Erzieherin Anne-Katrin Ross spielt am 20.11.2014 in der bilingualen Kindertagesstätte "Future Kids" in Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) mit den Kindern Domenik und Enrico mit Handpuppen.
Vor allem der Personalschlüssel, also wie viele Kinder von einem Erzieher betreut werden sollen, soll gesetzlich geregelt werden, fordern Experten und Eltern. Bildrechte: picture alliance / dpa | Jens Büttner

Appell an Landtag Thüringer Kinderschutzbund drängt auf neues Kindergartengesetz

21. März 2024, 15:45 Uhr

In Thüringen werden laut Ländermonitoring rund 90 Prozent der Kinder in Kindertageseinrichtungen mit nicht kindgerechten Personalschlüsseln betreut. Kinderschutzbund und GEW fordert die Landesregierung auf, endlich zu handeln. Eine Petition zum Thema erhielt fast 18.000 Unterschriften.

Der Kinderschutzbund Thüringen drängt die Parteien im Landtag darauf, ein neues Kindergartengesetz zu verabschieden. Vorstandsmitglied Mario Braun sagte am Donnerstag, es sei enttäuschend, dass die "überfällige Änderung" bisher nicht beschlossen wurde.

Damit sehen wir die Entwicklung der Qualität frühkindlicher Bildung in Thüringen auf die lange Bank geschoben.

Mario Braun Kinderschutzbund Thüringen

"Damit sehen wir die Entwicklung der Qualität frühkindlicher Bildung in Thüringen auf die lange Bank geschoben", so Braun. Nach der Landtagswahl im September müsse das aufwändige Verfahren erneut auf den Weg gebracht werden.

Knackpunkt Personalschlüssel

Der Kinderschutzbund fordert, den Personalschlüssel in Kindergärten zu verbessern. Im Vergleich der Bundesländer nehme Thüringen in der Frage, wie viele Kinder von einer Erzieherin oder einem Erzieher betreut werden, einen hinteren Platz ein. Selbst mit einer Gesetzesänderung aufgrund eines Vorschlags von 2023, der einen Betreuungsschlüssel von 1:12 für Kinder ab dem dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt vorsieht, bliebe die Quote hinter dem Bundesdurchschnitt zurück.

Wegen geburtenschwacher Jahrgänge nimmt die Zahl zu betreuender Kinder in den Kindergärten absehbar ab. Wenn der bisherige Betreuungsschlüssel beibehalten würde, würden laut Kinderschutzbund in den kommenden Jahren bis zu 1.200 Erzieher-Stellen wegfallen.

Thüringen steht im Bundesdurchschnitt schlecht da

Linke, SPD, Grüne, CDU und FDP ringen seit Langem in Thüringen darum, den Personalschlüssel in Kindergärten zu ändern. Ziel ist es, dass sich in Zukunft eine Erzieherin oder ein Erzieher um weniger Kinder gleichzeitig kümmern muss. Das legen auch mehrere Studien nahe, unter anderem das Bertelsmann-Länder Monitoring, das den schlechten Personalschlüssel in Thüringer Kitas erneut deutlich macht.

Die Kinder der Ameisengruppe der Abenteuerkita «Regenbogen» in Mücheln-Stöbnitz mit ihrer Erzieherin Jennifer Geheb auf dem Heimweg von ihrem kleinen Unterschlupf am Aussichtsturm Geiseltalsee zu ihrer Kita.
Der Betreuungsschlüssel regelt, wie viele Kinder eine Fachkraft betreut. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Waltraud Grubitzsch

In Thüringen werden demnach 90,3 Prozent der Kinder in Kindertageseinrichtungen mit nicht kindgerechten Personalschlüsseln betreut. Das kritisiert auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Thüringen. Bettina Löbl, die stellvertretende Landesvorsitzende, sagte: "Das ist ein vernichtendes Urteil und ein Armutszeugnis für die Thüringer Bildungspolitik." Die GEW fordert die Landesregierung auf, endlich zu handeln und bessere Personalschlüssel gesetzlich zu verankern.

Der aktuell vorliegende Gesetzentwurf sieht eine Zusammenlegung der Altersgruppen ab drei Jahren bis zum Schuleintritt mit einem Schlüssel von 1:12 vor. Das ist laut Experten ein Schritt in die richtige Richtung und bedeutet eine Verbesserung für die Kinder ab vier Jahren.

18.000 Menschen wollen bessere Personalschlüssel für Kindergärten

Eine Petition mit dem Titel "Verbesserung des Personalschlüssels in den Thüringer Kindergärten" war im Oktober 2023 von der Kindergartenleiterin Grit Szemendera aus Sondershausen beim Petitionsausschuss des Thüringer Landtags eingereicht worden. Sie erhielt in kurzer Zeit fast 18.000 Unterschriften.

Der Thüringer Landtag in Erfurt.
Unter anderem die Liga der freien Wohlfahrtspflege in Thüringen unterstützte die Petition. Bildrechte: imago images / Schöning

Unterstützt wurde die Petition von der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen und ihren Mitgliedsverbänden, die Träger von hunderten Kindergärten in Thüringen sind. "Die Petition hatte so durchschlagenden Erfolg, weil sie ein wichtiges Anliegen sowohl von Eltern als auch pädagogischen Fachkräften vereint", so die Liga-Vorsitzende Katja Glybowskaja.

Die Petition hatte so durchschlagenden Erfolg, weil sie ein wichtiges Anliegen sowohl von Eltern als auch pädagogischen Fachkräften vereint.

Katja Glybowskaja Liga der Freien Wohlfahrtspflege

Fachkräfte, Träger und Eltern kämpfen gemeinsam

Inzwischen hat sich auch die "Allianz für einen besseren Personalschlüssel in Kitas" gegründet. Hier hat sich ein breites Bündnis aus Trägern, Gewerkschaften und Eltern zusammengetan, um auf die langfristige Sicherung der Betreuungsqualität in den Kindergärten aufmerksam zu machen.

Auch dieses Bündnis fordert in einem Appell den Thüringer Landtag auf, noch in dieser Legislaturperiode fraktionsübergreifend die Umsetzung der im Gesetzentwurf beschriebenen Verbesserung des Personalschlüssels und einen verbindlichen Stufenplan für eine Personalausstattung mit dem Ziel 1:3 bei den Unter-Dreijährigen und 1:7,5 bei den Über-Dreijährigen zu beschließen.

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MDR (gh)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 21. März 2024 | 15:00 Uhr

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