Andreas Steiner, Schulleiter der Fichtenberg-Oberschule im Berliner Steglitz, schreibt 2019 an der Tafel das Wort "Demokratie".
Die weitere Finanzierung von Projekten zur Demokratie-Förderung stand zuletzt auf der Kippe, weil es Streit um den Bundeshaushalt gab. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Lisa Ducret

Haushaltseinigung im Bund Vor dem Aus bewahrt: Demokratie-Projekte bekommen weiterhin Geld

von Engin Haupt, MDR SACHSEN-ANHALT

15. Dezember 2023, 05:00 Uhr

Die Wichtigkeit von Demokratie-Projekten wird immer wieder betont. Trotzdem stand deren weitere Finanzierung in den letzten Wochen auf der Kippe. Der Haushaltsstreit der Ampel-Koalition sorgte dafür, dass den Projekten, die die Demokratie stärken sollen, das Aus zum neuen Jahr drohte. Jetzt bestätigt die Bundesregierung: Die Projekte werden auch 2024 weiter finanziert. Trotzdem bleibt vorerst Skepsis.

Die weitere Förderung von Demokratie-Projekten ist auch für das Jahr 2024 gesichert. Das hat das Bundesfamilienministerium auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT mitgeteilt. Der Streit um den Bundeshaushalt hatte die Arbeit der zahlreichen Projekte zur Stärkung der Demokratie bedroht, sie standen gar vor dem Aus. Mit der Einigung der Ampel-Koalition ist dieses Szenario nun abgewendet. Doch in die Erleichterung der Betroffenen mischt sich weiterhin die Sorge, ob ein flüssiger Übergang ins neue Jahr funktioniert.

Demokratie-Projekten drohte das Aus

Porträt Pascal Begrich
Pascal Begrich ist als Geschäftsführer des Miteinander e.V. auf die Bundesförderung für Demokratie-Projekte angewiesen. Bildrechte: Pascal Begrich

Pascal Begrich hatte unruhige Wochen. Er ist Geschäftsführer des Miteinander e.V. in Sachsen-Anhalt. Der Verein kümmert sich um Projekte, die die Demokratie stärken sollen. Doch aus eigener Kraft ist das nicht zu stemmen. Miteinander ist abhängig von Geldern des Bundes. Genau diese Gelder waren lange ungewiss. Die Bundesregierung stritt über den Haushalt für 2024.

Die Situation spitzte sich derart zu, dass die Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung (BAGD), zu der auch Miteinander e.V. gehört, warnte: "Wenn es nicht spätestens bis Weihnachten eine Lösung gibt, müssen Kompetenznetzwerke, Beratungsstellen und Modellprojekte zum Jahreswechsel ihre Arbeit einstellen."

Was macht Miteinander e.V.? Der Verein Miteinander arbeitet nach eigenen Angaben gegen Rassismus, Antisemitismus und alle anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, die zu Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt führen.

Über das Bundesprogramm "Demokratie leben!" werden bei Miteinander unter anderem die regionalen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus und die mobile Opferberatung finanziert, außerdem das Modellprojekt "Landheld*innen", das sich für eine demokratische Alltagskultur in der Nachbarschaft einsetzt.

Für den Verein Miteinander hätte das bedeutet, viele der Berater und Referenten aus den Demokratie-Projekten wären arbeitslos geworden. "Möglicherweise würde das Land Sachsen-Anhalt dadurch auch ausgewiesene Fachkräfte verlieren", erklärte Geschäftsführer Begrich noch am Montag.

Bundesregierung verkündet Haushaltseinigung

Am Mittwoch gab dann aber doch eine Lösung. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) verkündeten am Mittwoch eine Einigung im Haushaltsstreit – allerdings mit deutlichen Kürzungen. Immerhin musste im Haushalt für 2024 ein Loch von 17 Milliarden Euro geschlossen werden.

Bei Miteinander e.V. kann man trotzdem aufatmen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, dem die Förderung der Demokratie-Projekte unterliegt, teilt auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT mit: "Mit der Einigung ist die gute Nachricht verbunden, dass der Haushalt des BMFSFJ und damit das Fördervolumen von unseren Projekten nicht gekürzt werden." Die Weiterförderung der Projekte sei damit im geplanten Umfang möglich.

Weiter erklärt eine Sprecherin des Ministeriums: "Aufbauend auf dieser Einigung wird das BMFSFJ jetzt schnell alle Schritte gehen, um den betroffenen Projekten eine nahtlose Weiterarbeit zum 1. Januar 2024 zu ermöglichen."

