Fischzucht Nachhaltig und ökologisch – Karpfen ist der Fisch der Zukunft

31. Dezember 2020, 12:00 Uhr

Woran denken Sie beim Stichwort Karpfen: An Silvester, zartes Fischfleisch auf dem Teller, an muffigen Teichgeschmack oder Gräten im Mund? Wir tun dem Karpfen unrecht, denn gegen die lästigen Gräten-Popelei ist längst ein technisches "Kraut" gewachsen. Und auch ökologisch sticht der Karpfen Forelle und Lachs aus. Ein Blick auf einen verkannten Fisch.

Karpfen 5 min
Bildrechte: IMAGO

Die Revier-Wasser-Lauf-Anstalt in Freiberg ist ein System aus Kunstgräben, Rinnen und Kunstteichen. Es erstreckt sich über 70 Kilometer Länge und versorgt die Freiberger, Dresdner und Chemnitzer mit Wasser – und mit Karpfen. Ein genügsames Tier, weiß Ferdinand Schwarze, Fischwirtschaftsmeister in Freiberg:

Der Karpfen ist ein Friedfisch, der sich normalerweise in den Teichen von Kleinstlebewesen, dem Zooplankton ernährt. Wird er älter, frisst er auch Krebse, Muscheln und andere Schlammbewohner im Teich.

Ferdinand Schwarze, Fischwirtschaftsmeister

In Teichen, in denen zugefüttert wird, gibt es zusätzlich Weizen als Nahrung. Allerdings werden hier, wo Schwarze arbeitet, so geringe Stückzahlen an Karpfen gesetzt, dass die Naturnahrung das ganze Jahr ausreicht.

Wo der Karpfen Lachs und Forelle aussticht

Der Karpfen ist im Gegensatz zu den meisten anderen Aquakulturen, wie Lachs oder Forelle, genügsam. Lachs und Forelle fressen anderen Fisch. Das heißt, für deren Futter müssen Tiere sterben. Nicht gut für die Ökobilanz – Punkt für den Karpfen. Der fällt auch noch aus einem anderen Grund positiv auf, sagt Gerd Füllner von der Fischereibehörde Königswartha:

Die Landschaft, in der er aufwächst, ist sehr naturnah und in vielen Fällen sogar unter Schutz gestellt, als Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet oder europäisches Schutzgebiet. Wir haben sogar ein ganzes Biosphärenreservat, das Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide und Teichlandschaft.

Gerd Füllner, Fischereibehörde Königswartha

Idyllisch reihen sich in dem Reservat mehr als 350 Teiche aneinander, dazwischen Heide, Lebensraum von rund 800 bedrohten Tierarten. Hier ist Fischzucht also Teil eines Naturschutzgebiets. Ganz anders als beispielsweise bei Lachs-Aquakulturen: Dort werden bis zu 100.000 Fische in Unterwasserkäfigen gehalten. Die Tiere sind gestresst und anfällig für Parasiten.

Der Karpfenteich stammt aus Menschenhand

Dabei ist auch Karpfenzucht Aquakultur, auch wenn man das gar nicht auf dem Schirm hat. Die Teiche sind menschengemacht und keine natürlichen Gewässer.

Unsere Teiche sind im Schnitt etwa einen Meter tief. Das ist die optimale Tiefe. Damit sind Teiche auch wärmer als Seen und damit produktiver. Das ist also grundsätzlich die Idee, die hinter der Teichwirtschaft steckt.

Gerd Füllner, Fischereibehörde Königswartha
Mitglied des Anglervereins Rödertal e.V. beim Abfischen des Schlossteiches in Hermsdorf, 2010
Auch etliche Schlossteiche werden abgefischt, wie hier der Schlossteich in Hermsdorf (2010). Hier sieht man zum einen wie flach so ein Gewässer ist, und zum anderen, was das für eine anstrengende Arbeit ist. Bildrechte: imago images / Sylvio Dittrich

In natürlichen Seen in Deutschland ist es dem Karpfen oft zu kalt, um sich fortzupflanzen. Er mag es warm. Daher kommt der Karpfen auch gut mit den immer wärmeren Temperaturen klar. Das macht ihn fit für die Zukunft. Allerdings macht ihm ein anderer Aspekt der Klimaerwärmung doch zu schaffen: Der Wassermangel, der entsteht, wenn von oben nichts nachkommt.

In einem heißen Sommer, wie wir es in den letzten Jahren hatten, können durchaus 1.000 oder 1.400 Milliliter verdunsten.

Die Devise lautet also: Wasser sparen! Wie kann man das bei Teichen? Indem man das Wasser nicht so oft ab lässt. Das wird in der Regel dann gemacht, wenn die Teiche abgefischt werden, ein bis zwei Mal im Jahr. Es geht aber auch anders, weiß der Experte und erklärt, wie das Wassersparen in der Teichwirtschaft geht:

Man kann den Teich durchaus zwei Jahre stehen lassen. Man setzt einsömmrige Karpfen und fischt nach zwei Jahren Dreisömmrige ab. Dann hat man nach drei Jahren Speisekarpfen.

Außerdem versuchen die Fischwirte das abgelassene Wasser aufzufangen und in anderen Teichen zu verwenden. Trotzdem hoffen sie auf mehr Regen. Das wäre gut, nicht nur für die Fischwirte, sondern auch für die Umwelt. Der Karpfen ist schließlich einer der wenigen Fische, die man ohne schlechtes Gewissen essen kann.

(dvs)

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