Italiens Regierung Draghi gewinnt Vertrauensvotum – doch bleibt er im Amt?

21. Juli 2022, 09:04 Uhr

Der italienische Ministerpräsident Mario Draghi hat die von ihm eingeforderte Vertrauensabstimmung im Senat gewonnen. Zahlreiche Parlamentarier nahmen jedoch nicht am Votum teil, darunter die drei großen Koalitionspartner Lega, Forza Italia und Fünf Sterne. Damit verfehlt Draghi sein Ziel eines "Vertrauenpakts" innerhalb der regierenden Parteien.

Knapp eine Woche nach seinem Rücktrittsgesuch hat sich der italienische Ministerpräsident Mario Draghi nun doch grundsätzlich bereit erklärt, im Amt zu bleiben. Als Voraussetzung dafür nannte er am Mittwoch in einer Rede vor dem Senat in Rom einen neuen "Vertrauenspakt" zwischen den Parteien.

Bei der erneuten Vertrauensabstimmung stellten sich 95 Abgeordnete hinter den 74-Jährigen, 38 stimmten dagegen. Zahlreiche Parlamentarierer nahmen jedoch gar nicht erst an dem Votum teil. Während sich die Mitte-Links-Parteien im Parlament nach Draghis Rede für ein Verbleiben des Ministerpräsidenten in seinem Amt aussprachen, gaben die drei großen Regierungsparteien Lega, Forza Italia und die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) keinen Kommentar ab.

Letztlich enthielten sie sich auch bei der Vertrauensabstimmung, sodass Beobachtern im Parlament zufolge unklar ist, ob Draghi angesichts der Uneinigkeit im Amt bleibt oder nicht.

In seiner Rede am Nachmittag hatte der Ministerpräsident erklärt, ein "Vertrauenspakt" zwischen Regierungspartnern sei der "einzige Weg, um zusammen zu bleiben". Er führte bisher eine im Februar 2021 gebildete Regierung an, die im Parlament von Parteien von links bis rechts außen getragen wurde. Vergangene Woche hatte dann die an der Regierung beteiligte M5S eine Krise ausgelöst, indem sie ein Vertrauensvotum für Draghi im Senat boykottierte. Draghi überstand zwar die Abstimmung, reichte aber seinen Rücktritt ein, weil er die Einheitsregierung ohne Unterstützung der MS5 nicht weiter führen wolle.

Umfragen: Mehrheit weiter hinter Draghi

Staatspräsident Sergio Mattarella wies das Rücktrittsgesuch allerdings ab und bat Draghi, sich vor dem Parlament zu erklären. Laut Umfragen steht die Mehrheit der Italiener weiterhin hinter Draghi. Um im Amt zu bleiben, benötigt der Regierungschef neben einer Mehrheit im Senat auch die Zustimmung des Abgeordnetenhauses. Die Abstimmung dort soll am Donnerstag stattfinden.

In seiner Rede am Mittwoch äußerte Draghi harsche Kritik an den politischen Parteien. Italien brauche nicht nur ein "Scheinvertrauen" in die Regierung. Man müsse an den anfänglichen Anstrengungen im Parlament festhalten, sagte der Ministerpräsident.

Mindestlohn und Armutsbekämpfung priorisieren

Die nationalen und internationalen Herausforderungen für Italien und die EU wie Inflation und Stärkung der Wirtschaft, der Ukraine-Krieg und die Loslösung von der Energie-Abhängigkeit von Russland erforderten eine "wirklich starke und solidarische Regierung und ein Parlament, das sie mit Überzeugung begleitet".

Der M5S-Vorsitzende und frühere Regierungschef Giuseppe Conte hatte im Vorfeld verlangt, dass die Prioritäten seiner Partei – insbesondere ein landesweit gültiger Mindestlohn – berücksichtigt werden. Draghi ging in seiner Rede direkt auf diese Forderung ein. Er sagte, die Regierung müsse sich "in diese Richtung bewegen, gemeinsam mit den Sozialpartnern".  Zudem verteidigte Draghi die von der vergangenen ersten M5S-Regierung eingeführte Mindestsicherung als "wichtig zur Armutsbekämpfung, auch wenn sie verbessert werden muss".

Reuters, dpa, AFP (amu)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 20. Juli 2022 | 12:00 Uhr

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