Eine junge Frau lehnt auf dem Boden sitzend und in eine Decke gehüllt an einem Heizkörper
Die Heizkosten steigen: Viele MDRfragt-Mitglieder sorgen sich davor, dass sie im Winter frieren müssen. Bildrechte: IMAGO/photothek

MDRfragt Jeder Dritte hat Angst davor, im Winter frieren zu müssen

26. Juli 2022, 05:00 Uhr

In Anbetracht der aktuellen Gaskrise hat rund ein Drittel der MDRfragt-Teilnehmer Sorgen davor, im Winter frieren zu müssen. Unter den Gaskunden ist es sogar fast jeder Zweite, den dieser Gedanke beschäftigt. Zudem sprechen sich rund zwei Drittel dafür aus, die fertig gebaute Erdgaspipeline Nord Stream 2 in Betrieb zu nehmen. Das sind Ergebnisse der Befragung der MDRfragt-Community mit mehr als 28.000 Teilnehmenden aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Die Gaslieferungen aus Russland durch die Pipeline Nord Stream 1 sind seit Juni gekürzt, erst am Montag wurde bekannt, dass die Lieferungen nochmals halbiert werden sollen. Es ist unklar, ob die Gasspeicher in Deutschland für den Winter ausreichend gefüllt werden können - und die Preise für Gas steigen kräftig an. Viele MDRfragt-Mitglieder besorgt die aktuelle Gaskrise. Rund ein Drittel von ihnen hat Angst, im Winter frieren zu müssen.

Schaut man sich ausschließlich das Ergebnis für diejenigen an, die selbst mit Gas heizen, zeigt sich: Hier ist es sogar fast die Hälfte, denen der Gedanke an einen kalten Winter Sorgen bereitet. Einige MDRfragt-Mitglieder haben uns in Kommentaren geschrieben, was die Situation für sie bedeutet:

Kann ich mir die nächste Heizperiode noch leisten? Wir sind eine 5-köpfige Familie mit 2 Studenten und mein Mann arbeitet schon 40-45 Stunden pro Woche. Wir verdienen gutes Geld, aber mehr ist nicht mehr möglich.

Katja B., 41 Jahre, Harz

Meine monatliche Abschlagszahlung hat sich jetzt schon verdreifacht, ich weiß nicht, wie lange ich das bezahlen kann.

Susanne R., 50 Jahre, Magdeburg

Heizen ist das eine, aber es betrifft auch Warmwasser und wenn ich nicht heize, werden die Wände eventuell feucht.

Aline S., 35 Jahre, Mittelsachsen
Claudia Reiser - MDRfragt-Redaktionsteam, im Studiogespräch 3 min
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3 min

MDRfragt-Redakteurin Claudia Reiser mit Ergebnissen der aktuellen Befragung

MDR aktuell 21:45 Uhr Di 26.07.2022 21:45Uhr 02:52 min

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Drei Viertel blicken sorgenvoll auf kommenden Winter

Insgesamt blicken rund drei Viertel der MDRfragt-Mitglieder, die sich an der Befragung beteiligt haben, besorgt auf den kommenden Winter.

Nach konkreten Sorgen gefragt, waren es vor allem die Heizkosten, die wirtschaftlichen Schäden und mögliche soziale Unruhen, die die deutliche Mehrheit der Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer beschäftigen.

Vor allem zum letzten Punkt haben uns Kommentare erreicht:

Ich kann mir gut vorstellen, dass die Unzufriedenheit von Vielen gegenüber Staat, oder einer in ihren Augen diffusen Obrigkeit, weiter wächst. Dies wird uns diesen Winter deutlich mehr beschäftigen bzw. Probleme bereiten als die vielleicht etwas kälteren Wohnungen.

Johannes W., 33 Jahre, Dresden

Ich habe nicht gleich Angst vor sozialen Unruhen - im Vertrauen auf die Vernunft der Menschen. Aber es könnte für andere, vor allem jüngere und wenig einsichtige Menschen, schwer werden, diese Einschränkungen zu akzeptieren und mitzutragen.

Günther A., 45 Jahre, Erfurt

Dies wird wahrscheinlich die größte Krise in der Nachkriegszeit, die wir als Gesellschaft meistern müssen.

Robert M., 35 Jahre, Magdeburg

Jeder Zweite legt Geld für steigende Nebenkosten zurück

Rund jeder zweite MDRfragt-Teilnehmer legt sich schon jetzt ein Polster für die zu erwartenden Energiepreissteigerungen zu:

  • So spart aktuell mehr als ein Drittel Geld für die nächsten Erhöhungen bzw. Nachzahlungen.
  • Rund jeder Fünfte hat bereits freiwillig die Abschläge – etwa für Strom oder Gas oder allgemein die Nebenkosten – erhöht.

