Wissen-News Versunkene Steinwand in der Ostsee diente offenbar Jagdzwecken

13. Februar 2024, 13:26 Uhr

2021 hatten Forschende eine ungewöhnliche Steinreihe am Grund der Mecklenburger Bucht entdeckt. Nun kommen sie zu dem Schluss, dass Eiszeitjäger vor 11.000 Jahren diese Struktur errichtet haben, um Rentiere zu jagen.

Die Wissenschaftler aus Rostock und Kiel fanden die ungewöhnliche, fast einen Kilometer lange Steinreihe etwa zehn Kilometer vor Rerik in 21 Meter Wassertiefe. Die rund 1.500 Steine sind so regelmäßig aufgeschichtet, dass eine natürliche Entstehung unwahrscheinlich erscheint. Der Steinwall muss also errichtet worden sein, bevor der Wasserspiegel nach dem Ende der letzten Eiszeit stark anstieg. Dies geschah zuletzt vor etwa 8.500 Jahren. Große Teile der bis dahin begehbaren Landschaft wurden damals überschwemmt.

Die Experten erstellten mit modernen geophysikalischen Methoden ein detailliertes 3D-Modell der Mauer und rekonstruierten die Struktur des umgebenden Untergrundes. Anhand von Sedimentproben aus dem südlich angrenzenden Becken ließ sich das mögliche Entstehungsalter der linearen Struktur eingrenzen. Außerdem fanden Untersuchungen durch Forschungstaucher statt, um ein genaues Bild der Situation am Meeresgrund zu bekommen. "Die Untersuchungen haben bestätigt, dass eine natürliche Entstehung ebenso unwahrscheinlich ist wie eine Errichtung in moderner Zeit, etwa durch Baumaßnahmen zur Verlegung von Seekabeln oder Steinfischerei. Dafür sind die Steine zu planvoll und regelmäßig angeordnet", erläutert der Studienautor Jacob Geersen.

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Schließt man eine natürliche oder moderne Entstehung aus, kommt für die Errichtung der Steinmauer nur die Zeit vor dem Ende der letzten Eiszeit (vor etwa 12.000 Jahren) in Betracht, als die Landschaft noch nicht von der Ostsee überflutet war. "Es wird angenommen, dass in dieser Zeit nicht mehr als 5.000 Menschen in ganz Nordeuropa lebten. Ein Hauptnahrungsmittel dieser Gruppen waren Rentiere, die im jahreszeitlichen Rhythmus in Herden durch die vegetationsarme nacheiszeitliche Landschaft zogen. Wahrscheinlich diente der Wall dazu, die Rentiere am Rande eines Sees in die Enge zu treiben, sodass sie von den steinzeitlichen Jägern mit Jagdwaffen erlegt werden konnten", erklärt Marcel Bradtmöller von der Uni Rostock. Solche Jagdtechniken sind in anderen Teilen der Welt bereits mehrfach nachgewiesen worden. So haben US-Archäologen im Lake Huron in 30 Metern Wassertiefe Steinmauern gefunden, die nachweislich für die Treibjagd von Karibus, dem nordamerikanischen Pendant des Rentieres, errichtet wurden. Die Steinmauern im Lake Huron und in der Mecklenburger Bucht weisen große Ähnlichkeiten auf.

cdi/pm

Links/Studien

Die Studie "A submerged Stone Age hunting architecture from the Western Baltic Sea" wurde im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Science" veröffentlicht.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 13. Februar 2024 | 11:36 Uhr

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