Die neue Vega C Rakete der Esa
Die Vega-C Rakete der Esa: Bisher erfolglos, soll sie im Mai oder Juni starten. Bildrechte: ESA-J. Huart

Raumfahrt Krise? Die Esa hat ein Raketenproblem

23. Januar 2023, 17:05 Uhr

Die europäische Raumfahrtbehörde Esa hat in Paris ihr Programm für das Jahr 2023 und die Agenda 2025 vorgestellt. Im Zentrum stehen die neuen Raketen. Und das ist auch die größte Baustelle der Esa.

Die Ambitionen sind groß, aber die Realität sieht anders aus. "Wir sind in einer ernsthaften Krise des europäischen Trägerraketen-Sektors", so die europäische Raumfahrtagentur Esa auf dpa-Anfrage. Anlässlich der Pressekonferenz zu den Vorhaben des Jahres 2023 musste Esa-Chef Josef Aschbacher heute (23. Januar) eingestehen: "Ab Mitte dieses Jahres haben wir keinen garantierten Zugang Europas zum All mit europäischen Trägerraketen und das ist für uns alle ein riesiges Problem."

Probleme in der Qualitätskontrolle

Der Start der neuen Ariane 6-Rakete ist auf Ende 2023 verschoben. Die kleinere Vega-C scheiterte beim ersten kommerziellen Flug im Dezember 2022. Auch die Eröffnung des ersten Weltraumbahnhofs in Kiruna, Schweden, Anfang Januar kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Esa etwas vom Kurs abgekommen ist. "Ich glaube, dass wir relativ starke Maßnahmen treffen müssen, was die Qualitätskontrolle betrifft", erklärte Esa-Chef Aschbacher weiter und verwies auf den gescheiterten Vega-C-Start und die beiden Fehlstarts des Vorgängermodells Vega.

Eigentlich sollten in diesem Jahr drei bis vier Vega-C-Raketen an den Start gehen, wie Arianespace mitteilte. Abhängig von dem Ergebnis der Untersuchungskommission werde man diese Starts verwalten: Je nach Masse der Satelliten sei es zumindest theoretisch möglich, die Flugkörper mit der Vega ins All zu befördern.

Wiederverwendbare Rakete soll 2023 hüpfen

Vega-C und Ariane 6 sollen Europas Raumfahrt wettbewerbsfähiger machen und sind daher enorm wichtig für die Raumfahrtorganisation. Die Ariane 6 ist das Nachfolgemodell der Ariane 5, die seit 1996 im Einsatz ist. Die Vega-C ist eine Weiterentwicklung der Vega-Rakete, die seit 2012 leichte Satelliten ins All bringt.

Beide sind jedoch immer noch Einwegraketen. Hier hinkt die Esa noch hinterher. Die Themis-Rakete soll dieses Problem beheben. Wie Aschbacher in Paris mitteilte, bleibt es bei den bereits im vergangenen Jahr bekanntgegebenen Plänen, das System mit den neuen Prometheus-Triebwerken noch in diesem Jahr in Kiruna mit einem "hop-test" zu überprüfen. Die 27 Meter hohe und fast 200 Tonnen schwere Rakete soll dabei abheben und an ihren Startplatz zurückkehren. Abschließende Tests sind für 2025 auf dem Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana geplant.

Bis dahin, so hofft die Esa, sind aber sowohl Ariane 6 als auch Vega-C längst im Einsatz. Beide seien perfekt auf die Bedürfnisse der europäischen Institutionen abgestimmt. Der Zugang zum All stehe nicht auf dem Spiel, so Aschbacher. "Die kurzfristige Priorität ist es, den Jungfernflug der Ariane 6 und eine sichere, zügige und robuste Rückkehr der Vega-C zum Fliegen schnell und verlässlich abzusichern."

Sentinel-1C soll mit Vega-C starten

Notwendig ist das für die Esa auch, weil etwa der Erdbeobachtungssatellit "Sentinel-1C", der mit Radartechnik Tag und Nacht Bilder von der Erdoberfläche liefern soll, im Mai oder Juni an Bord einer Vega-C in den Weltraum gebracht werden soll. Andere Missionen sind noch mit den letzten Ariane 5-Raketen geplant.

Die Sonde "Euclid" hingegen, die ursprünglich mit einer Sojus-Rakete ins All fliegen sollte und eine 3D-Karte des Universums erstellen soll, wird diesen Sommer mit einer Falcon 9 des US-Raumfahrtunternehmens SpaceX abheben. Mit der russischen Sojus hätten ebenso Satelliten für das Satellitennavigationssystem Galileo ins All gesollt. Laut Esa wird dafür zwar die Ariane 6 als Trägerrakete bevorzugt, aber auch nicht-europäische Raketen würden der Kontinuität halber in Betracht gezogen.

dpa/gp