Polarlichter bei Freiberg.
Bildrechte: Tom Wunderlich

Astronomie Wird 2024 das Jahr der Polarlichter?

11. Oktober 2024, 16:53 Uhr

Gefühlt gab es noch nie so viele Polarlichter wie 2024. Mai, August, Oktober – wir erleben sie ständig. Warum ist das so? Und woher wissen wir, wann es Polarlichter gibt?

Die Sonne ist sehr aktiv in diesem Jahr. Seit dem Sommer so aktiv wie in den vergangenen 20 Jahren nicht mehr. Aber die Polarlichter sehen wir schon das ganze Jahr. Im Mai haben wir staunend zum Nachthimmel geblickt und die Auswirkungen eines Sonnensturms erlebt. Dieser Energie- und Masseauswurf der Sonne ist inzwischen auch wissenschaftlich untersucht. Es war laut den Astrophysikern William Parker und Richard Lineares der Coirnell University (USA) "der größte geomagnetische Sturm seit über 20 Jahren".

Im Sommer nahm die Zahl der Sonnenflecken drastisch zu. Und damit auch die Aktivität der Sonne. Wir konnten das live erleben bei unserem Blick auf unseren Stern im Planetarium Halle. "Im Moment rotiert eine große, sehr aktive Region der Sonne auf die erdzugewandte Seite. Wenn es dann einen sehr großen Ausbruch in Richtung Erde gibt, ist die Chance auf Polarlichter groß", so damals Planetariumschef Dirk Schlesier.

Sonnenflecken und Sonnenausbrüche, aufgenommen  im sogenannten H-Alpha-Licht 45 min
Das Foto zeigt die Sonne im sogenannten H-Alpha-Licht, also in einem Wellenlängenbereich, der dem menschlichen Auge verborgen bleibt. Dabei kommen die Sonnenflecken und Sonnenausbrüche besonders gut zum Vorschein. Aufgenommen wurde das Foto am Planetarium Halle (Saale) am 6. August 2024. Bildrechte: Planetarium der Stadt Halle (Saale) / Michael Reuter

Mi 14.08.2024 16:32Uhr 44:52 min

https://www.mdr.de/wissen/videos/aktuell/video-polarlichter-sonnenfelcken--live-planetarium-halle100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Sonnenflecken und Sonnenausbrüche, aufgenommen  im sogenannten H-Alpha-Licht 45 min
Das Foto zeigt die Sonne im sogenannten H-Alpha-Licht, also in einem Wellenlängenbereich, der dem menschlichen Auge verborgen bleibt. Dabei kommen die Sonnenflecken und Sonnenausbrüche besonders gut zum Vorschein. Aufgenommen wurde das Foto am Planetarium Halle (Saale) am 6. August 2024. Bildrechte: Planetarium der Stadt Halle (Saale) / Michael Reuter
45 min

Mi 14.08.2024 16:32Uhr 44:52 min

https://www.mdr.de/wissen/videos/aktuell/video-polarlichter-sonnenfelcken--live-planetarium-halle100.html

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Jetzt ist Herbst. Beim Wechsel vom Sommer in diese Jahreszeit kommt neben der Sonnenaktivität noch ein weiterer Faktor hinzu, der die Chance auf Polarlichter erhöht, die wir gerade wieder über Deutschland erleben. Die Neigung des Erdmagnetfeldes. Warum das so ist, erklärt am plausibelsten der sogenannte Russell-McPherron-Effekt, den 1973 die beiden Geophysiker Christopher Russell und Robert McPherron lieferten.

Woher stammt die Vorhersage für das Weltraumwetter?

Wer wissen will, ob es Polarlichter gibt, muss auf das Weltraumwetter schauen. Auch dafür gibt es eine Vorhersage. Sie stammt zum Beispiel von der US-amerikanischen Ozean- und Atmosphärenbehörde NOAA. Die Meldung von heute Nacht (11.10. 1:16 MESZ) lautet: "Es werden weiterhin geomagnetische Stürme der Stärke G4 (schwer) beobachtet."

Vorhersage von Polarlichtern
Die Vorhersagekarte der Noaa zu Polarliochtern am 11.10.2024 Bildrechte: NOAA

Stufe 4 bedeutet schwerer Sonnensturm, das ist die zweitstärkste Kategorie. Auch Stufe 5 ist laut NOAA derzeit möglich, ein extremer Sonnensturm. Für diese Vorhersagen hat die Noaa ein eigenes Modell entwickelt, "um 1-4 Tage im Voraus vor Sonnenwindstrukturen und auf die Erde gerichteten koronalen Massenauswürfen (CMEs) zu warnen". Warnung bedeutet nicht, dass ein Sonnensturm die Erde auch wirklich trifft. Hier ist das Weltraumwetter viel ungenauer als unsere Wettervorhersagen auf der Erde. Ob die Sonnenwinde uns erreichen, kann meist erst eine Stunde oder sogar nur wenige Minuten vorab genau gesagt werden.

