Bundeswehr Sport als Therapie: Wie ein Hauptfeldwebel zu Prinz Harrys "Invictus Games" kam

31. Juli 2022, 15:55 Uhr

Prinz Harry aus dem englischen Königshaus und seine Frau Meghan haben den "Invictus Games" im April 2022 in Den Haag Glanz und Glamour verliehen. Doch um Glamour geht es dem schillernden Paar hier nicht: Die "Invictus Games" hatte Harry vor Jahren ins Leben gerufen - als Sportwettkampf und Bühne für verwundete und verletzte Soldatinnen und Soldaten. Der Bundeswehr-Hauptfeldwebel Christian Laube war in Den Haag dabei.

Porträt Autor Dirk Reinhardt
Bildrechte: MDR/Dirk Reinhardt

Mehrmals in der Woche ist Christian Laube hier unterwegs - auf seiner Trainingsstrecke im Wald rund um den Stausee Rabenstein bei Chemnitz. Zehn Kilometer misst eine Runde. Er tritt kräftig in die Pedale seines Profi-Mountainbikes. Auf und ab geht es, die Strecke durchs Gelände ist durchaus anspruchsvoll.

Hauptfeldwebel Christian Laube, Invictus Games-Teilnehmer
Christian Laube beim Training am Stausee Rabenstein Bildrechte: MDR THÜRINGEN JOURNAL

"Der Sport hilft mir, runterzukommen, die Schmerzen zu vergessen", sagt Laube. Der 34-Jährige ist Hauptfeldwebel bei der Bundeswehr. Die Schmerzen, von denen er spricht, stammen von einem Verkehrsunfall, den er vor 13 Jahren in Erfurt erlitten hat. Verursacht von einem Geisterfahrer. Laube war damals auf dem Weg zum Dienst in Bad Frankenhausen. Er erlitt eine Verletzung am linken Arm, die ihm bis heute Schmerzen verursacht. In dem Arm habe er nur noch 20 Prozent Kraft, erzählt er. Und über die Jahre habe sich bei ihm eine Posttraumatische Belastungsstörung entwickelt.

Hilfe von der Sportschule der Bundeswehr

Eine Therapiegruppe in der Sportschule der Bundeswehr habe ihm geholfen, mit diesen Folgen des Unfalls umzugehen. "Dadurch bin ich zum Radfahren gekommen." Seine sportlichen Leistungen wurden immer besser, und schließlich wurde Laube als Teilnehmer für die "Invictus Games" in Den Haag nominiert. Diese Wettkämpfe gibt es seit 2014. Initiiert hat sie Prinz Harry aus dem englischen Königshaus. Der hatte als Offizier der britischen Armee Auslandseinsätze in Afghanistan mitgemacht und war dort mit dem Leid und den Problemen von Soldatinnen und Soldaten konfrontiert worden, die im Einsatz verwundet wurden.

"Invictus Games" machen auf verwundete Soldaten aufmerksam

Prinz Harry
Prinz Harry bei den Invictus Games in Den Haag Bildrechte: IMAGO/ANP

Prinz Harrys Stiftung, die Invictus Games Foundation, organisiert die Wettkämpfe nun schon seit einigen Jahren. Zuletzt fanden sie im April dieses Jahres im niederländischen Den Haag statt, mit Teilnehmern aus 20 Nationen. Auch Christian Laube war dabei. Er bestritt dort Rad- und Ruderrennen und spielte in einem gemischten Team aus deutschen und ukrainischen Spielern im Sitzvolleyball.

"Ich fand das insgesamt sehr berührend und emotional sehr stark fordernd für mich", erzählt Laube. Die "Invictus Games" seien ja nicht nur für Soldaten, die im Einsatz verwundet wurden, gedacht, sondern auch für jene, die im Dienst verletzt worden sind. "Im Fokus steht, dass man Krankheit und Verletzung überwindet - und das kann man gemeinsam schaffen."

