Schüler drängen sich in den Schulbus.
Schüler drängen sich in den Schulbus (Symbolbild). Bildrechte: imago/Becker&Bredel

Weimarer Land "Die Großen drängeln uns weg": Schulbus nach Berlstedt sorgt für Frust

31. Oktober 2022, 11:00 Uhr

Das Schuljahr ist einige Wochen alt und noch immer sorgt der Schulbus nach Berlstedt im Weimarer Land für Frust. Die Linie 217 über Ettersburg und Ballstedt ist ständig überfüllt. Kinder haben keine Lust mehr mit diesem Bus zu fahren und bestehen auf das Elterntaxi.

Autorenbild Conny (Cornelia) Mauroner
Bildrechte: MDR/Conny Mauroner

Moritz hat keine Lust mehr früh in die Schule zu gehen und das liegt ganz sicher nicht am Unterricht. Der Erstklässler will nicht mehr in den Schulbus steigen. "Viel zu voll ist es. Die Großen drängeln uns weg. Einmal bin ich auch umgefallen, als der Bus losgefahren ist."

Schulbus fuhr an Haltestelle in Ballstedt vorbei

Moritz wohnt in Ettersburg im Weimarer Land. Seine Schule in Berlstedt ist nur wenige Kilometer entfernt. Der Schulbus, ein öffentlicher Linienbus der Personenverkehrsgesellschaft Weimarer Land (PVG), hält ein paar Schritte von zu Hause entfernt. Alles könnte so bequem sein. Doch aktuell sieht die Realität anders aus, berichtet Mama Christiane Haun-Anderle: "Wenn der Bus hier in Ettersburg ankommt, hat er bereits einige Dörfer angefahren. Die Sitzplätze sind alle belegt und die Kinder stehen schon fast bis zum Fahrer vor."

Den Ettersburgern geht es gar nicht darum, dass ihre Kinder sitzen können. Vielmehr sollen sie sicher und überhaupt stehen können. Zu Beginn des Schuljahres sei ein noch kleinerer Bus gefahren. Der habe die Kinder aus Ballstedt schon gar nicht mehr mitgenommen. Er sei vorbeigefahren und habe eine zweite Runde drehen müssen, berichten die Eltern.

Lauter freie Plätze bei Zählung des Landratsamts

Auch wenn inzwischen ein größerer Bus fährt, die Kapazität scheint ausgeschöpft. Die Geduld der Eltern auch. Vielfach haben sie sich beim Schulverwaltungsamt und der PVG beschwert. Selbst in einer Einwohnerfragestunde im Kreistag hatte eine Mutter ihre Sorge vorgetragen. Daraufhin hatte das Amt gezählt.

An zwei Tagen wurden die Busse genauer unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: 73 beziehungsweise 78 Schüler fuhren mit und das bei einer Buskapazität von 134 Plätzen. Eindeutig: Da müsse doch noch Platz sein, heißt es auch aus dem Landratsamt. Die Fahrzeuge seien längst nicht ausgelastet. Die Eltern zweifeln die Zählung nicht an, halten aber den Zeitpunkt für ungünstig: Im September, als gezählt wurde, hätten viele schon aufgegeben. Viele fahren ihre Kinder inzwischen nun selbst.

Hat sich das Schulverwaltungsamt verschätzt?

In einer Unterschriftensammlung, an der sich 115 Eltern beteiligten, fordern sie Abhilfe. Eine neue und angekündigte Zählung könnte realistische Zahlen bringen. Warum aber hat sich das Schulverwaltungsamt bei seiner Schulbusplanung im Frühjahr derart verschätzt? Hätte man die Zahl der benötigten Plätze nicht erahnen können? Schließlich wächst Ettersburg seit Jahren und immer mehr junge Familien kommen dazu.

Die Geschäftsführerin der PVG, Ines Riemann, hat zwei Erklärungen für den gestiegenen Bedarf. "Zum einen sind etliche ukrainische Kinder hinzu gekommen, mit denen im Frühjahr noch keiner gerechnet hat. Und dann sind viele Gastschulanträge bewilligt worden, die man sicherlich nicht alle im Blick haben konnte." Die Sorgen der Eltern versteht Riemann nur allzu gut. Sie selbst hat Kinder durchs Schulbus-Alter bringen müssen.

