Optogenetik Pflanzen gegen Trockenheit schützen – per Fernbedienung

14. Juli 2021, 16:26 Uhr

Regentage im Sommer sind nicht immer schön. Aber nach den vergangenen "Dürre-Jahren" freuen sich Gärtner, Landwirte und Spaziergänger auch über grüne Wiesen und Wälder, statt vertrocknete Gräser und Blätter. Als sicher gilt aber, dass es in der Zukunft häufiger starke Hitze und Dürrephasen geben wird. Forscherinnen und Forscher haben nun einen Ansatz gefunden, wie Pflanzen in solchen Zeiten vor dem Vertrocknen geschützt werden könnten. Die Idee: Pflanzen per Fernbedienung aktivieren.

Großkakteen der Art Pachycerus pringlei 3 min
Bildrechte: MDR/Michael Wenkel

Ausgetrocknete Seen und Teiche, strohige Wiesen und gelbe Wälder: Das sind die Bilder, die aus den vergangenen Dürrejahren hängengeblieben sind. Wird es zu trocken und heiß, haben Pflanzen einen Abwehrmechanismus. Sie schließen winzige Öffnungen an ihren Blättern – die Stomata. Hier strömt normalerweise CO2 rein und Wasser aus. Bleiben die Stomata zu, bleibt auch das Wasser in der Pflanze. Als Beispiel nennt Rainer Hedrich, Biophysiker und Professor für Pflanzenphysiologe an der Julius-Maximilian-Universität in Würzburg, Säulenkakteen aus der Saharawüste.

Da machen die alle Schotten dicht – Wasser kriegen sie ohnehin keins über den Boden. Sie zirkulieren in der Pflanze das CO2, das durch Atmung entsteht, und refixieren es wieder durch Photosynthese, ohne einen Tropfen Wasser zu verlieren.

Prof. Dr. Rainer Hedrich, Universität Würzburg

In unseren Gefilden können Pflanzen so ein paar Wochen Trockenheit überstehen.

Lanzarotes Küste mit Kakteen
Säulenkakteen sind echte Profis im Wassersparen. Bildrechte: colourbox.com

Licht dient als Fernbedienung

Rainer Hedrich und seinem Team ist es nun gelungen, diese Zellen quasi per Fernbedienung zu schließen und wieder zu öffnen – und zwar durch Lichtimpulse. Es ist ein Ansatz aus der Optogenetik. Dafür musste den Stomatazellen ein Algenprotein eingesetzt werden, das auf grünes Licht reagiert. Licht, das für Pflanzen sonst keine große Rolle spielt, erklärt Hedrich.

Das heißt, man kann eine Wellenlänge ausnutzen, die die Pflanze für ihre Biologie nicht nutzt, um sie zu untersuchen.

Prof. Dr. Rainer Hedrich, Universität Würzburg

Per grünem Lichtblitz aktiviert, sorgen die lichtempfindlichen Proteine dafür, dass die Schließzellen an Innendruck verlieren, erschlaffen und die Poren innerhalb von 15 Minuten zugehen.

Trockenes Elbufer auf der Neustädter Seite. Im Hintergrund Hofkirche und Augustusbrücke.
Künftig kommen auch wieder Dürre-Sommer. Bildrechte: imago images/Sven Ellger

Das klingt zunächst beeindruckend. Doch Hedrich betont, das sei noch Grundlagenforschung: "Also von uns zum Feld ist ein weiter Weg." Aber sie wüssten dann, welche Prozesse der Pflanze man optimieren müsse und "wo man dran drehen muss, damit die Schließzellen früher, besser, schneller schließen." Mit diesem Wissen könnten zum Beispiel Nutzpflanzen entsprechend gezüchtet werden, und so besser auf trockene und heiße Perioden vorbereitet sein.

Schädlingsabwehr auf Knopfdruck?

Das ist aber nur ein Bereich, der sich per Optogenetik untersuchen lässt. Rainer Hedrich würde auch gerne erforschen, ob sich per Lichtimpuls noch andere Mechanismen in Pflanzen aktivieren lassen – etwa die Abwehr von Schädlingen. Denn Pflanzen senden elektromagnetische Signale aus. "Zum Beispiel, wenn eine Raupe die Pflanze frisst, also verwundet", so Hedrich. "Und dann schickt sie ein langstreckenwelliges Signal aus."

Wir wissen auch wie die Signale aussehen und in welchen Leitbahnen der Pflanze sie geleitet werden. Diese Signale, die in einem Blatt Abwehrstrategien auslösen, die machen die Stoffe, die die Raupe vergiften oder abschrecken.

Prof. Dr. Rainer Hedrich, Universität Würzburg

Mit der Fernbedienung für Pflanzen – also der Aktivierung von Mechanismen per Lichtimpuls – könnte nun untersucht werden, wie die Pflanze genau ihre Abwehrmechanismen in Gang setzt. Doch all dies dient der Wissenschaft zunächst zur Grundlagenforschung, deren Erkenntnisse aber möglicherweise Eingang in neue Züchtungen finden werden.

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