Erleichterung über weitere Förderung

Pascal Begrich vom Verein Miteinander reagiert erleichtert: "Endlich hat die Bundesregierung sich auf einen Haushalt geeinigt und sich zur Demokratie-Förderung bekannt." Eine Weiterförderung der Projekte sei zugesagt worden. Begrich fordert nun: "Jetzt braucht es schnell auch rechtliche Gewissheit für die Fortsetzung über den Jahreswechsel und den Abruf von Fördermitteln."

Endlich hat sich die Bundesregierung zur Demokratie-Förderung bekannt.

Pascal Begrich, Miteinander e.V.

Auch aus der Landespolitik wird die weitere Förderung der Demokratie-Projekte begrüßt. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Pähle nennt es einen entscheidenden Schritt, "um unsere demokratischen Werte zu stärken und zu verteidigen. Uns ist die Dringlichkeit bewusst, wertvolle Demokratieprojekte zu schützen, besonders in einer Zeit, in der demokratische Strukturen sowohl national als auch international gefährdet sind."

Pähle, die in ihrer Fraktion auch Sprecherin gegen Rechtsextremismus ist, unterstreicht jedoch auch: "Mit Blick auf die Zukunft fordern wir nun einen vorzeitigen Maßnahmenbeginn noch in diesem Jahr." Das sei entscheidend, um Förderlücken zu vermeiden. Denn beschlossen ist der Bundeshaushalt mit der Einigung noch nicht. Daher bräuchte es den von Pähle erwähnten vorzeitigen Maßnahmenbeginn, damit die Demokratie-Projekte auch im Januar wieder Geld erhalten.

Skeptische Reaktionen aus der Landespolitik

Porträt Eva von Angern
Eva von Angern (Linke) traut den Zusagen erst, wenn sie offiziell vorliegen. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Deswegen zeigt sich die Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag, Eva von Angern, noch skeptisch. Es sei ein gutes Signal von der Bundesregierung, dass bei den Demokratie-Projekten nicht gespart werden solle. "Ich werde mich allerdings erst tatsächlich darüber freuen, wenn die entsprechenden Projekte ihre Fördermittelbescheide schwarz auf weiß haben, denn öffentliche Zusagen sind in dem Bereich nicht viel wert", antwortet von Angern im Interview mit MDR SACHSEN-ANHALT.

Von Rechtsextremen, die sich inzwischen in großer Zahl in sämtlichen Parlamenten befänden, gehe eine große Gefahr aus. "Und da ist es umso wichtiger, dass unsere Gesellschaft fit gemacht wird, um für unsere Demokratie, für unsere Verfassung und die Grundrechte einzustehen." Demokratie-Projekte sind laut Eva von Angern dafür ein wichtiges Puzzleteil.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Guido Heuer erklärt auf MDR-Anfrage: "Die aktuelle Ankündigung, dass die Bundesregierung sich weiter zur Förderung von Demokratie-Projekten bekennt, erscheint positiv. Nun müssen den Worten auch Taten folgen." Angewiesen ist die CDU hier allein auf die Bundesregierung. Denn die Christdemokraten regieren zwar im Land, sind im Bund jedoch nicht an der Regierung beteiligt.

MDR (Engin Haupt)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 14. Dezember 2023 | 20:00 Uhr

10 Kommentare

Fakt vor 21 Wochen

@Dora:

Nö. Konstruktive Oppositionen sind CDU/CSU und Die Linke! Der rechtsextreme Rand in Form der Blaubraunen muss, um als Opposition durchzugehen, erst einmal lernen, was konstruktive und berechtigte Kritik ist und von ihrem kompetenzsimulierten Hass- und Hetzgebrüll Abstand nehmen.

MDR-Team vor 21 Wochen

Hallo dieja, das Projekt "Linken Extremismus überzeugend kontern können – Schulung im Umgang mit gefährdeten Jugendlichen" wird seit 2020 gefördert, im Jahr 2023 mit 200.000 Euro. https://www.demokratie-leben.de/projekte-expertise/projekte-finden-1/projektdetails/linken-extremismus-ueberzeugend-kontern-koennen-schulung-im-umgang-mit-gefaehrdeten-jugendlichen-413

dieja vor 21 Wochen

Ich bin für Projekte, die das Demokratieverständnis fördern und für Meinungsfreiheit eintreten. Bei denen ein offener Dialog geführt wird. Leider richten sich diese nur gegen Rechts. Demokratiefeindlich sind aber auch Linksextreme und extreme Grüne. Alle diese Randgruppen versuchen mit Gewalt ihre Ideologie umzusetzen Demokratie sieht anders aus. Ich kann nicht verstehen, dass Linke und Grüne versuchen solche Straftaten zwar zu verurteilen, aber trotzdem dafür Verständnis zeigen, weil sie einer guten Sache dienen. Straftaten können nie einer guten Sache dienen, denn was eine gute Sache ist hängt von der Ideologie des Einzelnen ab.

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