Nächstes Jahr in Düsseldorf

Fregattenkapitän Lars Koch, Sprecher Orga-Team der Bundeswehr für Invictus Games 2023 in Düsseldorf
"Gute Gelegenheit, um Respekt zu zeigen": Fregattenkapitän Lars Koch im Video-Interview. Bildrechte: MDR THÜRINGEN JOURNAL

"Diese Spiele sind Teil einer individuellen Rehabilitation, und durch das Aufeinandertreffen von ganz vielen Menschen mit ähnlichen Schicksalen gelingt sogar zum Teil eine Selbsttherapie", sagt Fregattenkapitän Lars Koch. Er ist Sprecher des Organisationsteams der Bundeswehr für die "Invictus Games" 2023 in Düsseldorf. Gleichzeitig dienten diese Spiele auch dazu, "die Belange und Schicksale beziehungsweise Schicksalsschläge der Soldatinnen und Soldaten an die Öffentlichkeit zu bringen", so Koch. Sie seien eine gute Gelegenheit, denjenigen, die für das Land im Einsatz waren und dabei einen körperlichen oder seelischen Schaden erlitten haben, Respekt zu zeigen.

Kati Wilhelm ist Botschafterin

Vom 9. Bis 16. September 2023 werden die "Invictus Games" in Düsseldorf stattfinden. Die Organisation liegt bei der Bundeswehr, die mit einer Eventagentur der Stadt Düsseldorf zusammenarbeitet. Welche Bedeutung die Bundeswehr diesem Event beimisst, zeigt auch die Tatsache, dass ihr rund 80-köpfiges Organisationsteam in Düsseldorf von einem General geführt wird. Für die Großveranstaltung hat das Team auch mehrere sogenannte Botschafter gewonnen - unter ihnen die Thüringer Biathlon-Olympiasiegerin Kati Wilhelm. Sie sollen für das Event werben.

Man rechne mit rund 100.000 Besucherinnen und Besuchern im nächsten Jahr, sagt Sprecher Lars Koch. Rund 500 Athleten aus 20 Nationen seien dabei.

Sportschule wählt Team für 2023 aus

Wer im deutschen Team sein wird, steht noch nicht fest. Die Auswahl erfolge in der Sportschule der Bundeswehr im westfälischen Warendorf, in der verletzte Soldaten wie Christian Laube im Rahmen der Sporttherapie betreut werden. "In der Sporttherapie sind Sportlehrer, Psychologen und medizinische Betreuer", erläutert Koch. Die wählten die Teammitglieder für die "Invictus Games" auch danach aus, ob die Teilnahme einen positiven Einfluss auf ihre Therapie haben werde.

Hauptfeldwebel Christian Laube, Invictus Games-Teilnehmer
Christian Laube hofft, in Düsseldorf dabei zu sein. Bildrechte: MDR THÜRINGEN JOURNAL

Für Christian Laube funktioniert dieser Ansatz, wie er sagt. "Auch ich hatte in den schweren Phasen meiner Krankheit, wo ich wochenlang nicht schlafen konnte, wo vielerlei Gedanken im Kopf kreisten, dass alles keinen Sinn mehr macht." Die Gruppe Sporttherapie an der Sportschule der Bundeswehr sei für ihn immer ein Rückhalt gewesen, wo man sich hinwenden konnte.

Also ich versuche schon Vorbild zu sein - einfach um Jedem die Motivation aufzuzeigen: Egal, wie bescheiden die Situation ist, dass man versucht, sich wieder rauszukämpfen.

Christian Laube

Wenn er noch einmal bei den "Invictus Games" dabei sein könnte, würde er sich freuen, sagt Laube. Aber er habe auch kein Problem damit, wenn anderen die Möglichkeit dazu gegeben werde.

Der Geisterfahrer übrigens, der Laubes Unfall im Oktober 2009 in Erfurt verursacht hatte, konnte bis heute nicht ermittelt werden.

MDR (dr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 29. Juli 2022 | 19:00 Uhr

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