Grubenunglück in Unterbreizbach Thüringen trauert um Kali-Bergleute

02. Oktober 2013, 22:13 Uhr

Am Tag nach dem Bergwerksunglück in Unterbreizbach im Wartburgkreis trauern besonders die Menschen im Kalirevier an der Werra um die drei toten Bergleute. Sie waren in der Nacht aus dem Schacht geborgen worden. Mit einem offiziellen Gedenkakt soll an sie erinnert werden. Zum Hergang des Unglücks ermittelt die Staatsanwaltschaft. Erschwert werden die Untersuchungen von einer lebensfeindlichen Luft in dem Schacht durch den Kohlendioxid-Ausbruch.

Nach dem schweren Grubenunglück im Schacht II des Kalibergwerks Unterbreizbach sind die drei toten Bergleute geborgen worden. Wie die Polizei mitteilte, wurden ihre Leichname am frühen Mittwochmorgen über Tage gebracht. Die Männer im Alter von 24, 50 und 56 Jahren waren am Vortag nach einem massiven Ausbruch von Kohlendioxid durch eine Sprengung in 700 Metern Tiefe tot gefunden worden. Ein Sprecher der Betreibergesellschaft K+S erklärte, vermutlich seien die Männer erstickt.

Die drei Bergleute gehörten zu einem siebenköpfigen Trupp, der nach der Sprengung zur Kaligewinnung die Luftsituation erkunden sollte. Zwei weitere Bergleute hätten sich nach dem Ausbruch in einen Schutzraum retten können. Den beiden übrigen Männern sei es gelungen, sich rechtzeitig ins Freie zu retten. Die Grubenwehr sei nach dem Gasausbruch mit Atemschutztechnik eingefahren und habe auf dem Weg zu dem Schutzraum mit den beiden Überlebenden die Toten gefunden.

Werkleiter: Alle Vorschriften eingehalten

Die Suche nach der Unglücksursache gestaltet sich schwierig, weil in der Grube wegen des Kohlendioxid-Ausbruchs unzureichende Atemluftbedingungen ("Wetter") herrschen. Eine K+S-Sprecherin sagte, die Schächte würden derzeit belüftet. "Wir müssen warten, bis alle Wetter im Schacht wieder frisch sind." Werkleiter Rainer Gerling erklärte, das Auslüften könne Tage dauern. Wegen der widrigen Atembedingungen liegt das Bergwerk komplett still. Für die Menschen über Tage bedeute das ausströmende Luftgemisch jedoch keine Gefahr.

Zur Unglücksursache ermitteln die Staatsanwaltschaft und das Bergamt. Dazu wurden am Mittwoch Werksunterlagen sichergestellt, sagte ein Sprecher der Meininger Staatsanwaltschaft. Außerdem sollten die vier überlebenden Bergleute vernommen werden.

Werkleiter Gerling erklärte am Mittwoch, nach bisherigen Erkenntnissen wurden alle Vorschriften eingehalten. Nach Abschluss der Untersuchungen solle das Sicherheitskonzept der Grube überprüft werden.

Nach dem Ausbruch habe sich das Gas sehr schnell in dem Bergwerk ausgebreitet. Bereits wenige Sekunden nach dem Ausbruch sei das Gas zum Schacht I vorgedrungen, der elf Kilometer entfernt liege. Die toten Bergleute seien sechs bis sieben Kilometer entfernt von der Ausbruchsstelle gefunden worden. Sie hätten keine Gelegenheit mehr gehabt, ihre Selbstretter genannten Atemschutzgeräte anzulegen. Mit den vier überlebenden Bergleuten habe bisher nicht gesprochen werden könne - sie würden zunächst psychologisch betreut.

Nach Angaben des Thüringer Umweltministeriums sind Kohlendioxid-Freisetzungen bei derartigen Sprengungen nicht ungewöhnlich. Das Gas sei durch den Gebirgsdruck im Salz gebunden und werde durch die Sprengung freigesetzt. Normalerweise hätten diese Ausbrüche jedoch keine Folgen, in seltenen Fällen werde die Grubenwehr gerufen, um für ein Auslüften ("Auswettern") zu sorgen.

Experte: Bergleute auf Gasausbrüche vorbereitet

Reinhard Schmitt, früher Chef des sächsischen Oberbergamtes, erklärte bei MDR INFO, dass die Bergleute im hessisch-thüringischen Kalirevier an der Werra auf solche Kohlendioxid-Ausbrüche vorbereitet seien. Das Gas lagere seit Jahrmillionen in kleinen Rissen und Hohlräumen unter hohem Druck im Salzgestein. Durch eine Sprengung oder auch nur Bohrung könnten Hunderttausende Kubikmeter Gas auf einmal austreten. Gesprengt werde daher nur zwischen den Schichten.

Der siebenköpfige Trupp, zu dem die drei Todesopfer gehörten, habe die Aufgabe gehabt, nach der Sprengung mit Gasspürgeräten die Luftsituation zu erkunden. Wegen der Gasgefahr verfügten alle Bergleute in solchen Gruben über Sauerstoffgeräte mit Luft für 50 Minuten. Schmitt, der heute als Professor an der TU Bergakademie im sächsischen Freiberg lehrt, fügte hinzu: "Der Kalibergbau ist der sicherste, den man sich vorstellen kann - sicherer als der Weg zum Bergbau, also zur Arbeitsstätte".

Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht legte am Mittag am Eingang des Werkes Blumen als Zeichen der Trauer nieder. Auf einer Pressekonferenz kündigte die Politikerin eine Gedenkfeier für die drei toten Bergleute an. K+S-Chef Norbert Steiner erklärte, das Unglück mache alle 14.000 Mitarbeiter des Konzerns betroffen.

Zuletzt hatte es im Bergwerk Unterbreizbach 2008 einen tödlichen Gasunfall gegeben. Ein 43 Jahre alter Bergmann starb an einer Kohlendioxidvergiftung unter Tage. Auch damals war es zu einem Kohlendioxidausbruch in der Grube gekommen. Kollegen hatten den Mann damals in einer Mulde mit einer hohen Kohlendioxid-Konzentration entdeckt und vergeblich versucht, ihn in einem gasfreien Bereich zu reanimieren.

Kalischacht Unterbreizbach Der Schacht II in Unterbreizbach an der thüringisch-hessischen Grenze gehört zum Kasseler Kalikonzern K+S. Seit mehr als 100 Jahren wird in dem Schacht Kali für die Düngemittelproduktion gefördert. In dem Werk sind zur Zeit rund 800 Kumpel beschäftigt. K+S ist damit einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Region. Vor allem mit dem Problem der Laugenentsorgung war die Kali-Produktion immer wieder in den Schlagzeilen.

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