Die Daten stammen vom Lasco-Koronagraphen (Large Angle and Spectrometric Coronagraph), der das Lichtspektrum der Sonne untersucht. Der Koronagraph befindet sich auf dem Sonnen- und Heliosphärenobservatorium (Soho), das Nasa und Esa gemeinsam betreiben. Das Soho ist in einer geostationären Umlaufbahn um die Erde permanent auf die Sonne ausgerichtet. Es misst nicht nur Sonnenstürme, gelegentlich fliegt auch ein Komet ins Bild.

Lasco beobachtet dabei die Erwärmung der Sonnenkorona und kann so auch koronale Sonnenauswürfe erfassen. Das Instrument wurde u.a. vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen entwickelt

Hier schaut Deutschland auf die Sonne

Auch die Esa in Europa betreibt in ihrem "Space Weather Office" umfangreiche Weltraumwetterbeobachtungen. Fünf Beobachtungszentren gehören zum Weltraumwetterbüro. In Deutschland ist das "Ionosphärenüberwachung und Vorhersagezentrum" des DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) in Neustrelitz dabei. Hier erfolgt laut Esa die Überwachung und Prognose der Bedingungen in der Ionosphäre und in der oberen Atmosphäre, "insbesondere der Störungen durch Sonnen- und geomagnetische Aktivität, die die Ausbreitung von Funksignalen beeinträchtigen oder zu erhöhtem Satellitenwiderstand führen können". 

Gefahr durch Sonnenstürme

Für uns sind die Sonnenstürme vor allem schön. Weder die Polarlichter im Norden (Auroa bolearis) noch im Süden (Aurora australis) können uns Menschen direkt schaden. Davor schützt uns das Magnetfeld der Erde. Doch indirekt sind Sonnenstürme eine Gefahr. Die hochenergetischen, schnellen Teilchen, die von der Sonne auf die Erde treffen, können unsere elektronischen Geräte außer Gefecht setzen, unsere Kommunikation stören, so den Flugverkehr behindern oder sogar die Stromversorgung lahmlegen. Auch die Satelliten im All sind durch die Stürme gefährdet. Das zeigte auch die oben erwähnte Studie nach dem Sonnensturm vom Mai 2024.

Astronauten außerhalb der Atmosphäre sind ebenfalls nicht vor den Sonnenstürmen geschützt. "Bei starken Sonnenstürmen ist die Strahlungsdosis selbst im Inneren einer Raumsonde hoch", schreiben die Forscher vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung. "Bei Weltraumspaziergängen kann sie lebensgefährlich sein. Besonders bei zukünftigen bemannten Weltraummissionen zum Mond oder zum Mars stellen Sonnenstürme eine ernste Gefahr dar."

Und was ist nun mit 2024?

2024 hat auf jeden Fall große Chancen, als Jahr der Polarlichter in die Aufzeichnungen der Astronomen einzugehen. Aber vielleicht wird es auch gleich wieder vom Jahr 2025 übertroffen. Denn die Aktivität der Sonne könnte noch zunehmen. Eigentlich war der Höhepunkt des 11-jährigen Aktivitätszyklusses erst für 2025 erwartet worden. Innerhalb dieser jeweils elf Jahre dauernden Zeitperiode nehmen die Anzahl der Sonnenflecken, die auf der Sonnenoberfläche erscheinen, und die von ihnen bedeckte Fläche um mehr als eine Größenordnung zu, bevor sie wieder abnehmen. "Ob wir schon am Ende des Zyklus sind oder ob es noch einen weiteren Anstieg gibt, kann man derzeit nicht sagen", so Achim Gandorfer vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen im August.

Bei einer hohen Anzahl von Sonnenflecken besteht eine größere Chance, dass sich zwei benachbarte, aber gegenläufig gepolte Magnetfeldlinien neu verbinden (Rekonnexion). Die dabei freiwerdende Energie wird dann in den Raum abgegeben; eine sichtbare Variante davon sind kurzzeitige Helligkeitsausbrüche, die sogenannten Flares. Bereits bei normaler Sonnenaktivität sind täglich fünf bis zehn Flares zu beobachten. 

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 10. Oktober 2024 | 14:30 Uhr

3 Kommentare

MDR-Team vor 3 Wochen

Hallo Ilse,
die zusätzliche Strahlenbelastung auf der Erdoberfläche durch Sonnenstürme ist in der Regel relativ gering, insbesondere im Vergleich zu den Strahlungswerten, die in großen Höhen oder im Weltraum auftreten. In Mitteleuropa liegt die durchschnittliche natürliche Hintergrundstrahlung bei etwa 2 bis 3 Millisievert pro Jahr. Es wird geschätzt, dass die Erhöhung der Strahlenbelastung durch Sonnenstürme während eines starken Ereignisses etwa 0,001 bis 0,01 Millisievert pro Stunde betragen kann. Dies entspricht nur einer minimalen Erhöhung der jährlichen Gesamtbelastung und ist normalerweise nicht gesundheitlich bedenklich.
Viele Grüße vom MDR-WISSEN-Team

Ilse vor 3 Wochen

Danke, vermutlich wird das dann die Krebsstatistik nicht beeinflussen.

Ilse vor 3 Wochen

Wie hoch ist die zusätzliche Strahlenbelastung auf der Erdoberfläche in Mitteleuropa ?

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