vier Feuerwehrmänner, einer kleiner als der andere
Die Mitgliederzahlen der Feuerwehr bleiben in Sachsen-Anhalt inzwischen stabil, allerdings steigt die Zahl der Einsätze. Bildrechte: MDR Data

Feuerwehr-Tag Feuerwehren in Sachsen-Anhalt wieder häufiger im Einsatz

09. September 2023, 16:57 Uhr

Der Rückgang der Mitgliederzahlen bei den Freiwilligen Feuerwehren ist in Sachsen-Anhalt gestoppt. Die Zahl der Einsätze steigt wieder. Deshalb wirbt das Land am Tag der Feuerwehr für das Ehrenamt. Zusätzlich gibt es Schwierigkeiten bei der Ausbildung.

Gyde Hansen
Bildrechte: Gyde Hansen

Die Freiwilligen Feuerwehren stellen in Sachsen-Anhalt den Großteil der Einsatzkräfte, obwohl sie seit der Jahrtausendwende Mitglieder verloren haben. Zuletzt stabilisierten sich die Mitgliederzahlen wieder – trotzdem sucht die Feuerwehr mehr Ehrenamtliche, denn die Einsätze werden wieder häufiger.

Zusammen mit einer Imagekampagne wurde deshalb 2018 der Tag der Feuerwehr ins Leben gerufen. Unter dem Motto "Voller Einsatz" stehen am Samstag, 9. September, viele Wachen für Besucherinnen und Besucher offen. Um Interesse für das Ehrenamt bei der Freiwilligen Feuerwehr zu wecken, bereiten die Wehren Aktionen zum Mitmachen vor. Das Innenministerium Sachsen-Anhalt stellt auf ihrer Seite das diesjährige Programm vor.

Freiwillige Feuerwehr: Mitgliederzahl stabilisiert sich

Von den insgesamt fast 32.000 Feuerwehrkräften des Landes sind mehr als 98 Prozent bei der Freiwilligen Feuerwehr. Seit der Jahrtausendwende verlor das Ehrenamt knapp 9.000 Mitglieder. Ein Teil des Mitgliederschwunds könnte mit den sinkenden Einwohnerzahlen Sachsen-Anhalts zusammenhängen. Wie in Sachsen hat sich in den vergangenen Jahren jedoch auch die Mitgliederzahl in Sachsen-Anhalt wieder stabilisiert. Für die Jahre 2001 bis 2003 sowie 2009 liegen dem MDR keine Daten vor, da das Innenministerium für diese Zeiträume keine Jahresstatistiken veröffentlichte.

Für Kai-Uwe Lohse, Vorsitzender des Landesfeuerwehrverbandes, gibt es mehrere Gründe, warum die Mitgliederzahlen zuletzt stabil geblieben sind. Die Kampagne der Landesregierung von 2018 sei ein Baustein. Darüber hinaus beobachte er, dass viele junge Familienväter in die Freiwillige Feuerwehr eintreten würden: "Wenn das Häuschen gebaut ist, die Familie gegründet, dann ist Platz für ein Ehrenamt". Die Wehen der Nachwendezeit, in der die Menschen ihr Leben neu sortieren mussten und keine Zeit für Ehrenämter blieb, sei inzwischen vorbei, sagt Lose.

Wer kann bei der Freiwilligen Feuerwehr mitmachen?

Aktive Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr müssen zwischen 18 und 67 Jahre alt sein und regelmäßige Gesundheitschecks bestehen. Passive Mitglieder müssen diese Kriterien nicht erfüllen und können dabei helfen, die Ausbildung der Mitglieder zu koordinieren oder sich in den gesellschaftlichen Abteilungen der Feuerwehr engagieren. Einige Feuerwehren haben beispielsweise Musikzüge. Ab sechs Jahren können Kinder spielerisch die Aufgaben der Feuerwehr kennenlernen und ab einem Alter von 10 Jahren gehören sie zur Jugendfeuerwehr.

"Schlechte Ausbildung ist gleichzusetzen mit einem höheren Risiko"

Doch die Ausbildung der Feuerwehrkräfte in der Feuerwehrschule sei oftmals nicht ausreichend möglich, sagt Lohse. Durch die Arbeitsbedingungen gebe es dauerhaft zu wenig Ausbilder: "Die wenigen, die es gibt, kommen mit den Schulungen nicht hinterher." Das wiederum schrecke Menschen ab, die sich den Beruf vorstellen könnten. Eine gute Ausbildung sei wichtig, denn: "Schlechte Ausbildung ist gleichzusetzen mit einem höheren Risiko", sagt Lohse.