Hier einige Beispiele, was MDRfragt-Mitglieder aktuell finanziell leisten, um sich vorzubereiten:

Bisher kam noch keine Erhöhung von meinem Vermieter, aber ich spare bereits seit dem Frühjahr monatlich 100 Euro zusätzlich.

Stefanie S., 33 Jahre, Erfurt

Ich verzichte auf Urlaub für mehr Heizkosten. Wir heizen mit Öl und Holz und auch das ist teurer geworden.

Katja K., 46 Jahre, Saale-Orla-Kreis

Wir zahlen schon immer mehr als verlangt, um Nachzahlung auch bisher zu vermeiden. Wenn es jetzt so kommt, kann man es eh nicht ändern.

Thomas B., 47 Jahre, Saalekreis

18 Prozent haben aber auch angegeben, dass sie es sich nicht leisten können, dafür Geld zurückzulegen. Hier einige Kommentare dazu:

Ich weiß nicht, wie ich als Vollzeit arbeitende, alleinerziehende Mutter noch sparen kann. Da ich auch pendeln muss, geht viel Geld in mein Auto. Es bleibt nichts übrig. Ich bin sehr verzweifelt und weiß nicht, wie es weiter geht.

Selina E., 47 Jahre, Unstrut-Hainich-Kreis

Wenn ich wüsste, wovon wir noch was einsparen könnten und was auch umsetzbar ist, ohne in blinden Aktionismus zu verfallen – gern her damit.

Peggy R., 46 Jahre, Kyffhäuserkreis

Mehr als jeder zweite Gaskunde hat Verhalten geändert, um Gas zu sparen

Die Mehrheit der MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer heizt zuhause mit Gas - und bei vielen von ihnen wurde bereits in den letzten Wochen der Gaspreis erhöht. Um etwas einzusparen, hat mehr als die Hälfte der Gaskunden, die bei der Befragung mitgemacht haben, etwas im Alltag verändert. Weitere 13 Prozent haben das noch vor.

Einige MDRfragt-Mitglieder haben uns geschrieben, was sie konkret verändert haben:

Wir haben andere Duschköpfe angeschafft, sowie digitale Thermostate. Weiterhin haben wir die Heizzeiten und Raumtemperatur verringert.

Nadine S., 44 Jahre, Saale-Orla-Kreis

Warmwassertemperatur gesenkt und nur noch zwei Zeiten am Tag, wo Warmwasser bereitgestellt wird. Ausreichend Brennholz für den Kaminofen beschafft.

Michael B., 42 Jahre, Salzlandkreis

Kürzer sowie kälter duschen, kein Vollbad mehr, Fußbodenheizung nach der drastischen Erhöhung des Gaspreises zum 01.05. komplett ausgeschaltet, zum Glück war es da nicht mehr so kalt.

Peggy F., 48 Jahre, Gera

Home Office auf einen kleineren Raum umgeräumt.

Michael H., 50 Jahre, Chemnitz

Viele haben uns aber auch geschrieben, dass sie bereits seit langem sparsam leben und nun keinen weiteren Handlungsspielraum sehen.

Mehrheit hatte mit Wiederaufnahme der Gaslieferungen aus Russland gerechnet

Wird nach den Wartungsarbeiten wieder Gas fließen – oder nicht? Diese Frage beschäftigte Deutschland in den vergangenen Wochen. Etwas mehr als die Hälfte der MDRfragt-Teilnehmer war zuversichtlich, dass der Gashahn nur auf Zeit geschlossen bleibt. 42 Prozent nicht mit einer Wiederaufnahme der Lieferungen gerechnet.

Wir hatten die MDRfragt-Community auch danach befragt, wie sie auf die Nachricht reagiert haben, als nach den Wartungsarbeiten an der Pipeline Nord Stream 1 wieder Gas in Deutschland ankam. Die Antworten, die am häufigsten genannt wurden, haben wir hier zusammengefasst:

Wortwolke mit zwanzig Wörtern zum Thema: Reaktionen auf Gaslieferung
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Es zeigt sich: Viele sind erleichtert, beruhigt oder positiv gestimmt. Das haben auch einige MDRfragt-Mitglieder in ihren Kommentaren geäußert:

In Deutschland würde ohne Gas aus dieser Pipeline vermutlich das Chaos ausbrechen. Deswegen bin ich froh, dass es wieder fließt.

Alexandra H., 49 Jahre, Ilm-Kreis

LNG aus den USA und Gas aus Katar, kann keine Alternative sein!

Heiko K., 50 Jahre, Dresden

Leider müssen wir die Lasten der einseitigen Energieversorgung der letzten Jahrzehnte jetzt tragen. In dem Rahmen müssen wir dringend die Abhängigkeit schnellstmöglich lösen bzw. breit fächern. Bis dahin sind wir noch abhängig von Putins Gebaren. Ob es uns passt oder nicht!

