Dienstags direkt | 05.09.2023 | 20-23 Uhr Verein(t) und engagiert - Verteilen sich Freiwilligenarbeit und Ehrenamt auf zu wenige Schultern?

04. September 2023, 20:08 Uhr

Wird Freiwilligenarbeit und das Ehrenamt in Sachsen zum Auslaufmodell? Wie erleben zivilgesellschaftliche Organisationen und freiwillig Engagierte diese Situation? Darüber haben wir am Dienstagabend gesprochen.

Freiwilliges Engagement scheint in Sachsen eine sichere Bank zu sein - ob in Sportvereinen, Wohlfahrtsverbänden, Freiwilligen Feuerwehren oder Freiwilligendiensten. Trotz der Pandemiejahre melden einige der 31.556 zivilgesellschaftlichen Organisationen in Sachsen einen Mitgliederzuwachs, bei den meisten sind die Zahlen zumindest konstant geblieben. Laut Deutschem Freiwilligensurvey 2019 engagiert sich jeder dritte Sachse ehrenamtlich und seit 2012 wurden mehr Vereine neu gegründet als aus dem Vereinsregister gelöscht. Auf das Ehrenamt ist also Verlass, oder? 

Gehockte Perspektive: Jung Frau sammelt freiwillig Müll ein im Park, gut gelaunt, im Hintegrund weitere Menschen
Wie beliebt ist ehrenamtliche Arbeit? Bildrechte: imago/MASKOT

Schaut man genauer auf die sächsische Vereinslandschaft, dann zeigt sich jedoch oft ein anderes Bild. Viele Sportvereine berichten zwar von Mitgliederzuwachs, allerdings fehlen Ihnen freiwillige Vereinsmitarbeiter, wie Übungsleiter, Kassenwarte oder Terminplaner.

Die ehrenamtliche Arbeit wird dann häufig auf den Schultern nur weniger Freiwilliger verteilt. Auch die Freiwilligen Feuerwehren bemühen sich vielerorts stärker um Nachwuchs. Die Einsatzdienste auch müssen in Zukunft besetzt bleiben. Tafeln und andere Wohlfahrtsverbände stehen vor der Herausforderung, langfristig Engagierte zu finden.

Zudem ist die Förderung des freiwilligen Engagements vor allem in ländlichen Regionen ausbaufähig, obwohl dort zwei Drittel der Freiwilligenarbeit stattfindet. Oft fehlen Beratungsstellen, Unterstützung bei Anträgen und finanzielle Mittel. So kritisiert etwa die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen, dass Fördermittel der öffentlichen Hand in der Regel nur für große Projekte bereitgestellt würden. - Kleinere Anfragen, wie z.B. die Begleichung von Rechnungen oder die Sanierung von Vereinsräumen, würden dagegen häufig zum bürokratischen Spießrutenlauf.  

Wird Freiwilligenarbeit und das Ehrenamt in Sachsen also vom Selbstläufer zum Auslaufmodell? Wie erleben zivilgesellschaftliche Organisationen und freiwillig Engagierte diese Situation? Hat das Engagement für andere vor allem in Krisenzeiten auch eine persönliche Grenze? Braucht es mehr Unterstützung und Anerkennung und wenn ja, wie können sie aussehen?  

Das fragen wir bei Dienstags Direkt. 

Gäste der Sendung:

Eine Frau schaut in die Kamera
Marlene Opel Bildrechte: Martin Klindtworth

  • Marlene Opel | Co-Organisationsleitung der Freiwilligenagentur Leipzig e.V.

Der Länderbericht der ZiviZ-Studie weist klar darauf hin, dass die lokale Förderung von Ehrenamt insbesondere im ländlichen Raum stark verbesserungswürdig ist. Freiwilligenagenturen als Bindeglieder zwischen Engagement-Interessierten und zivilgesellschaftlichen Organisationen können hier eine wichtige Rolle spielen - bei der Vermittlung von Engagierten, als Partner beim Thema Anerkennung und Würdigung des Ehrenamts, und als Anlaufstelle rund ums bürgerschaftliche Engagement.

Marlene Opel
Ein Mann in Uniform
Kai Bigge Bildrechte: Kai Bigge

  • Kai Bigge | Stadtwehrleiter Feuerwehr Bad Schandau

Das Engagement in der freiwilligen Feuerwehr war anfangs ein Hobby, wurde aber sehr schnell zu einer Berufung. Es ist ein tolles Gefühl, wenn man nach einem Einsatz die Gewissheit hat, einem Menschen geholfen zu haben.

Kai Bigge
Eine junge Frau mit Ukulele
Johanna Mixsa Bildrechte: Johanna Mixsa

  • Johanna Mixsa | Bundesleitung Verband christlicher Pfadfinderinnen & Pfadfinder

Mein ehrenamtliches Engagement bedeutet für mich, dass ich Kindern und Jugendlichen Raum zum über sich hinauswachsen und zur Werteentwicklung und persönlichen Entfaltung bieten kann. Aber auch Gesellschaft und Politik mitzugestalten und so mit vielen anderen zusammen die Welt ein Stückchen besser zu hinterlassen, als wir sie vorgefunden haben.

Johanna Mixsa
Ein Mann mit Bart lacht in die Kamera.
Christian Dahms Bildrechte: Christian Dahms

  • Christian Dahms | Generalsekretär Landessportbund Sachsen

Das Ehrenamt ist die Basis des organisierten Sports in Sachsen und Deutschland. Ohne das Engagement der vielen tausenden Ehrenamtlichen würde das Sportsystem, wie wir es seit mehr als 200 Jahren kennen, nicht mehr funktionieren.

Christian Dahms

Interviewpartner:

Detlef Graupner | Projektleiter Freiwilligendienste Sachsen

Nils Dauer | Ehrenamtlicher Übungsleiter beim SV Heinrichsort/Rödlitz

Jonathan Sikora | FSJler DRK Sachsen

Holger Reinboth | Bürgermeister Arzberg

Annerose Aurich | Leiterin Tafel Stollberg

Redaktion & Moderation:

Sina Peschke
Bildrechte: MDR / Martin Jehnichen

Redaktionelle Betreuung: Lukas Meister
Leitung: Ines Meinhardt

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