Landtagswahl 2019 Thomas Kemmerich im Portrait

11. Oktober 2019, 11:21 Uhr

Unternehmensberater und Unternehmer. Thomas Kemmerich hat schon viel probiert. Nach der Wiedervereinigung kam er nach Thüringen und baute sich hier eine Existenz auf. Jetzt will er mit der FDP nach Jahrzehnten wieder in den Thüringer Landtag einziehen. Bei der Landtagswahl im Oktober tritt Kemmerich als Spitzenkandidat der FDP an.

Schon seit November letzten Jahres steht fest: Thomas L. Kemmerich geht für die Freien Demokraten als Spitzenkandidat ins Rennen. "Uns war wichtig, dass die Mannschaft früh steht und wer dabei welche Rolle spielt", sagt Kemmerich. Das alles war beim Landesparteitag in Weimar recht unkompliziert und ohne größere Diskussionen beschlossen worden.

Der 54 Jahre alte Kemmerich ist felsenfest davon überzeugt, dass es dieses Mal für die FDP wieder klappt mit dem Einzug in den Landtag. Mindestens sechs Prozent der Stimmen wollen die Freien Demokraten erreichen. "Vielleicht werden es auch acht Prozent", so Kemmerich mit einem Lächeln auf den Lippen.

"Wir wollen Lust auf die Zukunft machen, den Wandel gestalten und nicht warten, dass der Wandel uns gestaltet", beschreibt er etwas blumig was sich die Thüringer FDP als Hauptziel gesetzt hat. Kernthema ist für Kemmerich die Bildung. Als Vater von sechs Kindern erlebe er immer wieder was gerade schieflaufe in den Thüringer Schulen. "Es darf keine einzige Unterrichtsstunde mehr ausfallen", fordert er. Sicherlich könne sich auch die FDP keine Lehrer backen, aber es müssten neue Lösungen wie zum Beispiel Online-Unterricht oder Online-Nachhilfe her. "Auf keinen Fall darf es noch einmal passieren, dass sich Abiturienten auf ihre Abschlussprüfungen nicht ordentlich vorbereitet fühlen, dass Schüler in manchen Fächern keine einzige Note bekommen."

Auch die Wirtschaft in Thüringen könnte besser dastehen, ist Kemmerich überzeugt. Die Infrastruktur passe hinten und vorne nicht. Den Breitbandausbau für schnelles Internet habe die Landesregierung regelrecht verschlafen. Außerdem müsste die Vergabe deutlich vereinfacht werden. Viele Handwerker und Unternehmer würden wegen der Bürokratie abgeschreckt. Vor kurzem war Kemmerich zu Gast in Estland. "Dort wird uns vorgemacht, was in Sachen Digitalisierung alles geht", sagt er. Das Land Estland gilt in Europa als Vorreiter mit seiner digitalen Verwaltung.

Thüringen sollte auch langsam damit anfangen, das Potential im Land auszuschöpfen. "In den Universitäten in Ilmenau, Erfurt oder Jena werden hochqualifizierte Menschen ausgebildet." Die gelte es nun, in Thüringen zu halten. Das Land dürfe sich nicht beschränken mit einfachen Logistik- oder Produktionsanbietern. Firmen mit anspruchsvollen Technologien müssten nach Thüringen geholt werden. "Dann erledigt sich auch die Frage nach höheren Löhnen", so Kemmerich. Wer gute Arbeit leistet, solle auch gut bezahlt werden. Von der Mindestlohndebatte hält der Freie Demokrat Kemmerich nicht sehr viel.

Für eine starke Polizei

Thüringen sollte sich zudem offener zeigen für Fachleute aus dem Ausland. "Ohne die werden wir den Bedarf nicht decken", so Kemmerich. Ausländer sollten einfacher an die "Blue Card" für eine dauerhafte Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis kommen.

Kemmerich will zudem auch die Thüringer Polizei stärken. Die Menschen dürften nicht das Gefühl haben, dass Falschparken stärker bestraft wird als Drogenhandel. Es müssten wie bei den Pädagogen auch Hunderte Polizisten und Vollzugsbeamte neu eingestellt werden und sie müssten dringend besser ausgerüstet werden. Das Geld dafür sei da.

Schon als kleiner Junge wusste Kemmerich, dass er Unternehmer werden möchte. Aufgewachsen ist er in Aachen. Der Vater gründete mit 30 ein eigenes Immobilienunternehmen. Thomas L. Kemmerich absolvierte eine kaufmännische Ausbildung und ging nach dem Abitur zum Jurastudium nach Bonn. Dass einmal Thüringen sein Lebensmittelpunkt werden würde, daran war damals nicht zu denken.

Von Erfurt sofort fasziniert

Nach Erfurt ist Kemmerich kurz vor der "Wende" durch Zufall gekommen. Sein Mitstudent beim Jurastudium in Bonn war gebürtiger Erfurter, er hatte Kemmerich zu einem Verwandtenbesuch eingeladen. "Von Thüringen und speziell Erfurt war und ich von Anfang an fasziniert", sagt er heute 30 Jahr später.

Kurz nach der Wende baute Kemmerich in der Thüringer Landeshauptstadt Erfurt eine Unternehmensberatung auf. Später übernahm er mehrere Frisörgeschäfte und gründete eine Frisör-Filialkette mit rund 150 Mitarbeitern. Außerdem hauchte er einer Uhrenmarke aus Weimar neues Leben ein.

Zum FDP-Parteibuch kam Kemmerich erst mit 40 Jahren. "Es war einfach Zeit, selbst etwas zu tun", erinnert er sich. Viel zu viele Menschen in Deutschland würden immer nur meckern, statt selbst zu handeln. Auch die Worte seines einstigen Geschichtslehrers klangen ihm in den Ohren: "Dass in Deutschland so schlimme Dinge wie unter den Nationalsozialisten passieren konnten, lag daran, dass sich zu wenige engagierten."  Ende 2015 wurde Kemmerich FDP-Landesvorsitzender und zog 2017 in den Bundestag ein. Zur Landtagswahl im Oktober hofft Kemmerich auf mindestens 100.000 Stimmen. So viele hatte die Thüringer FDP auch zur letzten Bundestagswahl erhalten. Und auch auf eine mögliche Regierungsverantwortung stellt sich Kemmerich ein. Allerdings: Eine Koalition mit der Linkspartei und der AfD kann er sich nicht vorstellen. Die FDP stehe nur für eine Politik in der demokratischen Mitte zur Verfügung.

"Deshalb hoffe ich, dass so viele Thüringer wie nur möglich zur Wahl gehen und nicht den Protestwählern das Feld überlassen."

Quelle: MDR THÜRINGEN

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