Roland Walter Hermann Ulbrich (AfD)
Die AfD in Berlin und Sachsen will den Rechtsanwalt Roland Ulbrich aus der Partei und der Landtagsfraktion in Sachsen ausschließen. (Archivfoto) Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Kahnert

Rücktritt Sächsischer AfD-Politiker Ulbrich gibt Posten nach Kritik auf

30. Januar 2024, 11:40 Uhr

Die sächsische AfD will ihren Landtagsabgeordneten Roland Ulbrich aus der Partei und der Fraktion ausschließen. Als Grund nannte die Partei schwerwiegende Verstöße Ulbrichs gegen Parteigrundsätze. Ulbrich habe in einem Schiedsspruch Bezug auf ein NS-Gesetz von 1935 genommen. Er war schon zuvor mehrfach mit rechtsextremistischen Aussagen aufgefallen.

Der von einem Parteiausschluss bedrohte sächsische AfD-Politiker Roland Ulbrich ist als Vizepräsident des Bundesschiedsgerichts seiner Partei zurückgetreten. Das teilte die AfD am Dienstag in Berlin mit. Ulbrich übernehme damit die Verantwortung für den Inhalt eines Eilbeschlusses des AfD-Schiedsgerichts, "aus dem sich der Eindruck ergeben könnte, er mache sich mit seiner Rechtsprechung eine Begrifflichkeit und einen Rechtssatz des Nationalsozialismus zu eigen".

Schiedsgericht * Laut Parteiengesetz sollen Parteien Schiedsgerichte bilden.
* Sie dienen der Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten innerhalb der Partei oder eines Gebietsverbandes mit einzelnen Mitgliedern.
* Auch bei Streitigkeiten über die Auslegung und Anwendung von Satzungen lassen sich Schiedsgerichte hinzuziehen.
* Mitglieder der Schiedsgerichte werden für höchstens vier Jahre gewählt. Quelle: Bundesjustizministerium

Gegen den in Kritik stehenden AfD-Landtagsabgeordneten Roland Ulbrich hat die sächsische AfD ein Parteiausschlussverfahren beantragt. Das erfolge in Abstimmung mit dem AfD-Bundesvorstand, teilte die Partei am Montag mit. Der geplante Fraktionsausschluss wird allerdings nicht wie angenommen diesen Mittwoch erfolgen. Bei der anstehenden Fraktionssitzung sollte auch über den Antrag des Fraktionsvorstandes zum Ausschluss aus der sächsischen Landtagsfraktion entschieden werden. AfD-Fraktions- und Parteichef Jörg Urban sagte am Dienstag, die Frist sei nicht haltbar. Dafür machte er Regularien geltend.

Urban nennt Ulbrich "Einzelfall"

Sollten sich die Vorwürfe gegen Ulbrich bestätigen, werde das AfD-Schiedsgericht dem Antrag auf Parteiausschluss folgen, so Urban. Er bezeichnete die Personalie Ulbrich als einen Einzelfall. "Wir haben keine Extremisten in unseren Reihen. Und wenn der Verdacht besteht, dann setzen wir uns damit auseinander. Das machen wir gerade in dem Fall Roland Ulbrich sehr intensiv", so der Parteichef. Das Landesamt für Verfassungsschutz sieht das anders und hat die AfD in Sachsen als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft. Heißt: Die AfD in Sachsen kann nachrichtendienstlich überwacht werden.

Urban sieht nach eigener Aussage keinen Bedarf, das Prozedere für eine Aufnahme in die AfD zu ändern. "Ich glaube, wir prüfen unsere Mitgliederaufnahme viel intensiver als andere Parteien." Es ließe sich aber nie ganz verhindern, dass man erst hinterher merke, wenn jemand nicht mit den Parteigrundsätzen einhergehende Ansichten vertrete. "Wichtig ist, dass man dann eben reagiert, wenn so etwas auftaucht", so Urban.

AfD zu den Vorwürfen gegen Ulbrich

Was genau die AfD dem Rechtsanwalt Ulbrich vorwirft, sagte Menzel nicht: "Ich kann das zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen." Allerdings bestünde kein Zusammenhang mit dem rechtsextremen Geheimtreffen in Potsdam, dem seit Bekanntwerden bundesweit hunderte Protestdemonstrationen gegen Rechts folgten.

Der Generalsekretär der AfD in Sachsen und parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion, Jan Zwerg, lässt sich in einer Mitteilung zitieren: "Roland Ulbrich hat in schwerwiegender Weise gegen die Parteigrundsätze verstoßen. Wir sind deshalb zum Handeln gezwungen." Zwerg sagte weiter: "Jeder, der sich extremistisch äußert - ganz gleich, ob rechts- oder linksextremistisch - schadet der AfD massiv."

Der Bundesvorstand der AfD in Berlin antwortete auf Nachfrage von MDR SACHSEN, dass Herr Ulbrich "tatsächlich in einer Urteilsbegründung auf ein in den 1930er Jahren erlassenes Gesetz Bezug genommen" habe, "das allerdings schon seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr in Kraft ist".

Rassegesetze der Nazis als Beleg genutzt?

Es soll sich dabei um das sogenannte Reichsbürgergesetz von 1935 gehandelt haben, dass Ulbrich nach Informationen der "Leipziger Volkszeitung" bei einem Schiedsspruch des AfD-Bundesschiedsgerichts als Beleg herangezogen habe. In der damaligen Verordnung der Nationalsozialisten war festgelegt worden, dass Staatsangehörige jüdischen Glaubens nicht als Reichsbürger gelten konnten. Das Gesetz ist eines von zwei diskriminierenden "Nürnberger Rassegesetzen".

Der AfD-Bundesvorstand sagte am Montag dazu, "der betreffende Absatz bzw. diese Bezugnahme ist allerdings kurz darauf von derselben Kammer wieder vollständig aufgehoben" worden. Das umstrittene AfD-Mitglied Ulbrich war bis zum Rücktritt Vorsitzender der 2. Kammer des Bundesschiedsgerichts der AfD mit Sitz in Stuttgart.

Diffamierungen und Verharmlosungen von Opfern

Ulbrich war bereits mehrfach mit Äußerungen aufgefallen, die Entsetzen und Kritik hervorriefen. 2019 diskutierte er den rechtsextremen und antisemitischen Terroranschlag auf die Synagoge in Halle/Saale in sozialen Medien als "Sachbeschädigung". Die schlagende Studentenverbindung "Corps Rhenania" in Bonn versuchte mehrfach, ihr altes Mitglied loszuwerden. Nach dem Tweet zum Synagogen-Attentat warf sie Ulbrich raus, der klagte dagegen, wurde aber abgewiesen, berichtete der "Bonner Generalanzeiger".

Im Juni 2020 verharmloste Ulbrich in einer Rede im Leipziger Stadtrat die Opfer rechter Gewalt, nannte sie "moralisch höherstehende Edeltodesopfer" und rechnete sie mit anderen Opfern auf.

Der gebürtiger Düsseldorfer Ulbrich sitzt für die AfD im Innen- und im Verfassungsausschuss des Landtags und ist Stadtrat in Leipzig. Für Nachfragen war der Politiker bislang nicht erreichbar.

MDR (kk,cst)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 29. Januar 2024 | 14:00 Uhr

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