Der Marktplatz mit Rathaus in Ilsenburg.
Ilsenburg (Archivaufnahme) plant die Wärmeversorgung der Zukunft. Bildrechte: picture alliance / ZB | Matthias Bein

Energiewende Die kommunale Wärmeplanung ist für Städte ein schwerer Brocken - Beispiel Ilsenburg

06. März 2024, 15:46 Uhr

In ganz Deutschland arbeiten Kommunen an den neuen Plänen zur Wärme-Versorgung. Die Stadt Ilsenburg hat im Gegensatz zu vielen anderen Städten bereits ein neues Konzept zur Wärmeplanung vorgelegt. Bürgermeister Denis Loeffke sagte MDR AKTUELL, er warte immer noch auf die Zusagen für die Förderung der Wärmeplanung.

Denis Loeffke sitzt in seinem Büro am Stadtrand von Ilsenburg und blättert durch dicke Ordner. Im Prinzip alles schon eine Vorstufe zur Wärme-Wende, sagt der Bürgermeister. Hier hat man sich schon sehr zeitig Gedanken gemacht, wie man die Wärme-Versorgung möglichst klimaneutral hinbekommt, eher nebenbei sozusagen. Ilsenburg ist damit eine Ausnahme.

Schon Ende 2020 kam die Anfrage nach einem Biomasse-Holz-Kraftwerk, vor allem bestückt mit Rest-Holz aus dem Harz. Zunächst stand die Stromerzeugung im Fokus. "Mit dem Jahre 2022, mit dem Kriegsbeginn, rückte die Wärme immer mehr in den Fokus. Wenn die Wärme ohnehin anfällt, was tun wir damit."

So entstand der Plan eines Nahwärmenetzes, mit dem zunächst die Kernstadt versorgt werden soll, plus Machbarkeitsstudie. Damit haben die Ilsenburger die erste Hälfte ihrer kommunalen Wärmeplanung geschafft. Schon damals wurde umfangreiches Datenmaterial erstellt, die Bedarfe von Bürgern und Unternehmen, die technischen Gegebenheiten erfasst.

Planerische Expertise holten sich die Ilsenburger von einem Kasseler Büro. "So wie es bei uns im Moment aussieht, werden wir wahrscheinlich eher fertig werden, als wir müssten."

Die Wärmeplanung hängt an den Fördergeldern

Noch aber wartet Loeffke auf eine Zusage vom Bund. Wie rund 60 weitere Kommunen im Land, die bis zum Jahresende ihren Förderantrag eingereicht haben. Wegen des Karlsruher Urteils zum Klimatransformationsfonds liegen diese Gelder aber noch auf Eis. Ohne die aber gehe es nicht, so der CDU-Politiker.

Insgesamt stellt der Bund 500 Millionen Euro für die kommunale Wärmeplanung zur Verfügung. "Ich bin ziemlich sicher, dass das nicht ausreichen wird. Aber es ist zunächst mal eine Hausnummer, darauf muss man sich verlassen können", sagt Sachsen-Anhalts Energieminister Armin Willingmann. Der SPD-Politiker bezeichnet den Zeitplan der Bundesregierung für die kommunale Wärmeplanung als "sehr, sehr ambitioniert".

Mehr Wärmeplaner werden gebraucht

Zumal jetzt alle Kommunen in ganz Deutschland vor der gleichen Aufgabe stehen, alle Planungs-Firmen zu benötigen. Und davon gibt es offenbar zu wenig, nur etwa 300, so jedenfalls die Schätzung kommunaler Spitzenverbände.

Allerdings, sagt der Chef der Landes-Energieagentur Lena, Marko Mühlstein, "gibt es Bewegung innerhalb des Marktes, innerhalb der Planungs- und Ingenieurbüros. Wir befinden uns im Austausch mit Markt-Anbietern, der Ingeneurakademie, mit anderen Anbietern, Bildungseinrichtungen und denken nicht nur über die Schulung von Ingenieuren nach, sondern auch von kommunalem Personal".

Zurzeit erstelle das Kompetenzzentrum für Kommunale Wärmewende in Halle ein Verzeichnis mit allen Planern, die kommunale Wärmeplanung könnten. Mühlstein beschreibt die verschiedenenen Voraussetzungen vor Ort: "Es wird eben nicht immer das Nahwärme- oder Fernwärmenetz sein. Und es wird auch darum gehen, welche Wärmequellen sind im Ort vorhanden? Wo kann man möglicherweise auch Abwärme, industrielle Abwärme nutzen? Und alles das wird in einer kommunalen Wärmeplanung allumfassend betrachtet werden."

Und erst wenn die vorliegt, müssen Hauseigentümer beim Einbau einer neuen Heizung darauf achten, dass diese mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben wird.

Zurück nach Ilsenburg, dort soll in ein paar Jahren der Stadtkern mit Wärme aus dem neuen Heizkraftwerk versorgt werden. Teil 1 der Wärme-Wende wäre dann also geschafft. Bleibt dann noch die andere Hälfte.

Bürgermeister Loeffke beschreibt das nächste Problem: "Wenn wir dann den Plan haben, wer bezahlt dann den Bau der Netze?"

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 06. März 2024 | 06:14 Uhr

46 Kommentare

Freies Moria vor 7 Wochen

@Anita: Die Stadt hat das Gesetz umgesetzt und damit eine Reihe anderer Folgen in Bewegung gesetzt. Dies, um eine Förderung zu bekommen.
Dafür haben alle Bürger, auch die die nichts von der Förderung haben weil sie für die Wärmekopplung ungünstig wohnen, erhebliche Nachteile.
Kurz: Bund zwingt Kommune die Bürger zu belasten, damit die Kommune einen kleinen Vorteil bekommt.
Nachricht an Stadträte: Wer gewählt werden will, lässt dieses Bonbon besser ungelutscht.

hinter-dem-Regenbogen vor 7 Wochen

#___"Bürgermeister Loeffke beschreibt das nächste Problem: "Wenn wir dann den Plan haben, wer bezahlt dann den Bau der Netze?" . . ."

Natürlich die Bürgerinnen und Bürger, Grundstückseigentümer und Immobilienbesitzer.

Verstehen Sie: Dieses Gesetz der "Wärmewende", wurde von den GRÜNEN erfunden.

hinter-dem-Regenbogen vor 7 Wochen

@Anita L.

Der Wärmeplan, ähnlich wie eine Bauleitplanung, ist kein ProjektbezogenerPlan. Praktisch wird einfach nur eine Art Satzung oder ein Fahrplan erstellt. Wenn die Gemeinde Glück hat, bekommt diese Vielleicht sogar einen Kostenplan dazugeliefert.

Die Projektausführung - falls es dazu kommen sollte, das hängt in jedem Fall von den Finanzierungsmöglichkeiten und von der Einsichtsbereitschaft und Bürgernähe der Gemeindevertretung ab - die Projektausführung ist praktisch die zweite Staffel, in der von Herrn Habeck herbeidoktrinieretn Energiewende.

Praktisch gesehen, kommt die Wärmeumgestaltung einer Kommune , einem Erschließungsplan gleich. Sämtliche Grundstücke der Gemeinde , die sich auf Fern oder auf Nahwärme "eingeschworen" hat, müssen neu erschlossen werden. Bei Erschließungsarbeiten aller Art und deren Finanzierung, greift die Kommunalgesetzgebung. (Stichwort Umverteilungsprinzip)

Die Grundstückseigentümer werden in so einem Fall, gesondert zur Kasse gebeten.

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