Weniger Geld für die Freiwillige Feuerwehr

Geld fehlt laut dem Landesfeuerwehrverbands-Vorsitzenden an vielen Enden. Gerätehäuser und Einsatzfahrzeuge sowie die persönliche Ausrüstung der Feuerwehrkräfte seien häufig in die Jahre gekommen. Dabei könnte zeitgemäße Ausrüstung ein weiterer Schlüssel für mehr Interesse am Ehrenamt bei der Feuerwehr sein, sagt Lohse. Für moderne Technik könnten sich schließlich viele begeistern. 

Trotz der deutlich angestiegenen Fördermittel für die Freiwillige Feuerwehr in Sachsen-Anhalt in den Jahren um 2018, schaut Lohse besorgt in die Zukunft. Die Bemühungen der letzten Jahre habe er wahrgenommen, doch der Bund habe Sparmaßnahmen in der inneren Sicherheit und der Gefahrenabwehr angekündigt. Das werde in der kommenden Zeit auch die Freiwilligen Feuerwehr spüren. Zwar finanzierten die Gemeinden in erster Linie die Freiwillige Feuerwehr: Spare aber der Bund, seien die Technischen Hilfswerke und Wehren schlechter ausgestattet – zum Beispiel mit Einsatzfahrzeugen.

Feuerwehren müssen wieder häufiger ausrücken

Nachdem im Corona-Jahr 2020 die Feuerwehr in vielen Kreisen besonders selten ausrücken musste, werden die Einsätze wieder häufiger. Das zeigen angefragte Zahlen aus den Kreisen. Die Gesamtzahl der Einsätze wird seit 2018 nicht mehr zentral veröffentlicht. Grund dafür ist ein geändertes Abfrageformular, das zu uneindeutigen Antworten der Wehren geführt hatte.

11 von 14 Landkreisen konnten auf Anfrage des MDR vollständig Auskunft geben. Magdeburg konnte nur für die Jahre 2022 und 2021 Angaben machen. Wie auch in neun weiteren Landkreisen ist die Zahl der Einsätze dort im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Im Harz musste die Feuerwehr mehr als tausend zusätzliche Einsätze fahren. Nur im Saalekreis und im Salzlandkreis mussten die Wehren seltener ausrücken.

Die Feuerwehr löscht nicht nur Brände: Sie hilft bei Unfällen, Sturmschäden und Naturkatastrophen wie Überflutungen. Bei etwa zwei Dritteln aller Einsätze handelte es sich nicht um Brände, sondern um sogenannte Hilfeleistungen. In Stendal war besonders die Zahl der Sturmschäden im letzten Jahr stark angestiegen. Das geht aus dem letzten erschienenen Ereignisbericht der Feuerwehr in 2018 sowie einer aktuellen Anfrage beim Landkreis Stendal hervor. Kai-Uwe Lohse sieht darin auch einen Grund für steigende Einsatzzahlen der vorigen Jahre: “Die Leute rufen uns nachts an, wenn ein Ast vor ihnen auf der Straße liegt, den sie auch selbst wegbewegen könnten."

Wir wachsen mit der Belastung auf. Das Fass ist eigentlich immer kurz vor dem Überlaufen.

Kai-Uwe Lohse, Vorsitzender des Landesfeuerwehrverband Sachsen-Anhalt

Deshalb gebe es nie zu viele Mitglieder bei der Feuerwehr, sagt Lohse. "Wir wachsen mit der Belastung. Das Fass ist eigentlich immer kurz vor dem Überlaufen." Neue Mitglieder könnte die Freiwillige Feuerwehr gut gebrauchen, um die Aufgaben auf mehr Schultern zu verteilen.

Was passiert, wenn keine freiwillige Feuerwehr zustande kommt?

Jede Gemeinde muss eine Freiwillige Feuerwehr unterhalten, die im Notfall einsatzbereit ist. Melden sich nicht genügend Freiwillige, muss eine Gemeinde Bürgerinnen und Bürger zum Dienst verpflichten. Das Land Sachsen-Anhalt hat daher 2018 neue Anreize beschlossen: Gemeinden können bei gleicher Eignung Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr bevorzugt im öffentlichen Dienst einstellen.

MDR (Gyde Hansen)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 09. September 2023 | 19:00 Uhr

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