Barrierefreier Bahnhof in Borna
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Deutsche Bahn Wenn Kommunen auf Vorkaufsrecht beim Bahnhof verzichten

24. Dezember 2023, 12:25 Uhr

Die Bahn hat in den letzten zwei Jahrzehnten viele Bahnhofsgebäude verkauft. Häufig auch an private Investoren. Für zahlreiche Kommunen ist das zu einem Problem geworden. Ein Beispiel aus Borna.

Es heißt, es gäbe keine zweite Chance für einen ersten Eindruck. Und der erste Eindruck, den viele Reisende von einer Stadt bekommen, ist der Blick auf den Bahnhof. Bahnhöfe sind ein Aushängeschild einer Stadt. Die Planungsgesellschaft BahnStadt aus Berlin hat sich auf Bahnhöfe spezialisiert. Geschäftsführer Stephan Wilhelm sagt: "Wenn man sich alte Postkarten anschaut, von Städten, da ist immer Rathaus, Kirche, Bahnhof drauf. Das sind so die Orte in der Stadt, die prägend sind. Und gerade in Mitteldeutschland gibt's ja noch sehr viele auch städtebaulich besondere Bahnhöfe, Bahnhofsensembles."

Bornas OB: Eigentümer ließ Bahnhof weiter abrutschen

Auch wenn der Bahnhof als Verkehrsknotenpunkt mancherorts an Bedeutung verloren hat, er ist immer noch ein wichtiger Ort.

Kein Wunder, dass der Zustand des Bahnhofs den Bornaer Oberbürgermeister Oliver Urban zu Beginn seiner Amtszeit im Sommer 2022 beschäftigt hat. Er erzählt, der private Eigentümer habe "alles so gelassen, wie es ist, sodass der Bahnhof doch immer mehr abrutschte – dauerhafte Verschmutzungen, Kritzeleien, Schmierereien. Und aus einem Ort, der normalerweise in der Stadt ja einen Willkommen heißen soll, ein Ankunftsort, ist im Prinzip ein Ort des Unwohlseins geworden."

Kommunen haben kaum Mitspracherecht

Zu diesem Zeitpunkt war der Eigentümer die Aedificia Infrastruktur- und Entwicklungsgesellschaft. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Frankfurt. Es hat seit 2014 etliche Bahnhöfe in Mitteldeutschland gekauft und zum Teil auch wieder verkauft. Wie eine Recherche der "Leipziger Volkszeitung" ergab, werden sie schlecht in Stand gehalten.

Die Kommune kann in so einem Fall wenig machen. In der Regel würden bei Bahnhofsverkäufen keine Vorgaben zur Instandhaltung gemacht, sagt Wilhelm. Lediglich die Verkehrssicherheit müsse gewährleistet sein: "Also die Verkehrssicherheitspflichten sind das Mindeste, was der Eigentümer erledigen muss. Ansonsten ist er tatsächlich sehr frei, in seiner Entscheidung, was er damit tut. Wie bei jeder anderen Gewerbeimmobilie auch."

Eigentümerfirma antwortet nicht auf Anfragen

Aber was hat Aedificia mit den von ihr gekauften Bahnhöfen vor? MDR AKTUELL hat die Firma über einen Zeitraum von drei Wochen mehrfach schriftlich kontaktiert, aber keine Antwort erhalten.

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Im Jahr 1999 war die Bahn im Besitz von etwa 3.500 Bahnhöfen bundesweit. Heute besitzt sie nur noch etwa 700. Das ergeben Daten der Allianz pro Schiene. Mitte 2022 hat die Bahn angekündigt, keine weiteren Bahnhöfe mehr zu verkaufen. Bahnhöfe müssen "einladend sein", sie seien eine "Visitenkarte eines Ortes", hieß es damals.

Für Tausende Kommunen kommt diese Entscheidung zu spät. Denn nur etwa 500 Bahnhöfe gingen laut Bahn an Kommunen. In Borna nicht. Im Nachhinein die falsche Entscheidung, sagt Oberbürgermeister Urban: "Wenn ich heute die Zeit zurückdrehen könnte, und in die Position käme, würde ich unbedingt den Bahnhof von der Bahn kaufen."

Neue Eigentümerin Glücksfall für den Bahnhof

Borna hatte 2012 Vorkaufsrecht, die Stadt entschied sich aber gegen einen Kauf. 2023 sei der Bahnhof dann von einer Unternehmerin aus dem Raum Berlin gekauft wurden. Nach jahrelangem Verfall am Ende doch noch ein Glücksfall, meint Urban: "Die sichtbaren Bereiche sind alle einmal gestrichen worden, also alle traurigen Graffiti und andere Dinge sind alle weg. Und sie hat noch Blumenkästen aufgestellt und hat das Ganze noch ein bisschen verschönert. In wenigen Wochen und Monaten hat der Bahnhof sozusagen den Return geschafft. Er ist wieder ein Ort des Willkommens."

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 24. Dezember 2023 | 12:08 Uhr

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