Finanzen Thüringer Regierung will 900 Millionen Euro mehr ausgeben

12. Juli 2022, 18:37 Uhr

Die Thüringer Landesregierung will im Jahr 2023 rund 900 Millionen Euro mehr als 2022 ausgeben. Finanzministerin Heike Taubert zufolge wird mehr Geld für Kommunen, Klimaschutz und Digitalisierung bereitgestellt. Auch Corona-Schulden sollen getilgt werden. Dafür muss das Land aber erneut tief in den Rücklagentopf greifen.

Das Land Thüringen plant für das Jahr 2023 mit deutlich steigenden Ausgaben. Finanzministerin Heike Taubert (SPD) sagte MDR THÜRINGEN am Dienstag, der Haushaltsentwurf sehe ein Volumen von 12,82 Milliarden Euro vor. Das seien knapp 900 Millionen Euro mehr als noch 2022.

Tauberts Angaben nach steigen die Ausgaben, weil das Land unter anderem mehr Geld für die Kommunen, den Klimaschutz, die Digitalisierung und für Geflüchtete bereitstellt. Auch von den Corona-Schulden sollen mit 236 Millionen Euro nun mehr getilgt werden als ursprünglich vorgesehen. Eigentlich hatte die Finanzministerin für das kommende Jahr mit einem Etat von 12,4 Milliarden Euro geplant.

Thüringen schmilzt Rücklagen ab

Am Montag hatte sich das Kabinett auf einen Haushaltsentwurf geeinigt. Im Herbst soll er in den Landtag eingebracht werden. Allerdings ist die rot-rot-grüne Minderheitsregierung dort auf mindestens vier Stimmen aus der Opposition angewiesen. FDP und CDU hatten sich am Montag zunächst kritisch zu den Haushaltsplänen geäußert.

Laut Taubert will das Land 2023 erneut in die Rücklagen greifen. Dem Entwurf zufolge sollen bis zu 640 Millionen Euro aus dem Topf entnommen werden, der eigentlich für unvorhergesehene Mehrkosten vorgesehen ist. Die Rücklage könnte damit über das Jahr 2023 von etwa einer Milliarde auf 400 Millionen Euro zusammenschmelzen. Geht das so weiter, drohen ab dem Jahr 2024 schmerzhafte Einschnitte im Landeshaushalt, so Taubert. Erst am Montag hatte die Präsidentin des Rechnungshofes, Kirsten Butzke, die Landesregierung vor überzogenen Ausgabewünschen für das Jahr 2023 gewarnt.

Minister fordern zusätzliche Ausgaben

In den Haushaltsverhandlungen hatten Tauberts Ministerkollegen aber mehrere Hundert Millionen Euro an zusätzlichen Ausgaben gefordert. Diese Forderungen konnte die Finanzministerin in den sogenannten Chefgesprächen nur teilweise reduzieren.

Insgesamt wurden die Etatvorstellungen der Ressortchefs in den vergangenen Wochen um rund 460 Millionen Euro gedrückt, berichtet Taubert. Die meisten Häuser hätten auch ihre Wünsche nach mehr Personal zurückgezogen.

Lediglich im Umweltministerium gab es Taubert zufolge einen leichten Stellenzuwachs. Einem Sprecher des Ressorts zufolge beläuft sich die Zahl auf mehr als 20 Stellen. Dabei gehe es unter anderem darum, die Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.

Heftige Kritik von CDU und FDP

CDU und FDP warfen der Landesregierung vor, jedes finanzielle Maß verloren zu haben. Wichtiger sei es, Geld zurückzuhalten, um Wirtschaft und Bürgern in einer Energiekrise helfen zu können. Union und Liberale kündigten harte Haushaltsverhandlungen im Landtag an. CDU-Fraktionschef Mario Voigt erneuerte die Forderungen etwa nach einem Investitionsprogramm für Dorfläden oder einer Zulage für Lehrer in Gebieten mit Lehrermangel.

Der finanzpolitische Sprecher der Linken, Ronald Hande, sagte dagegen, einem Beschluss im Dezember stehe nun nichts mehr im Weg. Er kündigte an, dass die Linke eine Sondersitzung des Landtages direkt nach der Sommerpause beantrage, um zügig ins parlamentarische Verfahren zum Haushalt zu kommen.

Die CDU hatte der rot-rot-grünen Minderheitsregierung die Mehrheit für den Haushalt 2022 verschafft - allerdings mit Sparauflagen und geknüpft an bestimmte Projekte wie etwa Bodycams für die Polizei. Zudem muss die Landesregierung schon 2022 rund 330 Millionen Euro im Zuge einer sogenannten globalen Minderausgabe einsparen. Die Einsparungen hatten zuletzt für Debatten gesorgt.

Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke) wollte etwa die Schulgeldfreiheit für Gesundheitsberufe an freien Schulen streichen und begründete das mit den Sparauflagen. Das löste bei der CDU Protest aus. Diese Woche soll die Entscheidung im Landtag rückgängig gemacht werden. Nun soll das Geld nicht mehr aus dem Bildungshaushalt, sondern aus dem Landesetat kommen.

Gewerkschaftsbund sieht Handlungsfähigkeit Thüringens bedroht

Der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht die Handlungsfähigkeit des Landes bedroht. Es sei ein zu enges Konzept, sagte Michael Rudolph, der DGB-Vorsitzende Hessen-Thüringen. Die Forderung nach strikter Ausgabendisziplin sei absurd, so Rudolph. In der jetzigen Situation Corona-Schulden tilgen zu wollen, nannte er "finanzpolitischen Selbstmord".

MDR (jn)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 12. Juli 2022 | 19:00 Uhr

4 Kommentare

Freies Moria am 13.07.2022

@Eddi58: Kampf gegen Rechts ist überflüssig, Gesetz wegmachen.
Denn: Das Geld wird für ernsthafte Dinge benötigt. Die Kämpfer können da ruhig mal anpacken. Als Erzieher, Lehrer, oder Flüchtlingshelfer. Oder im Handwerk, wo zig Arbeitskräfte fehlen.

Freies Moria am 13.07.2022

Flüchtlinge, Klima, Corona, Kommunen - für alles, was nix einbringt ist Geld da, aber für Investitionen wie in Bildung / Lehrer will man nicht angemessen zahlen "weil kein Geld da ist".
Schon seit über einem Jahrzehnt geht das so.
Gerade wieder beim Hickhack um Selbstzahlen der Pflege-Ausbildung sehr schön sichtbar gewesen.
Ekelhaft.

Wurzelsepp am 12.07.2022

So wie es sich liest, enthält der Haushalt 2023 sehr viel Einsparpotential. Zuerst sollte der Haushalt 12,4 Mrd enthalten, jetzt sind es nach den von Taubert verlorenen Chefgesprächen also 12,82 Mrd. Euro geworden, also 400 Millionen Euro mehr. Dabei hat die Opposition schon 2022 eine Streichung von 300 Millionen Euro durchgesetzt. Wenn allerdings schon 12,2 Mrd. Euro im Jahr 2022 nicht durchgegangen sind, wird es dieser Haushalt 2023 erst Recht nicht schaffen. Was Taubert nicht durchsetzen könnte, muss nun die Opposition leisten. Die auflaufenden Schuldenzinsen steigen gerade wieder an. Sie werden wie Blei um den Hals auf Thüringen wirken.

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