Sanitäter des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) in Jena-Göschwitz beim Deeskalationstraining.
Sanitäter des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) in Jena-Göschwitz trainieren Gefahrensituationen, denen sie im täglichen Einsatz möglicherweise ausgesetzt sind. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Deeskalation statt Selbstverteidigung Wie sich Sanitäter und Notärzte auf den Ernstfall vorbereiten

11. Juli 2023, 07:33 Uhr

Beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) in Jena-Göschwitz setzen die Mitarbeiter auf Konfliktentschärfung. Deshalb kooperiert der ASB mit der Unternehmung KoKoDema. Das steht für "Kommunikation, Konflikt- und Deeskalationsmanagement". Sanitäter werden darin geschult, früh zu erkennen, wann eine Person aggressiv wird und möglicherweise sogar angreift. Das Innenministerium erwägt, die Schulungskosten neu zu verteilen.

Sanitäterin Denise Heeren hat bereits an einem Kurs teilgenommen. Sie selbst sagt, dass sie dabei viel gelernt habe. Ein Deeskalationskurs dauert acht Stunden und kostet 1.000 Euro pro Gruppe. Diese sollte im besten Fall aus maximal 15 Personen bestehen, sagt Deeskalationstrainer Jan Birkemeyer. Nur so könne eine gute Ausbildung für jeden Einzelnen gewährleistet werden.

Deeskalationskurse müssen noch selbst bezahlt werden

Aktuell muss der Arbeiter-Samariter-Bund die Deeskalationskurse selbst finanzieren. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) überlegt jedoch, die Kosten für das Deeskalationstraining für Feuerwehrleute, Sanitäter und Notärzte anders zu verteilen. Das kündigte Maier am Montag bei einem Besuch beim ASB in Jena-Göschwitz an. Danach gebe es Überlegungen, diese Kosten bei den Krankenkassen anzusiedeln. Entsprechende Gespräche soll es in den kommenden Wochen geben.

Sanitäter des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) in Jena-Göschwitz beim Deeskalationstraining.
Bei einem nachgestellten Einsatz müssen die ASB-Sanitäter einen betrunkenen Mann versorgen und werden dabei mit einem Messer attackiert. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Wenn es gefährlich wird

Wie wichtig es ist, im Notfall schnell und richtig zu handeln, hat die Vorführung der Sanitäter gezeigt. Sie wurden zu einem nachgestellten Einsatz gerufen. Ein Mann mit einer klaffenden Platzwunde an der Stirn saß sichtlich betrunken auf einer Bank. Die Sanitäter eilten ihm zu Hilfe. Das Problem: Der Grundstücksbesitzer. Er reagierte aggressiv auf den Betrunkenen und wollte ihn so schnell wie möglich los werden. Immer wieder beleidigte er ihn und funkte den Sanitätern dazwischen. Rettungssanitäter Michael Alberti schaffte es, den aufgebrachten Grundstücksbesitzer zu beruhigen.

Doch da hatte er die Rechnung ohne den Verletzten gemacht. Der schnellte auf und wollte seine Flasche in Richtung des Grundstücksbesitzers werfen. Gerade noch rechtzeitig konnte Denise Heeren das verhindern. Als die Sanitäter den Mann zum Krankenwagen bringen wollten, fiel ihm ein Messer mit Springklinge aus der Tasche. Michael Alberti reagierte sofort und schloss das Messer außerhalb des Gefahrenbereiches. Danach konnten sie den Verletzten ohne weitere Vorfälle in den Rettungswagen bringen.

Training zeigt Gefahren im täglichen Einsatz auf

Das nachgestellte Szenario sollte deutlich machen, welchen Gefahren Notärzte und Sanitäter im täglichen Einsatz ausgesetzt sind. Vor allem aber sollte es eines demonstrieren: Deeskalation. Zunächst habe der ASB auf Selbstverteidigung gesetzt, sagt ASB-Kreis-Chef René Zettlitzer. Doch schnell hätten die Sanitäter festgestellt, dass das nicht funktioniert, wenn sie nicht mehrmals in der Woche trainieren. Außerdem müsse man früher ansetzen, so Zettlitzer.

Sohn versperrte Notarztwagen Zufahrt zur Notaufnahme

Im Frühjahr wurden zwei Mitarbeiter des ASB in Jena-Göschwitz bedrängt und angegriffen. Wie die Sanitäter berichteten, lief der Rettungseinsatz vorerst ganz normal ab. Sie versorgten die Patientin, die anschließend ins Universitätsklinikum nach Jena gebracht werden sollte. Doch ihr Mann und ihr Sohn bestanden darauf, dass sie nach Bad Berka in die Zentralklinik gebracht wird. Das hätte aber 25 statt zehn Minuten Fahrzeit bedeutet.

Nachdem der Krankenwagen Richtung Jena fuhr, verfolgte der Sohn ihn mit seinem Privatauto. Kurz vor der Notaufnahme überholte er den Rettungswagen und stellte sich quer vor die Einfahrt. Danach habe er Michael Alberti nach eigenen Angaben zweimal geschlagen. Erst nach 26 Minuten sei die Polizei eingetroffen. Die Polizisten hätten ebenfalls Probleme gehabt, den aufgebrachten Sohn zu beruhigen.

MDR (dnk)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 10. Juli 2023 | 14:00 Uhr

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