Schüler nach dem Unterricht auf dem Weg zum Schulbus
Wer als erstes einsteigt, bekommt einen Sitzplatz, alle anderen haben das Nachsehen (Symbolbild). Bildrechte: imago images/Eibner

Frühbus soll Situation entspannen

Riemann ist um Lösungen bemüht. "Wir haben Mann und Maus auf der Straße. Aber Schulbusse fahren nun einmal - alle zur gleichen Zeit. Wir können uns weder Fahrer noch Busse zaubern. Neuanschaffungen für eine Stoßzeit am Tag sind nicht zu stemmen." Riemann hat unterschiedliche Schul-Anfangszeiten ins Gespräch gebracht, doch das schien unmöglich. Nun steht eine neue Idee im Raum. Um das Geschehen etwas zu entzerren, könnte sie sich einen Frühhortbus vorstellen. "Ein Fahrzeug, welches bereits 6:30 Uhr seine Runde dreht und die ersten Kinder zeitig in die Schule bringt, würde die Situation entspannen."

Ein Vorschlag, der aktuell beim Schulverwaltungsamt liegt und dort entschieden werden muss. Doch bis es soweit ist, werden die Eltern der Ettersburger Kinder wohl weiter selbst mit dem Auto in die Schule fahren und Taxi spielen. Moritz jedenfalls steigt nur noch notfalls in den überfüllten Bus ein.

MDR (ask)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Fazit vom Tag | 31. Oktober 2022 | 18:05 Uhr

17 Kommentare

O.B. am 01.11.2022

Harka2,
"Wir haben Mann und Maus auf der Straße. Aber Schulbusse fahren nun einmal - alle zur gleichen Zeit. Wir können uns weder Fahrer noch Busse zaubern. Neuanschaffungen für eine Stoßzeit am Tag sind nicht zu stemmen."
So wird es im Text angegeben und nur darauf kann ich schlussfolgern.

Bei dem Rest gebe ich Ihnen vollkommen recht. Weitsicht oder Probleme im voraus erkennen fällt der deutschen Bürokratie sehr schwer. Man reagiert lieber als im vorfällt zu agieren. Das ist leider so und ich vermute selbst jetzt wo das bekannt wird es dieses Jahr keine Lösung mehr geben.

Harka2 am 01.11.2022

@O.B.
Das Busunternehmen kann ganz sicher einen weiteren Bus einsetzen, nur machen die das nicht für lau. Busfahrer sind auch nicht das große Problem, ok, der Anteil mit arabischem Äußeren ist hier stark angestiegen, aber sie sollen ja auch nicht als Unterhalter auftreten sondern Busse fahren. Es geht hier darum, dass über viele Monate diese Entwicklung stattfand, ohne dass darauf reagiert wurde. Die Kinder fallen nicht vom Himmel, das kann man langfristig planen. Zu DDR-Zeiten ging das ja auch. Als die Kinder nicht mehr in einen Bus passten, wurden die Dörfer getrennt mit dann halt zwei Bussen angefahren. Wenn die "Ranzen" größer und schwerer werden, brauchen die Kinder dafür Ablageflächen. Die Dinge ändern sich nun mal.

O.B. am 01.11.2022

Harka2, vollkommen richtig ihr Einwand. Tatsache aber ist wir befinden uns in Deutschland. Das Busunternehmen kann keinen Bus und einen weiteren Fahrer finanzieren wie ich es rauslese. Nun beginnt erst der Prozess. Zwei mal fahren bedeutet neue Verträge aushandeln und beschließen. Ist dies getan muss das Geld durch mehrere Instanzen genehmigt werden. Busabfahrszeiten müssen geändert werden vllt sogar Folgefahrten für den öffentlichen Verkehr. Usw usf. Demokratie sowie Bürokratie ist manchmal nur schwer zu ertragen 🤷‍♂️

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