DDR-Alltag Für Pink Floyd bis nach Budapest - Fotos erinnern an Schallplatten-Geschichten

09. Oktober 2022, 19:19 Uhr

Zu DDR-Zeiten haben die Menschen einiges angestellt, um ihre Lieblingsgruppe auf Vinyl zu kriegen. Damit diese Geschichten nicht vergessen werden, holt Fotograf Johan Pabon Käufer und Platten von damals in Hildebrandshausen im Unstrut-Hainich-Kreis vor die Kamera und lässt sich die Geschichte dazu erzählen.

Johan Pabon ist das erste Mal in Hildebrandshausen. Seit Jahren fotografiert der 64-Jährige aus Eindhoven Menschen mit Schallplatten und teilt seine Bilder auf der Foto-Plattform "Flickr". Als er das Foto zu einer Platte von der amerikanischen Hip-Hop-Band "Salt 'n' Pepa" veröffentlicht, schreibt ein User, dass man diese Platte leider zu DDR-Zeiten nicht kaufen konnte. Da ist für Johan Pabon die Idee geboren: Er will Ostdeutsche mit ihren Schallplatten ablichten und die dazugehörigen Geschichten festhalten, warum genau das die Lieblings-LP ist.

Der User, der Pabon damals auf die Idee brachte, ist Thomas Hesse aus Lengenfeld unterm Stein. Er ist einer der Ersten, die Pabon für sein neues Projekt fotografiert. Als Fotoatelier hat er sich extra eine Ferienwohnung im benachbarten Hildebrandshausen gemietet. Hier fotografiert er die Schallplatten und ihre Besitzer und kommt dabei mit ihnen ins Gespräch. "Wenn wir über die Schallplatten reden, wird jeder fröhlich", sagt Pabon.

Platten von Pink Floyd und Jethro Tull

Bei seinem Fotoprojekt geht es nicht um Platten von DDR-Gruppen, sondern um Bands wie Pink Floyd, Franz Zappa und Jethro Tull, deren Originalscheiben es in der DDR nicht zu kaufen gab. Dafür sind beispielsweise Uwe Christ, Thomas Hesse und Winfried Stöber aus Lengenfeld unterm Stein und Hildbrandshausen weite Wege gereist. Und nicht nur das; sie haben dafür damals einen Großteil ihres Monatslohnes hinlegen müssen.

200 Ostmark für Doppel-LP von Pink Floyd

Uwe Christ ist in den 1980ern auf dem Rückweg vom Bulgarien-Urlaub in Budapest ausgestiegen und hat in zwei Platten-Läden umgerechnet 800 Ostmark gelassen. "Wir haben uns gefühlt wie im Schallplatten-Himmel", erinnert er sich an den Laden, in dem eine Doppel-LP von Pink Floyd 200 Ostmarkt kostete. Bis zum endgültigen Kauf vergingen Stunden. Jeder Kauf wollte gut überlegt sein. Immer wieder schaute und hörte er die Platten an und stellte sie wieder zurück, um Budget und Angebot gegeneinander abzuwägen.

Einen Monatslohn für acht Scheiben

Winfried Stöber fuhr bis zum Pferdemarkt nach Havelberg - in der Tasche den Monatslohn von 800 Ostmark. Davon kaufte er acht Schallplatten, die meisten von seinem Idol Frank Zappa. Insgesamt 50 Originalscheiben hat der 57-Jährige zu DDR-Zeiten erworben. Klar, dass sich Winfried Stöber deswegen heute mit Frank Zappa ablichten lässt.

Bis nach Warschau zum Konzert

Wie Winfried Stöber und Uwe Christ liebte auch Thomas Hesse in seiner Jugend Jazz und Blues. Ihm hat es der polnische Jazzmusiker Czesław Niemen angetan. Für diese Liebe reiste er sogar nach Warschau zu einem Konzert. Fotografieren ließ er sich aber mit Stefan Diestelmann, denn diese Platte erinnert ihn an den bekannten Bluesmusiker, der 1984 im Westen geblieben ist.

Ein Buch über Schallplatten-Liebe

Aus den Fotos und Geschichten will Johan Pabon ein Buch machen. Neben Platten von Frank Zappa, Jethro Tull oder Stefan Diestelmann sind unter anderem auch solche von "Pension Volkmann" oder "Born in the DDR" fotografiert worden. Wenn das Buch fertig ist, will Johan Pabon wiederkommen, zu den Menschen mit den spannenden Schallplatten-Geschichten.

MDR (ask)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 08. Oktober 2022 | 18:05 Uhr

1 Kommentar

kleinerfrontkaempfer am 09.10.2022

Es musste ja nun nicht das Amiga-Label sein.
Findige Musikfreunde wußten: VR Polen, CSSR, Ungarn, selbst in der damaligen UdSSR konnte man sehr gut fündig werden.
Die Jazz Jamborie in Warschau galt als Reisegeheimtipp.
Man konnte durchaus das "Angenehme" mit dem "Nützlichen" verbinden wenn es alternative Musiktöne sein sollten.
Und auch ein Geldumtausch 2 : 1 bei einem sehr guten Arbeitskollegen bescherte einem dann mal ein Glücksgefühl im Intershop/Plattenregal.

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