Landwirtschaft Agroforst soll Klima und Thüringer Äcker schützen

07. Februar 2023, 22:23 Uhr

Der Spagat zwischen Umweltschutz und klassischer Landwirtschaft gilt als schwierig. Die Agroforstwirtschaft will Bauern helfen, ihre Felder vor Dürre zu schützen und gleichzeitig die Umwelt zu fördern. Wie das funktionieren soll, haben am Dienstag Landwirte und Umweltplaner in der Agrargenossenschaft Kirchheilingen im Unstrut-Hainich-Kreis diskutiert.

Beim Agroforst geht es um mehr als nur die Blumenwiese am Feldrand. Nicht nur Insekten soll der Agroforst helfen, sondern auch den Landwirten. Dabei werden an oder in landwirtschaftlichen Flächen systematisch Grünstreifen gepflanzt, etwa Hecken, Sträucher oder Bäume.

Entscheidend ist die Anordnung und Ausrichtung. Ein gut geplanter Agroforst biete bei Hitzesommern einen Kühlungseffekt oder ist in der Lage, Wasser zu speichern. Der Boden ist vor Wind geschützt. Gleichzeitig erhöht sich auf den monotonen Flächen die Artenvielfalt und Biodiversität. Das klingt nicht nur für Umweltschützer gut, sondern auch für Bauern.

Windschutzstreifen aus DDR-Zeiten müssen erneuert werden

"Wir haben natürlich schon zu DDR-Zeiten Windschutzstreifen gebaut. Da diese nun erneuert werden müssen, nutzen wir die Gelegenheit, um die Agroforst-Methode bei uns zu testen", sagt Landwirt Frank Baumgarten, der im Vorstand der Agrargenossenschaft Kirchheilingen (Unstrut-Hainich-Kreis) sitzt.

Der Kühlungseffekt eines solchen Streifens geht bis zu 90 Meter weit ins Feld. Gerade bei Hitzesommern ist das ein Vorteil.

Janos Wack Experte für Agroforstwirtschaft

Dort arbeiten 190 Beschäftigte. Schwerpunkt ist der Ackerbau mit 3.340 Hektar Fläche. Auch diese typisch ostdeutschen Großflächen - ein Erbe der LPG-Landwirtschaft aus DDR-Zeiten - würden von Hecken oder Baumansammlungen profitieren, meint Agroforst-Berater Janos Wack von der Firma Triebwerke.

"Der Kühlungseffekt eines solchen Streifens geht bis zu 90 Meter weit ins Feld. Das wird gemeinhin unterschätzt, aber Messungen haben das bestätigt. Gerade bei Hitzesommern ist das ein Vorteil", so Wack.

Viele Vorteile, aber hohe Kosten

Obwohl Bauern profitable Fläche an einen Agroforst "verlieren", soll dieser wirtschaftlich genutzt werden. In den Gebieten können Tiere gehalten oder besonders wertige Hölzer gepflanzt werden, die sich später verkaufen lassen. Landwirt Frank Baumgarten hofft auf einen Ertrag von Früchten oder Nüssen. "Das sind zwar langfristige Projekte, aber solche Erträge ließen sich gut im Hof- und Direktverkauf anbieten", so der Landwirt.

Der Liste der Vorteile ist noch lang: Der Humus im Boden wird gefördert, mehr CO2 gespeichert und weniger Dünger muss zum Einsatz kommen. Doch in der Marktwirtschaft gibt es einen großen Nachteil: Die Bewirtschaftungskosten sind höher, die Arbeitszeit länger und Erträge fallen erst mittelfristig ab.

Um Landwirten den Agrofrost trotzdem attraktiv zu machen, braucht es weitere Hilfe: "Es braucht natürlich die Unterstützung der öffentlichen Hand bei der Agroforstwirtschaft. Dazu wurden die Förderrichtlinien angepasst. Allerdings noch nicht optimal", so Wack.

Thüringen startet Förderprogramm

Bedeutet: Seit 2023 gibt es Beihilfe für Landwirte, die Agroforste anlegen wollen. Doch die Förderung ist mit 60 Euro pro Hektar vergleichsweise gering. Laut Experten brauche es eine zweite Säule der Finanzierung, etwa durch die Bundesländer. Doch in Thüringen sei diese zusätzliche Investitionsförderung derzeit ungeklärt, so Wack.

Um Agroforste dennoch voranzutreiben, hat das Landesamt für Landwirtschaft Thüringen das Projekt "Demonetz Agroforst Thüringen" ins Leben gerufen. Mithilfe des Projekts berät der Freistaat Landwirte darin, wie Agroforste gefördert und praktisch umgesetzt werden können.

Weitere Informationen zum Projekt "Demonetz Agroforst" finden Sie hier.

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MDR (jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 07. Februar 2023 | 19:00 Uhr

12 Kommentare

augu am 08.02.2023

na ja, nur vergleichen, was besser ist: als Totholz liegenlassen oder verbrennen ist unfair. Die Menge an Erdgas, die durch Holz-Verbrennen eingespart wird, muss in die Rechnung mit eingehen. Oder da geht es nicht nur um CO2 Einsparung, sondern auch um Schwierigkeiten und Kosten bei der Gas-Beschaffung

Ovuvuevuevue Enyetuenwuevue Ugbemugbem Osas am 08.02.2023

«Obwohl Bauern profitable Fläche an einen Agroforst ‚verlieren‘, soll dieser wirtschaftlich genutzt werden.» Wenn ich das schon höre, werde ich AGGRO!

goffman am 08.02.2023

Dagegen:
- Feinstaub (z.B. durch Filter vermeidbar)
- Holz, das im Wald belassen wird, bindet mehr CO₂, selbst wenn es als Totholz Teil des Bodens wird (wobei wir hier von einer Ackerfläche reden)
- Holz ist wertvoll und sollte vor dem Verbrennen Verwendung finden
- wir können nicht genug Holz anbauen, damit alle mit Holz heißen könnten

Dafür:
- Bei der Verbrennung wird nur der Kohlenstoff frei, den der Baum vorher gebunden hat. Lässt man Transport und Verarbeitung außer Acht, könnte man Holzheizungen als CO₂-neutral betrachten, sofern wieder aufgeforstet wird
- Ein Kamin/Ofen ist gemütlich und erzeugt eine angenehme Wärme.

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