Montag, 27.07.2020: Daumen hoch

Der rechte Daumen tastet im Handinneren. Immer wieder erspürt er die kleine Schwiele unter dem Ringfinger. Dort, wo bis vor kurzem der Ehering saß. Bei allen Verrichtungen. Wenn die Hand den Fahrradlenker umfasste oder einen schweren Topf hob. Zupackte. Die Pflichten ergriff, die anlagen. Täglich. Jahrelang. Ein zarter Ring in weiß- und gelbgold. Inzwischen schon mit einigen Schrammen und Kerben versehen. Nun hat sie ihn abgelegt. Der Daumen erspürt, dass er fehlt. Nicht nur der Ring. Alles. Die Liebe. Die Sicherheit. Das Glück. Die Distanz sei zu groß geworden, hatte er gesagt. Sie sei es nicht wert, weiter zu investieren. Nur Worte. Aber mit einer Wucht, die einen Großteil ihres Lebens einfach zerbröseln konnten. Der Daumen streicht über die Schwiele. Im Herzen fühlt sie sich ohnmächtig, verletzt und unendlich traurig. "Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft vollendet sich in der Schwachheit", heißt es in der Bibel. Vielleicht liegt hier ein Mysterium des christlichen Glaubens.

Gottes Kraft kann offenbar werden in der Zerbrechlichkeit menschlichen Lebens. Wenn gerade dann jemand ein Taschentuch reicht um die Tränen abzuwischen. Wenn der sinnende Blick hinaus aus dem Fenster daran erinnert, dass wir eingebunden sind in viele Bezüge: Familie, Nachbarschaft, Kollegen und Freunde, den eigenen Garten oder die Pflege der Zimmerpflanzen oder von Hund und Katze. Sich dieser Schwachheit hinzugeben heißt auch, das Leben neu zu sortieren. Sich trösten zu lassen von denen, die mitfühlen. Der Daumen kommt vorsichtig aus dem Handinneren heraus. Streckt sich nach oben. Daumen hoch für die Vielfalt des Lebens, die Schwachheit und alle Hoffnung, die neu daraus erwachsen

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Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

Guido Erbrich, Senderbeauftragter der katholischen Kirche beim MDR.
Bildrechte: Michael Baudisch

Religion im MDR "Lebensfragen stellen und den Horizont offen halten"

Guido Erbrich – Senderbeauftragter der katholischen Kirche beim MDR

Lebensfragen stellen und den Horizont offen halten, das gehört zu den wichtigen Aufgaben, die die Kirchen jetzt und künftig haben. So sieht es Guido Erbrich, der Senderbeauftragte der katholischen Kirche beim MDR.

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Kurzvita Mira Körlin

Mira Körlin

Geboren am 01.10.1976 in Dresden | 1995 Abitur | 1995-1996 freiwilliges Soziales Jahr in Zwickau | 1996-2002 Studium der Germanistik, Literaturwissenschaft, Kommunikationswissenschaft und Ev. Theologie an der TU Dresden | 2002-2003 Pressereferentin in der Sächsischen Staatskanzlei | seit 2003 Referentin für Öffentlichkeitsarbeit für die beiden Dresdner Kirchenbezirke | verheiratet, zwei Kinder

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Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.