Ein leeres Klassenzimmer
Mehr als 2.000 Jugendliche in Sachsen-Anhalt verließen im vergangenen Jahr die Schule ohne Abschluss. Bildrechte: picture alliance/dpa

Schulbildung Hohe Schulabbrecherquote in Sachsen-Anhalt: Politiker kritisiert Förderschulen

03. August 2023, 08:55 Uhr

Etwa zehn Prozent der Schülerinnen und Schüler in Sachsen-Anhalt verlassen die Schule ohne Abschluss. Viele Jugendliche landen dann in Armut. In Sachsen-Anhalt besuchen überdurchschnittlich viele Schülerinnen und Schüler Förderschulen. Thomas Lippmann, Bildungspolitischer Sprecher der Linken, kritisiert die Zustände an diesen Schulen scharf.

Nach neun Jahren die Schule ohne Abschluss verlassen. So ging es im vergangenen Jahr mehr als 2.000 Jugendlichen in Sachsen-Anhalt. Kein neues Phänomen, sagt Sachsen-Anhalts GEW-Vorsitzende Eva Gerth: "Es ist so, dass die Zahlen zwar geringfügig schwanken, aber die Zahl der Schulabbrecher immer so bei zehn Prozent eines Altersjahrgangs lagen und das ist natürlich eher eine kleinere Katastrophe. Das sollte so nicht stattfinden und wir sollten uns dringend darum kümmern."

Dieter Dohme untersucht für das Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie die weiteren Biographien der Schulabbrecher. "Viele Jugendliche finden den Weg in die Schule zurück, machen den Hauptschulabschluss und holen den in einer Berufsschule nach. Für die anderen ist der Versuch, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, häufig nicht von Erfolg gekrönt. Es gibt einen Teil, der schafft es. Das ist aber relativ selten."

Hoher Anteil an Förderschülern

Viele landen also in Armut, wo sie oft auch herkommen. Keinen Schulabschluss zu haben, wird häufig vererbt. Etwa die Hälfte der Schülerinnen und Schüler schafft es, den Schulabschluss nachzuholen. Unter ihnen sind viele ehemalige Förderschüler, denn sie können auf Förderschulen oft gar keinen Hauptschulabschluss machen. Etwa acht Prozent eines Jahrgangs gehen auf die Förderschule. Das sind mehr als in allen anderen Bundesländern.

 "Es ist tatsächlich auffallend, dass die Quoten in den ostdeutschen Bundesländern und insbesondere in Sachsen-Anhalt deutlich höher sind als im Westen. Vielleicht ist es so, dass die Förderschulen und deren Repräsentanten in der Akquise von Jugendlichen relativ stark sind", sagt Dieter Dohme.

Staatssekretär Böhm verteidigt Förderschulanteil

Politische Rückendeckung haben die Förderschulen zumindest, auch wenn durch sie viele Jugendliche ohne allgemeinbildenden Abschluss zurückbleiben. Jürgen Böhm ist Staatssekretär im Bildungsministerium von Sachsen-Anhalt und verteidigt die hohe Quote von Kindern auf Förderschulen: "Ich glaube, die Förderung von jungen Menschen an Förderschulen ist die beste Bildung, die wir ihnen geben könnten. Deswegen brauchen wir nochmal eine Nachjustierung, inwieweit denn der Abschluss einer Förderschule noch einmal als ein allgemeinbildender Abschluss gewertet werden kann."

Lippmann: Man hat die Kinder aus dem Blick geschafft

Keine bessere, inklusivere Beschulung, sondern einen neuen Stempel. So nennt es Thomas Lippmann, Bildungspolitischer Sprecher der Linken: "An den Förderschulen fällt der meiste Unterricht aus, an den Förderschulen ist der Krankenstand der Lehrkräfte am höchsten, nur es guckt halt keiner hin. Das ist der Vorteil von Förderschulen: Man hat die Kinder, die eigentlich in besonderer Weise unsere Unterstützung brauchen, einfach aus dem Blick geschafft."

Er setzt sich stattdessen für eine stärkere Inklusion ein – auch, um die Zahl der Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss in den kommenden Jahren zu verringern.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 03. August 2023 | 06:00 Uhr

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