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Ein Gastprofessor, der nach Antisemitismusvorwürfen aus der Max-Planck-Gesellschaft geworfen wurde, wehrt sich nun juristisch. Er soll Israel mit Nazi-Deutschland verglichen haben. Bildrechte: IMAGO/Sven Simon
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MDR SACHSEN-ANHALT Sa 09.03.2024 16:57Uhr 00:46 min

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Nach Antisemitismusvorwürfen Max-Planck-Gesellschaft Halle: Professor wehrt sich gegen Rauswurf

09. März 2024, 18:04 Uhr

Ein nach Antisemitismusvorwürfen aus der Max-Planck-Gesellschaft entlassener Gastprofessor wehrt sich nun juristisch. Er soll Israel mit Nazi-Deutschland verglichen haben. Zudem habe er mehrfach öffentlich Ansichten geäußert, die nicht mit den Grundwerten des Instituts vereinbar seien.

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Nachdem sich die Max-Planck-Gesellschaft wegen Antisemitismusvorwürfen von einem Gastprofessor getrennt hat, wehrt sich dieser juristisch gegen seinen Rauswurf. Beim Arbeitsgericht in Halle sei eine Kündigungsschutzklage von Ghassan Hage gegen die Max-Planck-Gesellschaft eingegangen, teilte ein Gerichtssprecher. Ein Gütetermin sei für den 26. März angesetzt worden.

Israel-Nazi-Vergleich

Berichten zufolge soll Hage den auf den Überfall der Hamas folgenden Angriff Israels auf den Gazastreifen mit dem Vorgehen der Nazis verglichen haben. Daraufhin waren Forderungen nach Konsequenzen laut geworden. So hatte etwa der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, Aufklärung und Konsequenzen gefordert. Gleichzeitig hieß er gut, dass sich die Max-Planck-Gesellschaft von Hage getrennt hat. 

Hage hatte auf der Plattform X, vormals Twitter, nach Bekanntwerden der Anschuldigungen erklärt, er könne es nicht akzeptieren, indirekt als Rassist bezeichnet zu werden.

Mehrfach aufgefallener Forscher

Hage hatte seit April 2023 am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung in Halle (Sachsen-Anhalt) gearbeitet. Er habe über soziale Medien mehrfach Ansichten verbreitet, die mit den Grundwerten der Gesellschaft unvereinbar seien, hieß es in einer Stellungnahme der Max-Planck-Gesellschaft.

Deshalb hatte sich die Gesellschaft von dem libanesisch-australischen Wissenschaftler getrennt. Die Entscheidung habe die Gesellschaft im Einvernehmen mit dem halleschen Institut getroffen, hieß es. Eine Sprecherin der Max-Planck-Gesellschaft teilte nach Eingang der Klage auf Anfrage mit, die Gesellschaft kommentiere die jüngste Entwicklung derzeit nicht. 

Kritik an Israel oder Antisemitismus? ↓

Die internationale Arbeitsdefinition beschreibt Antisemitismus als: "eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen."

Sie stammt von der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken (International Holocaust Remembrance Alliance, IHRA). Die Bundesregierung hat außerdem folgende Erweiterung verabschiedet: "Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein."

Außerdem wird empfohlen, zwischen einer möglichen antisemitischen Äußerung und einer antisemitischen Grundhaltung einer Person zu unterscheiden.

Um festzustellen, ob es sich bei einer Äußerung um Kritik an Israels Politik oder um Antisemitismus handelt, gibt es in der Wissenschaft die 3D-Regel – oder auch die Weiterentwicklung mit fünf Merkmalen. Wenn Doppelstandards, Delegitimierung oder die Dämonisierung Israels im Spiel sind, ist ein Text oder eine Äußerung demnach antisemitisch. Das teilt der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung mit.

Das European Monitoring Center on Racism and Xenophobia benennt weitere Merkmale für Antisemitismus:

  • Aberkennung des Existenz- und Selbstbestimmungsrechts Israels
  • Vergleich bzw. Gleichsetzung Israels mit dem Nationalsozialismus
  • Anlegen anderer Maßstäbe an Israel als an andere Länder
  • Verantwortlichmachen von Juden aus aller Welt für das Regierungshandeln Israels
  • Bezugnahme auf Israel oder Israelis mit antisemitischen Bildern, Symbolen oder Floskeln.

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