Porzellan aus Triptis Traditionsbetrieb Eschenbach bereitet sein Ende vor - und hofft noch

06. September 2022, 09:12 Uhr

Bei Eschenbach-Porzellan in Triptis gehen zum Jahresende die Lichter aus. Damit geht ein Thüringer Traditionsunternehmen wegen der Energiepreisentwicklung den Bach runter. Die Mitarbeiter fordern eine Preisgrenze vor allem beim Gas, um eine Werksschließung noch zu verhindern.

Es ist eigentlich ein ganz normaler Freitag bei Eschenbach-Porzellan in Triptis im Saale-Orla-Kreis. Denis Feller und Nadine Rasche bereiten an der Produktionsstraße Teller und Tassen für den nächsten Brand im Ofen vor. Die beiden sind noch ganz frisch im Unternehmen, erst im August wechselten sie an ihren neuen Arbeitsplatz. Kaum angekommen, heißt es nun: Eschenbach schließt zum Jahresende. Ein Schock für die knapp 100 Porzellanwerkerinnen und Porzellanwerker.

"Ich weiß nicht, wie es weitergeht, für mich, für uns alle, mit der Branche", sagt Sandra Rothe, die seit 1995 im Unternehmen ist und zwei Insolvenzen mitgemacht hat. Seit 2005, erzählt sie, brachte der neue Eigentümer Rolf H. Frowein das Unternehmen in ruhigeres Fahrwasser. Im Moment sind die Auftragsbücher voll, auch die Hauptkunden aus Gastronomie und Hotelbranche bestellen nach der Corona-Delle der vergangenen beiden Jahre wieder neues Geschirr im aktuellen Design.

Ich weiß nicht, wie es weitergeht, für mich, für uns alle, mit der Branche.

Sandra Rothe

Mit Serien wie dem Porzellankochtopf für alle Herd- und Ofenarten fährt Eschenbach-Porzellan auf der Erfolgsspur. Doch die Preisexplosion beim Gas macht jetzt alle Zukunftspläne zunichte. Der Chef zieht die Reißleine, bevor es zur Insolvenz kommt.

Unternehmen muss sechsfache Summe zahlen

"Mir ist wichtig, dass ich es selbst steuern kann, und dass ich den Mitarbeitern auch noch Abfindungen zahlen kann", sagt Rolf H. Frowein. Ende August erhielten die Mitarbeiter in einer Betriebsversammlung die Hiobsbotschaft. Vielen standen die Tränen in den Augen, sagt der Chef. Doch die aktuelle Entwicklung zwingt Frowein zum Handeln.

Statt um die 860.000 Euro müsste Eschenbach-Porzellan im nächsten Jahr etwa 5,5 Millionen Euro für das Gas bezahlen, das in den Brennöfen zum Einsatz kommt. Die sechsfache Summe gegenüber diesem Jahr. Außerdem tun sich viele Lieferanten schwer, überhaupt solche Mengen vertraglich zu binden.

Und es kommt noch schlimmer: Für nicht abgenommenes Gas müsste Frowein Strafgeld zahlen, wenn er mehr Gas braucht, schlägt der Tagespreis an der Gasbörse zu Buche.

Aber auch ohne diese Zuschläge ist ein wirtschaftliches Arbeiten nicht mehr möglich. Eschenbach-Porzellan müsste die Verkaufspreise um mehr als 100 Prozent anheben. "Unsere Kunden würden höhere Preise akzeptieren", sagt der technische Leiter Frank Meinhardt-Ruppin. "Aber nicht in diesen Dimensionen."

Neue Maschinen schon gekauft

Bitter ist auch, dass im Werk eigentlich im Herbst das neue Energiemanagement-System in Betrieb gehen sollte. Auch neue Maschinen waren geplant und teilweise auch schon bestellt. Auch in den vergangenen Jahren konnten sie hier Stück für Stück die Produktion modernisieren. Zum Beispiel mit Robotern, die gleichmäßige Farbdekore auf Tassen oder Teller aufspritzen. Um die 700.000 Euro flossen so Jahr für Jahr in neue Technik.

Das Thüringer Wirtschaftsministerium ist alarmiert und rechnet aufgrund der Entwicklung mit weiteren Geschäftsaufgaben bei den Unternehmen und bezeichnet die Schließung von Eschenbach als weiteren Tiefpunkt in der aktuellen Entwicklung.

Das Ministerium fordert von der Bundesregierung:

  • weitere Unterstützungspakete vor allem für den Mittelstand
  • die Entkopplung der Strom- und Gaspreise durch Neuordnung des Strommarktes
  • das Festhalten an vorhandenen Kraftwerkskapazitäten
  • einen Gaspreisdeckel auf europäischer Ebene

Mitarbeiter fordern Preisgrenze für Gas

Auch die Mitarbeiter fordern eine Preisgrenze vor allem beim Gas. Damit ließe sich eine Werksschließung wahrscheinlich noch verhindern. Darüber würde sich nicht zuletzt auch Rolf H. Frowein freuen. Er sieht ganze Branchen aus Deutschland verschwinden, wenn die Entwicklung so weitergeht.

Bis zum Jahresende soll die Produktion in Triptis weiterlaufen. Die Mitarbeiter wollen alle Aufträge abarbeiten. Frowein hofft, dass bis zum Ende des Werks alle neue Arbeitsplätze gefunden haben. Er will seine Porzellanwerker unterstützen und führt aktuell Gespräche mit anderen Unternehmen aus der Region. Ein Teil der Mitarbeiter wird über das Jahresende hinaus im Werk bleiben und versuchen, die Lagerbestände zu verkaufen.

Noch hoffen die Mitarbeiter aber auf ein Einlenken der Politik und auf ein Happy End für Eschenbach-Porzellan. Klar ist: Sollte das Werk wie geplant zum Jahresende schließen, dürfte es für einen Neustart zu spät sein. Die gut ausgebildeten Fachkräfte wären dann wahrscheinlich in anderen Branchen zu Hause.

MDR (jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 02. September 2022 | 19:00 Uhr

6 Kommentare

Britta am 04.09.2022

Thommi, wir haben schon lange keine freie Marktwirtschaft mehr. In sozialistischer Manier greift der Staat überall ein und ruiniert den freien Markt. Bestes Beispiel ist der Strommarkt. Der Preis pro kWh orientiert sich am Teuersten Angebot, nicht am billigsten.

Blume65 am 03.09.2022

Das muss doch ein logisch vorkomm das man das nicht bezahlen kann,aber das juckt den ein dreck daoben es werden noch mehrere betriebe dazu komm und im herbst platzt die bombe







martin am 03.09.2022

@hv: Nanu - üblicherweise lauten die Aussagen doch immer, dass sich die Politiker einen Dreck um die Dinge scheren, die sie vor der Wahl behauptet haben. Ich bin verwirrt ....

Schon klar, dass dem vorigen Satz einige der werten Mitkommentatoren ausnahmsweise völlig zustimmen.

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