Enrico W., 48 Jahre, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge

Viele haben auch angegeben, dass sie die Diskussion um einen möglichen, kompletten Lieferstopp aus Russland übertrieben fanden:

Ich glaube, dass wir uns vielleicht im Vorfeld zu große Sorgen gemacht haben bei "was wäre wenn"… Das sorgt teilweise auch für Unsicherheit und lässt die Preise steigen.

Tobias W., 45 Jahre, Eichsfeld

Ungeheuerlich, welche Äußerungen von Horrorszenarien Politiker darbieten (z.B. öffentliche Wärmestuben usw.). Kann sowas nicht einfach im Hintergrund geplant werden?

Janine D., 40 Jahre, Chemnitz

Ich finde es nicht gut, dass die Menschen im Vorfeld schon immer verrückt gemacht werden, anstatt ausschließlich die Fakten darzustellen. Politik spielt dabei keine sehr gute Rolle!

Andrea K., 49 Jahre, Gera

Drei Viertel haben Angst vor Gasstopp-Szenario

Auch wenn die Mehrheit der MDRfragt-Teilnehmer zuversichtlich ist, dass russisches Gas auch künftig weiter fließen wird: Die Möglichkeit eines Gasstopps bereitet rund drei Vierteln Sorgen. 22 Prozent sind eher unbekümmert.

Viele sehen in den Debatten rund um die Gaslieferungen in erster Linie Machtspiele:

Natürlich spielt der russische Machthaber mit dem Gashahn. Zu sehen, wie angebliche Solidarität mit der Ukraine entgegengesetzt proportional mit der Gasmenge steigt und fällt, bereitet ihm sicherlich große Genugtuung.

Florian S., 42 Jahre, Salzlandkreis

So lange Putin damit Geld verdient und Deutschland unter Druck setzen kann, wird es so weiter gehen.

Stephan B., 36 Jahre, Dresden

Ein komplettes Abschalten wäre auch für den Präsidenten Russlands nicht sinnvoll. Auch er benötigt einen Spielball um Gespräche gegenüber der EU mit Nachdruck zu generieren.

Torsten G., 40 Jahre, Landkreis Leipzig

Zwei Drittel befürworten Inbetriebnahme von Nord Stream 2

Während der Stilllegung von Nord Stream 1 aufgrund der Wartungsarbeiten, hat Russlands Präsident Putin betont, dass man alternativ auf Nord Stream 2 zurückgreifen könnte. Die fertiggestellte Pipeline wurde aufgrund des russische Angriffs auf die Ukraine jedoch nie in Betrieb genommen. Die MDRfragt-Teilnehmer würden eine Inbetriebnahme mehrheitlich begrüßen: Gut zwei Drittel sprechen sich dafür aus, ein gutes Viertel dagegen.

Auch hierzu haben uns Kommentare erreicht:

Ich wäre dafür, dass auch Nord Stream 2 aufgemacht wird und wir uns aus dem Konflikt Russland/Ukraine heraushalten!

Stephan K., 50 Jahre, LK Stendal

Nord Stream 2 wurde gebaut, weil Deutschland es wollte. Jetzt will keiner was davon wissen. Dies ist eine riesige Ressourcenverschwendung.

Chris S., 39 Jahre, Erfurt

Wenn man eine voll funktionsfähige Pipeline nicht öffnen will (Nord Stream 2) und jammert, dass nicht genug Gas geliefert wird über eine veraltet Pipeline (Nord Stream 1)…

Silke K., 48 Jahre, Mittelsachsen

Mehrheit für langfristige Unabhängigkeit von russischem Gas

Generell wünscht sich jedoch eine Mehrheit (58 %), dass sich Deutschland langfristig komplett unabhängig macht von russischem Gas. 39 Prozent hingegen wollen auch auf lange Sicht weiterhin aus Russland Gas beziehen.


Über diese Befragung Die Befragung vom 22.07.- 25.07.2022 stand unter der Überschrift:
Gaskrise – vorbei oder gerade erst begonnen?

Insgesamt sind bei MDRfragt 61.691 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet (Stand 25.07.2022, 10 Uhr).

28.448 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.

Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 306 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 3.998 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 12.008 Teilnehmende
65+: 12.136 Teilnehmende

Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 14.530 (51 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 7.074 (25 Prozent)
Thüringen: 6.844 (24 Prozent)

Verteilung nach Geschlecht:
Weiblich: 12.259 (43 Prozent)
Männlich: 16.130 (57 Prozent)
Divers: 59 (0,2 Prozent)

Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.

Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 11 | 26. Juli 2022 | 11:00 Uhr