Nach Ausschreitungen Macron kündigt "zusätzliche Mittel" für Innenministerium an

30. Juni 2023, 16:53 Uhr

Frankreichs Präsident Macron hat wegen der anhaltenden Krawalle im Land angekündigt, dass das Innenministerium "zusätzliche Mittel" erhalten soll. Der Bus- und Bahnverkehr wird landesweit ab 21 Uhr eingestellt. Bei den Ausschreitungen wurden in der Nacht zu Freitag 875 Randalierer festgenommen und 249 Polizisten verletzt. Auslöser der gewaltsamen Proteste waren die tödlichen Schüsse eines Polizisten auf einen Jugendlichen nordafrikanischer Abstammung im Pariser Vorort Naterre.

Nach der dritten Nacht mit Unruhen in ganz Frankreich hat Präsident Emmanuel Macron "zusätzliche Mittel" für das Innenministerium angekündigt. Nach einem Krisentreffen am Freitag sagte er, man setze diesbezüglich durch eine Reihe von Bestimmungen Kräfte frei. Was das genau bedeutet, blieb zunächst unklar.

Das Innenministerium teilte mit, dass wegen der gewaltsamen Ausschreitungen in ganz Frankreich ab 21 Uhr keine Busse und Straßenbahnen mehr fahren dürfen. Auch der Verkauf von Feuerwerkskörpern, von Benzinkanistern sowie entzündlichen und chemischen Produkten solle systematisch unterbunden werden.

Macron: Soziale Netzwerke haben Eskalation befeuert

Macron sprach nach dem Treffen auch zu den Eltern im Land. Ein Drittel der in der vergangenen Nacht Festgenommenen sei sehr jung. Er appellierte deshalb an das Verantwortungsbewusstsein der Mütter und Väter. Die Republik sei nicht dazu berufen, an ihre Stelle zu treten, so der Präsident.

Macron machte zudem die sozialen Netzwerke für die Gewalteskalation der vergangenen Tage verantwortlich. Dort seien gewalttätige Versammlungen organisiert worden. Außerdem habe er das Gefühl, dass einige Jugendliche auf der Straße Videospiele nachahmten. Macron kündigte an, dass die Behörden gegen Menschen vorgehen werden, die über die sozialen Netzwerke zu Krawallen aufrufen.

Wegen der anhaltenden Krawalle in Frankreich hatte Präsident Emmanuel Macron das Krisentreffen einberufen. Wie der Élyséepalast mitteilte, kam der interministerielle Krisenstab am Nachmittag zu einer Sitzung zusammen. Zuvor hatte sich bereits Premierministerin Elisabeth Borne mit mehreren Ministern getroffen, um eine Bestandsaufnahme der Gewalttaten der vorangegangenen Nacht vorzunehmen.

875 Festnahmen und 249 verletzte Polizisten

Nach dem Tod eines Jugendlichen bei einer Polizeikontrolle am Dienstag war es in Frankreich die dritte Nacht in Folge zu schweren Ausschreitungen gekommen. Autos und Mülltonnen wurden in Brand gesteckt und Polizisten mit Feuerwerkskörpern angegriffen. Nach Angaben des französischen Innenministeriums wurden 249 Polizeibeamte verletzt und 875 Menschen festgenommen.

Landesweit waren in der Nacht zu Freitag 40.000 Polizisten im Einsatz, 5.000 davon allein in Paris. Auch die französische Hauptstadt berief einen Krisenstab ein. Der Straßenbahn- und Busverkehr im Großraum Paris wurde aus Sicherheitsgründen eingestellt. Einige Orte verhängten nächtliche Ausgangssperren für Jugendliche. Zudem wurde ein Verbot von Feuerwerk ausgesprochen.

Schüsse bei Verkehrskontrolle

Auslöser der Ausschreitungen waren tödliche Schüsse eines Polizisten auf einen Jugendlichen nordafrikanischer Abstammung im Pariser Vorort Nanterre. Eine Motorradstreife hatte den 17-Jährigen am Dienstagmorgen am Steuer eines Autos gestoppt. Als der junge Mann plötzlich anfuhr, fiel der tödliche Schuss aus der Dienstwaffe des Polizisten.

Die Staatsanwaltschaft teilte am Donnerstag mit, die Umstände der Verkehrskontrolle hätten sich mit Bildern der Videoüberwachung, Amateurvideos und Zeugenaussagen rekonstruieren lassen. In einem Video war demnach zu sehen, wie der Polizist mit seiner Waffe auf den Fahrer zielt und aus nächster Nähe schießt, als das Auto plötzlich beschleunigt. Bei der Kontrolle war zuvor der Satz zu hören: "Du kriegst eine Kugel in den Kopf."

Die Staatsanwaltschaft hat wegen des Verdachts des Totschlags ein Verfahren gegen den Beamten eingeleitet. Er kam in Untersuchungshaft. Der Einsatz der Waffe bei der Kontrolle sei nicht gerechtfertigt gewesen. Präsident Emmanuel Macron sagte, der Tod des Jugendlichen sei "nicht zu erklären und nicht zu entschuldigen".

Gewerkschaft fordert Polizeireform

Innenminister Darmanin und andere Politiker kritisierten indes, dass der Respekt für die Beamten in vielen Vierteln Frankreichs miserabel sei. Zugleich würden die Polizisten bei Kontrollen ihr Leben aufs Spiel setzen.

Wie die Zeitung "Le Parisien" am Donnerstag berichtete, fordern die Polizeigewerkschaft CGT Intérieur und der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon eine grundlegende Polizeireform. Der Einsatz der Staatsmacht und das Funktionieren der Polizei müssten reformiert werden. "Es ist eine andere Polizei, die wir benötigen."

dpa,AFP(kar,dkn,dni,akq)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 30. Juni 2023 | 15:00 Uhr

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