Neues Verpackungsgesetz Warum die Mehrwegpflicht aus Sicht des Gastro-Chefs nicht funktioniert

05. Januar 2023, 05:00 Uhr

Pizza, Döner, Asia Bowl: Um die Umwelt zu schützen und weniger Müll zu produzieren, gibt es in der Gastronomie seit Anfang des Jahres ein neues Gesetz. Mehrwegverpackungen sind Pflicht und müssen für das Mitnehmen und Abholen von Speisen von größeren Betrieben angeboten werden. Der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) äußert Kritik daran.

Der Chef des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in Sachsen-Anhalt, Michael Schmidt, hat die in der Gastronomie seit Jahresanfang geltende Pflicht zur Bereitstellung von Mehrwegverpackungen kritisiert. "Wir müssen ab sofort den gleichen Preis für Ein- und Mehrweg verlangen. Da nehmen die Gäste gar nicht erst mit und die Lebensmittel landen auf dem Müll", meint Schmidt. Viele Gäste seien nicht bereit, einen Aufpreis für die umweltfreundlichere Verpackung zu zahlen. "Das macht also alles gar keinen Sinn", so Schmidt.

Neues Verpackungsgesetz: Darum geht es Eine Neuregelung im Verpackungsgesetz sieht seit Beginn des Jahres vor, dass Restaurants, Bistros sowie Cafés, die Essen und Getränke für unterwegs verkaufen, sowohl Einweg- als auch Mehrwegverpackungen anbieten müssen. Dabei darf die Mehrwegverpackung nicht teurer sein als die Einweg-Alternative. Die Regelung umfasst unter anderem auch Kantinen, Tankstellen und Cateringbetriebe. Ausgenommen sind hingegen kleinere Geschäfte mit weniger als fünf Beschäftigten, wie beispielsweise Imbisse, Spätkauf-Läden oder Kioske. Hintergrund ist, dass langfristig die Umwelt geschützt und weniger Müll produziert werden soll.

Vermutung: Preise werden sich erhöhen

In den nächsten Monaten werde sich zeigen, welche Auswirkungen die Pflicht auf die einzelnen Unternehmen hat, sagte Schmidt. "Ich denke, dass alles einfach teurer wird." Am stärksten sei die Liefergastronomie von den Auswirkungen der eingeführten Pflicht betroffen. "Ich kann mir auch vorstellen, dass einige Kolleginnen und Kollegen einfach gar nicht mehr anbieten, die Lebensmittel zu verpacken", vermutet der Dehoga-Präsident. Bringen Gäste dann Behältnisse mit, um ihr Essen mitnehmen zu können, stelle sich jedoch die Frage, ob diese hygienisch unbedenklich sein: "Wir sprechen hier ja immer noch von Lebensmitteln."

Der große Unterschied von Mehrweg und Einweg

Fast die Hälfte der in Deutschland erhältlichen Getränke wird in umweltfreundlichen Mehrwegflaschen verkauft. Dabei können Glasflaschen bis zu 50 Mal wiederverwendet werden und sparen im Vergleich zu Einweg-Plastikflaschen unnötige Abfallmengen ein. Gehen sie nicht kaputt, können sie bis zu sieben Jahre im Umlauf sein. Sind sie nicht mehr nutzbar, werden sie recycelt. Das erfordert allerdings sehr viel Energie.

Mehrweg-PET-Flaschen haben sogar eine noch bessere Ökobilanz. Sie können zwar nur bis zu 25 Mal wiederverwendet werden, haben aber ein deutlich niedrigeres Gewicht. Das schlägt sich unter anderem im CO2-Ausstoß beim Transport der Flaschen nieder. Auch wenn Einweg-PET-Flaschen zurückgegeben und recycelt werden, bleibt es dabei: Für jedes Getränk muss eine neue Einweg-Verpackung produziert werden, die wenig später wieder zu Abfall wird.

Kurzfristig werde die Pflicht zur Mehrwegverpackung keinen Einfluss auf das Verhalten von Konsumentinnen und Konsumenten haben, prognostiziert Schmidt. "Dafür sind ihre Angewohnheiten zu stark eingeprägt." Ob eine Änderung langfristig eintreten wird, sei unklar. "Aber so einen Mehrweg-Pizzakarton, der dann rumliegt bis zu nächsten Bestellung, finde ich schon problematisch", findet Schmidt.

Umwelthilfe fordert Steuer auf klimaschädliche Einwegverpackungen

Mehrweggeschirr nur als freiwilliges Angebot, das wird nicht die Lösung sein, sagt Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Mehr bringen würde eine Steuer auf klimaschädliche Einwegverpackungen, sagt sie.

Außerdem seien noch gar nicht alle bereit, die Regelung umzusetzen. Die Behörden seien überlastet und hätten nicht unbedingt Kontrollen eingeplant; die Umwelthilfe will deshalb selbst kontrollieren.

dpa, MDR (Johanna Daher)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 04. Januar 2023 | 13:00 Uhr

33 Kommentare

Kritiker am 06.01.2023

AlexLeipzig: Eine Mehrwegverpackung vom Händler wieder (gereinigt) an diesen zurück zu bringen/zu geben: WAS WIRD dieser Händler dann wohl machen?
DDR - ein sehr guter Ansatz! Nur bewusst sollte sein das der Weg zu einem Laden, NICHT WIE HEUTE auf dem Dorfe, nach Kilometer zu bemessen ist (bzw. damals war) um in die nächste Stadt oder einem nahe liegenden Ort zu kommen, wo es entsprechende Einkaufsmöglichkeiten gab. Um diese Erkenntnis zu sehen muss man nicht unbedingt NUR ein "gelernter oder auch schwärmender DDR-Bürger" sein. Es reicht, das ich in diesem Teil von Deutschland aufgewachsen bin.

Kritiker am 06.01.2023

Andreas: Jeder Bürger, ob in Verantwortung oder nicht, der weniger zum Umsatz beisteuert, sollte sich im Klaren sein das daraufhin die Preise weiter steigen oder eben Standorte aufgegeben werden, die nicht genügend Geld einbringen und einen entsprechenden zu erwartenden Gewinn für Unternehmen damit minimieren.

Kritiker am 06.01.2023

AlexLeipzig: Es ist mir bewusst das von Fastfood-Ketten geschrieben wurde, nur es sollte auch verständlich sein das NICHT NUR diese Ketten allein Mehrweg oder höhere Preise von den Bürgern verlangen werden!

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