Wirtschaft Wie geht's weiter bei Eschenbach und Kahla-Porzellan?

21. Dezember 2022, 05:00 Uhr

Vor knapp drei Monaten schlugen die Thüringer Porzellanhersteller Alarm wegen der gestiegenen Gaspreise. Damals kündigte Eschenbach-Porzellan in Triptis die Schließung zum 31. Dezember an, auch Kahla-Porzellan stand auf der Kippe. Wir waren kurz vor Weihnachten noch mal vor Ort und wollten wissen, ob sich die Befürchtungen bewahrheitet haben.

Am Dekorbrandofen sieht alles aus wie sonst. Eine Mitarbeiterin legt Teller auf die Transportgestelle. Langsam fahren die großen Wagen in den Ofen ein. Doch der Schein trügt. Am Donnerstag werden die Öfen in Triptis abgeschaltet. Zum letzten Mal. Nach 130 Jahren endet die Porzellanproduktion am Standort Triptis.

Für das Unternehmen ist das nicht zu stemmen.

Rolf H. Frowein Geschäftsführer von Eschenbach-Porzellan

Angekündigt war die Schließung des Werkes bereits im September. Der Grund: die befürchtete Versechsfachung des Gaspreises mit dem Jahreswechsel. "Für das Unternehmen ist das nicht zu stemmen", sagte damals Geschäftsführer Rolf H. Frowein, der Eschenbach-Porzellan erst 2015 übernommen hatte. Seitdem ging es mit dem Unternehmen wieder bergauf, bis zuletzt waren die Auftragsbücher gut gefüllt.

Jetzt stehen die ersten Produktionslinien still. Stück für Stück wird das Werk heruntergefahren, letzte Hoffnungen auf eine Rettung waren umsonst. Zwar sind die Gaspreise wegen der angekündigten Preisbremse inzwischen wieder gesunken - aber zu spät.

Hilfe kommt für Eschenbach zu spät

"Die Entscheidungen der Politik sind viel zu spät gefallen", sagt der technische Leiter Frank Meinhardt-Ruppin. "Mittlerweile haben sich viele meiner Fachkräfte einen neuen Job gesucht." Es fehlen Glasureinrichter oder Elektriker, ohne die das Werk nicht funktioniert.

Was, wenn ich nächstes Jahr wegen der Energiekosten Insolvenz anmelden muss?

Rolf H. Frowein Geschäftsführer von Eschenbach-Porzellan

Bis jetzt hat Eschenbach-Porzellan nach eigenen Angaben kein Angebot für einen neuen Gasvertrag erhalten. Für die Versorger ist bis heute unklar, wie genau die Gaspreisbremse funktioniert, und wie sie das mit ihren Kunden abrechnen sollen. Auf dieses Pokerspiel wollte sich Frowein nicht einlassen. "Wir sind schuldenfrei", sagt er. "Was, wenn ich nächstes Jahr wegen der Energiekosten Insolvenz anmelden muss?".

Bis Februar werden die verbliebenen Mitarbeiter noch Lagerbestände verkaufen. Auch die Maschinen, die Formen und Serien und zum Schluss der Markenname "Eschenbach" sollen verkauft werden.

Kahla-Porzellan bleibt bestehen

Das Schicksal von Eschenbach drohte im Herbst auch den Kahlaer Porzellanwerkern. Das Werk verbraucht jeden Monat 1,5 Millionen Kilowattstunden Erdgas in der Produktion. Auch hier endet Ende Dezember der laufende Liefervertrag. Anders als in Triptis können die Mitarbeiter aber aufatmen. "Wir haben einen neuen langfristigen Vertrag abschließen können", sagt Geschäftsführer Daniel Jeschonowski.

Der Weg zum neuen Gasvertrag war alles andere als leicht, bis Ende November gab es noch kein Angebot. "Zum Glück hatten wir als Unternehmen genau die richtige Größe", sagt Daniel Jeschonowski. Nicht zu groß zum Beliefern und nicht zu klein, um uninteressant zu sein für die Versorger, meint der Geschäftsführer, der sich im Stich gelassen fühlt von der Politik.

Betriebe beklagen mangelnde Unterstützung

Auch Produktionsleiterin Constanze Rudolph beklagt die aus ihrer Sicht mangelnde Unterstützung. "Weder von der Kommunalpolitik noch von der Landesregierung haben wir in irgendeiner Art und Weise Mut oder Zuversicht erfahren", sagt sie.

Nun haben die Kahlaer es aus eigener Kraft geschafft, und darauf sind sie stolz. Damit sind die 150 Arbeitsplätze erst einmal gerettet. Am Dienstag gab es für die Mitarbeiter eine kleine Weihnachtsfeier. Daniel Jeschonowski will sich bei ihnen fürs Durchhalten bedanken und ein bisschen Aufbruchsstimmung verbreiten.

Für das Unternehmen geht damit ein eigentlich erfolgreiches Jahr zu Ende. Die Porzellanwerker schafften nach eigenen Angaben ein Umsatzplus von 20 Prozent. Das wollen sie im nächsten Jahr wiederholen. Deshalb will das Unternehmen bis zu 40 neue Mitarbeiter einstellen. Der Geschäftsführer hofft, dass die Mitarbeiter im nächsten Jahr nicht erneuten Unsicherheiten ausgesetzt sind.

MDR (cfr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 20. Dezember 2022 | 19:00 Uhr

9 Kommentare

Lumberjack am 21.12.2022

Alle Unternehmen, die für ihre Produktion Erdgas benötigen und/oder großen Bedarf an Elektroenergie haben, werden in den nächsten Jahren im internationalen Wettbewerb erhebliche Probleme bekommen. Da nützen auch keine "Doppel-Wumms-Brems-Deckel" etwas. Bei anhaltender Inflation verliert außer dem die Binnennachfrage zunehmend an Bedeutung.

Lumberjack am 21.12.2022

"40 neue Mitarbeiter" ist eine Aussage, der nichts, absolut gar nichts zu entnehmen ist. Wird der Personalbestand dadurch erhöht? Sind mehr als 40 Mitarbeiter wegen "erneuten Unsicherheiten" gegangen? Sind sie Ersatz für das Ausscheiden von Mitarbeitern, die z. B. aus Altersgründen (oder warum auch immer) das Unternehmen verrlassen haben. Ein aus meiner Sicht guter Journalismus, hätte die Frage beantwortet.

Freies Moria am 21.12.2022

Der Geschäftsführer irrt: Er wurde nicht im Stich gelassen von der Politik, sondern vom Wähler, der Kinderbuchautoren als Wirtschaftsminister installieren ließ, obwohl er solchen Kuhhandel jahrzehntelang mit seiner Stimme hätte bestrafen können.
Nun sitzen da Leute, die Informationen zur Zerstörung wichtiger Gasleitungen unter Verschluß halten. Und diese Leute meinen das man Sanktionen die ihr Ziel offensichtlich verfehlen (weil sie das ganze Gegenteil erreicht haben) durch noch mehr Sanktionen verbessern muss.
Geliefert wie gewählt, traurig, aber so ist es!

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