, in Kapitalmarktprodukte. Und das nicht nur mit ein paar Euro, sondern einige Institute davon relativ viel."
Die sei ein Problem, sagt Professor Jasny, wenn wie in diesem Jahr die Aktienmärkte fallen und die Zinsen sprunghaft ansteigen. Beides führe zu erheblichen Verlusten, teilweise über mehrere zehn Millionen Euro. Er nennt ein Beispiel in Mitteldeutschland: "Im Jahre 2020 hat die Sparkasse in Zwickau auch in ihrem Bilanzbericht ausgewiesen, dass sie allein durch Aktienspekulationen 47 Millionen Euro verloren hat. Das entspricht rund 500 Euro pro Einwohner in Zwickau, die haben sich einfach mal in Luft aufgelöst."
Studie: Fehler im Management
Die Studie kritisiert grundlegende Managementfehler bei vielen Sparkassen. Das wiederum will der Deutsche Sparkassen- und Giroverband nicht auf sich sitzen lassen. Sprecher Stefan Marotzke meint, das sei ein Versuch, ein altes Papier von vor sechs Jahren wieder aufzuwärmen: "Schon damals hat Professor Jasny die exakt gleichen Thesen aufgestellt und schon damals waren sie nicht zutreffend. Wenn wir uns das vergangene Jahr anschauen, haben wir einen Einlagenbestand von 1.123 Milliarden Euro bei den Sparkassen insgesamt gehabt. Dem stand ein Kreditbestand von 955 Milliarden Euro gegenüber. Das heißt, Sparkassen haben eigentlich immer, in jedem Jahr, rund 100 Millionen an Einlage mehr, als sie an Krediten ausgeben."
Kein Sparkassenkunde müsse sich Sorgen um sein Geld machen, so der Verband. Überdies müssten Sparkassen grundsätzlich einen Teil ihrer Refinanzierungsmittel auch am Kapitalmarkt anlegen.
Wirtschaftswissenschaftler: Studie diskussionswürdig
Ähnlich sieht das auch der Wirtschaftswissenschaftler Horst Gischer. Er leitet an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg den Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre und sagt: Kredite zu vergeben trage manchmal ein größeres Risiko in sich als die Geldanlage am Kapitalmarkt: "Insofern vermag ich diesen zwingenden Zusammenhang zwischen Spartätigkeit auf der einen Seite und 1:1-Umsetzung in Kredite nicht nachzuvollziehen. Es gibt auch Sparkassen und Kreditgenossenschaften, die auf der Aktivseite mehr Kredite an Kunden vergeben haben, als sie auf der Passivseite Einlagen von Kunden und privaten Haushalten haben." Das Ergebnis hänge von der jeweiligen Geschäftssituation der Kreditinstitute ab.
Mit Blick darauf sei die Studie des Frankfurter Finanzwissenschaftlers Jasny diskussionswürdig. So sei zum Beispiel nicht in jeder Region die Kreditnachfrage gleich groß und Sparkassen müssten ihre Anlageformen auch danach ausrichten.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 13. Juli 2022 | 06:00 Uhr